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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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die Kin<strong>der</strong> und <strong>der</strong>en Umgebung zu sehr zu kontrollieren versuche und sich<br />

nur didaktisch-ordentlich und intellektuell-wissenschaftlich mit dem Bewußtsein<br />

des Kindes beschäftige, Freiheit nur als Freiheit des Intellektes und <strong>der</strong><br />

kindlichen Intelligenz verstehe.<br />

Wissen sei zur Freiheit zwar unbedingt nötig, reiche bei Montessori für<br />

Freiheit allein aber noch nicht <strong>aus</strong>: Damit das Kind nicht hilflos seinen eigenen<br />

Impulsen <strong>aus</strong>geliefert bleibe, soll es anfangs zur Ausbildung guter Gewohnheiten<br />

angeleitet werden. Bei jedem Schritt wird das kleine Kind bei<br />

Montessori freundlich und liebevoll geführt, bis es sich selbst führen kann.<br />

Dazu gehört auch, daß Montessori die Benutzung <strong>der</strong> didaktischen Apparate<br />

nur für ihren jeweils intendierten Zweck erlaubt: Das Kind darf damit in<br />

<strong>der</strong> vorgeschriebene Weise arbeiten, aber nicht spielen. Von den Kin<strong>der</strong>n<br />

wird auch verlangt, ordentlich und ruhig zu sein. Neill dagegen insistierte,<br />

daß Lautstärke für Kin<strong>der</strong> Kraft und Macht (Power) bedeutet und nicht verboten<br />

werden soll.<br />

Gerade Montessoris alles durchziehende Moralität und religiöse Haltung,<br />

ihre festen Vorstellungen von moralisch richtig und moralisch falsch stießen<br />

Neill ab: Sie erlaube Kin<strong>der</strong>n zwar, eine Beschäftigung <strong>aus</strong>zuwählen, nicht<br />

aber, eine eigene (an<strong>der</strong>e) Vorstellung von Moral zu entwickeln. Neill sieht<br />

sie als Charakterformerin, und dies ist die schlimmste Verurteilung, die er<br />

kennt, die Abtreibung <strong>der</strong> individuellen Persönlichkeit, die Erbsünde <strong>der</strong><br />

Pädagogik.<br />

Neill betrachtete dies als Verbrechen gegen die Kin<strong>der</strong> und ihre eigentlichen,<br />

inneren Motive, als Aufzwingen geschmacklicher und moralischer<br />

Standards, Behin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Entwicklung eigener Interessen, was Ineffizienz,<br />

Neurose, Schuldgefühlen und Unglück zur Folge habe.<br />

Das Oktoberheft 1922 <strong>der</strong> New Era war <strong>der</strong> Suggestionstheorie Coués gewidmet.<br />

Dabei geht es sowohl um (Fremd-) Suggestion wie auch um Autosuggestion.<br />

Schulen praktizierten dies z. B., indem sie eine Losung <strong>der</strong> Woche<br />

vorgaben, die die Kin<strong>der</strong> dann positiv zu diskutieren und als die ihre anzunehmen<br />

hatten.<br />

Für Lane und Neill bedeutete Erziehung, das Unbewußte bewußt zu machen,<br />

um so die Wahrheit über sich selbst zu entdecken. Neill befürchtete,<br />

daß Suggestion solche Erziehung behin<strong>der</strong>n würde, und außerdem sehr leicht<br />

zu Herrschaftszwecken zu mißbrauchen sei. Er formulierte, daß je<strong>der</strong> Suggestions-Anhänger<br />

an die Erbsünde (d. h. für Lane und Neill: die Beeinflussung<br />

des Kindes) glaubt, nämlich das natürliche Kind verbessern will, so als<br />

ob Gott seinen Job nicht verstanden hätte.<br />

Beatrice Ensor hielt dem pädagogischen Extremisten (damit dürfte ihr Mither<strong>aus</strong>geber<br />

Neill gemeint sein) vor, daß es keine vollkommene Freiheit gebe,<br />

keinen reinen Selbst<strong>aus</strong>druck, da alle Menschen von <strong>der</strong> Umwelt be-<br />

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