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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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Neills Ziel war es, eine hart arbeitende Schule in einen Spielplatz zu verwandeln<br />

und Prügel als pädagogische Methode abzuschaffen: den Le<strong>der</strong>riemen,<br />

das Symbol seiner Lehrerautorität, verbrannte er demonstrativ im Ofen.<br />

Die Kin<strong>der</strong> durften nun während <strong>der</strong> Schulstunden reden und ohne beson<strong>der</strong>e<br />

Erlaubnis den Raum verlassen, je<strong>der</strong> konnte sich mit den Themen befassen,<br />

die ihn interessierten:<br />

‚Seine Lehrmethode war sehr einfach: Ich zum Beispiel war gut im Rechnen, also tat<br />

ich <strong>nichts</strong> an<strong>der</strong>es‘ 248 ,<br />

erinnerte sich eine ehemalige Schülerin. Einen Tag in <strong>der</strong> Woche hatten die<br />

Kin<strong>der</strong> frei und konnten ihre Beschäftigung völlig frei wählen, etwa in <strong>der</strong><br />

<strong>Wer</strong>kstatt arbeiten o<strong>der</strong> in die Fel<strong>der</strong> gehen und lesen. Ein Schüler baute sich<br />

in <strong>der</strong> Schule ein Boot. Neill schaffte auch die H<strong>aus</strong>aufgaben ab.<br />

Er machte sich wenig Illusionen über die Wirkung seines Dorfschulunterrichtes:<br />

seine Schüler würden mit 14 Jahren entwe<strong>der</strong> Landarbeiter o<strong>der</strong> Fabrikarbeiter<br />

werden und hätten bald die Geographie Indiens und alles Schulwissen<br />

vergessen. Er wollte ihnen darum vor allem eine lebenslang wirkende<br />

Haltung zum Leben beibringen: sie sollten nicht demütig bescheiden und unterwürfig<br />

sein, son<strong>der</strong>n er wollte sie alles anzuzweifeln und zu hinterfragen<br />

lehren. Er diskutierte mit den Kin<strong>der</strong>n pro und kontra Krieg und Frauenstimmrecht<br />

und (da er Religionsunterricht geben mußte) biblische kontra naturwissenschaftliche<br />

Weltsicht und an<strong>der</strong>e Religionen. Und er kritisierte, daß<br />

seine weiblichen Kolleginnen nur halb soviel Gehalt bekamen wie er. Seine<br />

Schule sollte die Kin<strong>der</strong> denken lehren, nicht <strong>aus</strong>wendiggelernte Fakten<br />

(Jahreszahlen...) eintrichtern. Er äußerte seine Abneigung gegen den nationalistischen<br />

Einschlag <strong>der</strong> Geschichtsbücher, ihre Konzentration auf Könige<br />

und die Vernachlässigung <strong>der</strong> Geschichte des Volkes.<br />

Trotzdem war <strong>der</strong> Schulinspektor bei den jährlichen Schulinspektionen mit<br />

den Leistungen sehr zufrieden, bemängelte aber Disziplin und Ordnung.<br />

Gegen Ende 1914 hatte er neben dem schulamtlichen ein privates Schultagebuch<br />

begonnen, in dem er das erste Jahr in Gretna Green beschrieb, als er<br />

sich erstmals Gedanken über Erziehung machte. Dies Tagebuch eines Schulmeisters<br />

(A Dominie's Log) veröffentlichte er gegen Ende des Jahres 1915<br />

(nach Vorabdruck <strong>der</strong> ersten Kapitel in <strong>der</strong> Scottish Educational News) als<br />

sein erstes Buch. Es wurde meist (z. B. in <strong>der</strong> Times) positiv zustimmend rezensiert.<br />

248 „‚His method of teaching was very simple; we just did what we liked‘, she recalls. ‚For<br />

instance, I was good at arithmetic, so I did nothing else.‘“ (Elizabeth Sword, in Croall<br />

1984: 60)<br />

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