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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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das Kind sein eigenen natürlichen Antriebe unterdrücken, statt sich-selbst<strong>aus</strong>zudrücken<br />

(so das Thema <strong>der</strong> NEF-Gründungskonferenz in Calais).<br />

Neill for<strong>der</strong>te, daß das Kind seine eigenen <strong>Wer</strong>te und seinen eigenen Willen<br />

entwickeln und selbst bestimmen können muß, kulturell wie moralisch,<br />

seinen für Kin<strong>der</strong> natürlichen (!) altersgemäßen Egoismus <strong>aus</strong>drücken und<br />

<strong>aus</strong>leben können muß, denn nur so könne es zum Altruisten reifen. Je<strong>der</strong> äußere<br />

Zwang behin<strong>der</strong>e die Entwicklung einer echt altruistischen Moral. Gehorsam<br />

und Strafe gehörten abgeschafft: sie betrachteten nur äußerlich die<br />

Handlungsresultate und nicht - psychologisch richtiger - die Handlungsmotive.<br />

Auch die Laster <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> wie Lügen, Eigensinn, Verantwortungslosigkeit,<br />

Faulheit, Stehlen seien Ergebnis gerade <strong>der</strong> Unterdrückung <strong>der</strong> Persönlichkeit,<br />

von Angst, Mißtrauen, Unverständnis, von in den Untergrund getriebenen<br />

Emotionen. An sich faule Kin<strong>der</strong> gebe es nicht: ihr mangelndes Interesse<br />

entstehe dadurch, daß <strong>der</strong> Unterricht ihre Gefühle (Libido) einsperre<br />

und nicht frei werden lasse.<br />

Ähnliches gilt auch für die Selbstregierung, die keine Spione-und-<br />

Polizisten-Prozedur werden darf. Freiheit und Selbstregierung seien erst dann<br />

wirklich echt, wenn das Kind einen Lehrer ohne jede Furcht auch einen dummen<br />

Esel nennen kann. In einer guten Schule würde <strong>der</strong> Lehrer den lärmenden<br />

Schülern „Ruhe!“ befehlen, doch ebenso die Kin<strong>der</strong> dem sie langweilenden<br />

Lehrer „Hör auf!“.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e bei den beiden Themenheften zu Maria Montessori (Juli<br />

1921?) und zu Coué (Oktober 1922) wurden die Gegensätze zwischen Neill<br />

und B. Ensor deutlich.<br />

Die New Era berichtete in je<strong>der</strong> Nummer über Montessori und propagierte<br />

Montessoris Ideen. Die Freiheit des Kindes ist ein zentrales Prinzip bei<br />

Montessori 267 : Es gibt keinen Stundenplan, die Kin<strong>der</strong> können sich frei bewegen,<br />

sollen nicht von Erwachsenen dominiert werden, son<strong>der</strong>n sind frei, einen<br />

Apparat zu benutzen o<strong>der</strong> nicht, an einer Lektion teilzunehmen o<strong>der</strong><br />

nicht, ihre Arbeit zu beenden o<strong>der</strong> nicht.<br />

Mither<strong>aus</strong>geber Neill war dagegen (wie schon Lane 268 ) ein entschiedener<br />

Kritiker Montessoris: Ihm ging die Freiheit bei Montessori nicht weit genug,<br />

und in A Dominie in Doubt kritisierte Neill (1921) leidenschaftlich ihre massiven<br />

Freiheitsbeschränkungen: daß Montessori das Unbewußte, die Emotionen<br />

des Kindes, die kreativen Impulse, Spiel, Phantasie, Poesie, Kunst und<br />

unbewußte Motive völlig vernachlässige und unterdrücke, daß sie<br />

267 Mit diesem Aspekt befaßte sich hauptsächlich ein Artikel von Margaret Drummond in<br />

<strong>der</strong> New Era (2.1921,7 (Juli)).<br />

268 Auch Homer Lanes Ablehnung aller Freiheits-Systeme, (die die Freiheit systembedingt<br />

eben auch einschränken) war vermutlich beson<strong>der</strong>s gegen Montessori gerichtet, <strong>der</strong>en<br />

System das höchstentwickelte war.<br />

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