09.12.2012 Aufrufe

Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

dürfnisse anpassen müsse. Neill betonte, daß er Kin<strong>der</strong> insofern nicht psychoanalysiere,<br />

als er ihnen nicht die Ursachen ihrer Konflikte bewußt zu machen<br />

versuche (= sie psychoanalytisches Vokabular lehre), son<strong>der</strong>n sie eher<br />

die unbewußten Gefühle deutlich empfinden und direkt <strong>aus</strong>drücken zu lassen:<br />

im Spiel, in künstlerischen Aktivitäten und in Interaktion mit an<strong>der</strong>en Kin<strong>der</strong>n.<br />

Große Stücke hielt er auf die heilende Wirkung einer freien Umgebung,<br />

in die er mehr Vertrauen setzte als in spezielle Behandlung (ohne die es aber<br />

eben manchmal doch nicht geht). Neill (1923a) gibt davon einen lebendigen<br />

Eindruck.<br />

17.2.5. Die Selbstregierung <strong>der</strong> Schulgemeinde<br />

Die Schulgemeinde (= Selbstregierungs-Versammlung) <strong>aus</strong> allen Erwachsenen<br />

und Kin<strong>der</strong>n war ein wesentliches Element <strong>der</strong> Schule. Anfangs konnte<br />

- ähnlich einer Familie - je<strong>der</strong> je<strong>der</strong>zeit eine Sitzung einberufen, niemand<br />

mußte, aber je<strong>der</strong> konnte teilnehmen, auch die Kleinen, für die sich Selbstregierung<br />

in dieser Form eigentlich nicht eignete: Wenn sie <strong>nichts</strong> damit anfangen<br />

könnten, würden sie schon wegbleiben. In <strong>der</strong> Zeit vor <strong>der</strong> Übernahme<br />

<strong>der</strong> Schule spiegelte die Schulgemeinde den heftigen Streit <strong>der</strong> Erwachsenen<br />

wie<strong>der</strong>: um gute Sitten (anklopfen, warten bis je<strong>der</strong> Suppe hat, um die<br />

(thematisch und ästhetisch) richtigen Bil<strong>der</strong> für die Schule)... Es gab Streit<br />

zwischen den Schülern und einem Lehrer, <strong>der</strong> 30 Grashüpfer und 3 Eidechsen<br />

in einer kleinen Pappschachtel fand - und sie freiließ, um die Tierquälerei zu<br />

beenden.<br />

Die Versammlung entschied, daß es Tierquälerei war, <strong>der</strong> Lehrer aber den<br />

Schüler hätte warnen müssen, damit dieser für bessere Quartiere sorge. Er<br />

durfte nicht selbstherrlich in das Privateigentum <strong>der</strong> Schüler eingreifen. Die<br />

Versammlung beschloß, daß - mit Ausnahme des Aquarium des kleinen Eddie<br />

- keine Tiere in den Schlafräumen gehalten werden dürfen.<br />

Neill (1923a: 168 f.) beschrieb unmittelbar nach <strong>der</strong> Übernahme <strong>der</strong> Schule<br />

die Unverantwortlichkeit <strong>der</strong> Selbstregierung in Hellerau, die viel redete und<br />

an<strong>der</strong>s handelte. Die Kin<strong>der</strong> redeten über den hohen <strong>Wer</strong>t <strong>der</strong> Arbeit - wollten<br />

sich dann aber nicht daran beteiligen. Sie spielten Fußball, statt den Unterricht<br />

zu besuchen und beklagten sich dann, daß sie zuwenig Unterricht hätten<br />

und beschimpften den Direktor. Neill folgerte dar<strong>aus</strong>, die Kin<strong>der</strong> sollten nicht<br />

sich selbst überlassen sein. Sie brauchten einen Direktor, <strong>der</strong> ihre Probleme<br />

sieht und <strong>der</strong> ständig für neue, von ihnen zu lösende Aufgaben sorgt.<br />

364

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!