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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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Die erste und bis heute radikalste und vollständigste Verwirklichung einer<br />

Gartenstadt in Deutschland fand in (Dresden-) Hellerau statt, ab 1906 geplant<br />

und ab 1909 gebaut. Anlaß und treibende Kraft war <strong>der</strong> Wohnungsbedarf<br />

durch die auf dem freiem Feld <strong>der</strong> Heller-Au errichteten Deutschen<br />

<strong>Wer</strong>kstätten für Handwerkskunst 271 . Beide Bauvorhaben waren faktisch eng<br />

verzahnt, obwohl rechtlich völlig unabhängig.<br />

Vor allem <strong>der</strong> Sekretär des <strong>Wer</strong>kbundes und Bauleiter <strong>der</strong> Gartenstadt,<br />

Wolf Dohrn, sorgte dafür, daß Hellerau nicht nur ein Zentrum des Kunsthandwerks<br />

(Deutsche <strong>Wer</strong>kstätten) und zeitweise <strong>der</strong> Sitz des Deutschen<br />

<strong>Wer</strong>kbundes, son<strong>der</strong>n außerdem ein kulturelles Zentrum mit Künstlern,<br />

Schriftstellern, Pädagogen und Weltverbesserern aller Art wurde. Die Gartenstadt<br />

wurde rasch zu einem Focus fast aller Reformbewegungen in<br />

Deutschland.<br />

17.1.2. Schulen und Heime in Hellerau<br />

Von Anfang an wurde das Schulwesen mitgeplant: eine Mittlere Volksschule<br />

sowie eine neusprachlich- naturwissenschaftliche Höhere Knaben- und Mädchenschule.<br />

Die Lehrwerkstätten <strong>der</strong> Deutschen <strong>Wer</strong>kstätten mit integrierter<br />

Berufsschule waren Ostern 1907 noch vor Baubeginn <strong>der</strong> Gartenstadt eröffnet<br />

worden, mit betont reformpädagogischen Lehrmethoden: Fragestellung<br />

und Diskussion, ohne jegliche Klassifikationen, ohne Prüfungen o<strong>der</strong> Strafen<br />

(Lux 1907: 319 f.).<br />

271 Die Deutschen <strong>Wer</strong>kstätten waren Mitbegrün<strong>der</strong> und bedeutendstes Aushängeschild des<br />

Deutschen <strong>Wer</strong>kbundes.<br />

Durch industriell gefertigte Qualitätsprodukte nach Künstlerentwürfen (mo<strong>der</strong>ne unverschnörkelte<br />

Maschinenmöbel ohne historischen Stil) war das Unternehmen in 8 Jahren<br />

von einer Vorortschreinerei mit 2 Gesellen zum stilistisch führenden Großunternehmen<br />

mit einigen hun<strong>der</strong>t Beschäftigten expandiert, einem Vorreiter des frühen mo<strong>der</strong>nen Industriedesigns<br />

bei Möbeln.<br />

Die Firma beschäftigte bedeutende Künstler wie Richard Riemerschmid, und auch bei<br />

<strong>der</strong> Gartenstadt wirkten bekannte Architekten und Künstler: Richard Riemerschmid,<br />

Hermann Muthesius, Theodor Fischer, Fritz Schumacher, Heinrich Tessenow u. a.<br />

Das Unternehmen hatte ein großes, wohlverstandenes Eigeninteresse an Bildung, speziell<br />

an ästhetischer Bildung: Für seine betont auf Qualität setzende Produktion benötigte es<br />

gut <strong>aus</strong>gebildete Kunsthandwerker (=Facharbeiter) und außerdem ästhetisch geschulte<br />

Konsumenten. Leiter <strong>der</strong> Lehrwerkstätten <strong>der</strong> Deutschen <strong>Wer</strong>kstätten war Joseph August<br />

Lux, <strong>der</strong> Her<strong>aus</strong>geber <strong>der</strong> Kunstzeitschrift Hohe Warte.<br />

So ist es nicht verwun<strong>der</strong>lich, daß Hellerau ein Zentrum <strong>der</strong> Kunstreform und eine Art<br />

Muster- und auch Versuchssiedlung für mo<strong>der</strong>nen Wohnh<strong>aus</strong>bau wurde.<br />

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