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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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Gerade die Konzentration auf die antiautoritäre Pädagogik darf meiner<br />

Meinung nach nicht als Abkehr von Politik, son<strong>der</strong>n muß bei Neill auch als<br />

bewußte revolutionäre Politik verstanden werden. Allerdings betrieb Neill<br />

keinerlei politische Erziehung o<strong>der</strong> Erziehung zur Revolution. Deshalb spielte<br />

Politik in seiner Pädagogik in <strong>der</strong> Tat absolut keine Rolle. Er ging aber<br />

durch<strong>aus</strong> davon <strong>aus</strong>, daß die freie Erziehung ganz automatisch auch revolutionierende<br />

Folgen haben wird. Und in dieser Revolution sah er die einzige<br />

Chance zur Rettung <strong>der</strong> Menschheit vor ihrer Selbstvernichtung.<br />

16.1.4. Neill und die Religion<br />

Neill war überzeugter Atheist und hegte eine starke und bittere Abneigung<br />

gegenüber jeglicher Art organisierter Religion und Kirche. Der Calvinismus<br />

seiner Kindheit äußerte sich für Neill vor allem in Furcht, im Haß auf jegliches<br />

Vergnügen, Intoleranz gegen an<strong>der</strong>e Auffassungen und im Schlagen von<br />

Kin<strong>der</strong>n. Noch feindlichere Gefühle aber hegte Neill gegen die katholische<br />

Kirche 231 . Neill wandte sich von Anfang an grundsätzlich gegen religiöse<br />

und politische Propaganda jeglicher Art in Schulen (vgl. Croall 1984: 240 -<br />

244). Religion hatte nie Bedeutung 232 und war nie Schulfach in Summerhill,<br />

was ein Hauptgrund für die Übersiedlung von Österreich nach England gewesen<br />

war.<br />

Neill sah die Religion von den herrschenden Klassen mit Kirchen-<br />

Privilegien korrumpiert und sprach von strenggläubigen Eltern meist mit<br />

231 Die Religion „war eine Sache, die in <strong>der</strong> Luft lag - eine Atmosphäre <strong>der</strong> Lebensverneinung.“<br />

... „Wir kannten die Meilensteine auf dem ‚Weg ins Ver<strong>der</strong>ben‘, ohne daß man sie<br />

uns erst nennen mußte: Sex, Stehlen, Lügen, Fluchen und Entheiligung des Tages des<br />

Herrn. (Letzteres umfasste so gut wie alles, was Spaß machte)“. (Neill 1982: 59 f.)<br />

„Meine größte Aversion gilt <strong>der</strong> römisch-katholischen Kirche. Ich hasse sie gen<strong>aus</strong>o leidenschaftlich,<br />

wie H. G. Wells sie haßte. In meinen Augen ist sie lebensfeindlich. Sie ist<br />

Paternalismus in Reinkultur. Es würde komisch sein, wenn es nicht tragisch wäre, daß<br />

ein Papst, <strong>der</strong> nie ein Geschlechtsleben gehabt hat, Millionen Frauen die Weisung erteilt,<br />

nicht die Pille zu nehmen. Ich kann die römisch-katholische Kirche nicht mit Christentum<br />

assoziieren. Die wilden Prügel, die in katholischen Schulen, zum Beispiel in Irland,<br />

verabreicht werden, müssen Ausdruck unterdrückter Sexualität sein, die sich als Sadismus<br />

Bahn bricht. Christus sagt nicht: ‚Laßt die Kindlein zu mir kommen, damit sie eine<br />

Tracht Prügel kriegen.‘ Ich ahne nicht, wie organisierte Religion in Haß gegen das Leben<br />

entarten konnte. Ich weiß jedoch, daß Nietzsche recht hatte, als er sagte, <strong>der</strong> erste und<br />

letzte Christ sei am Kreuz gestorben.“ ... „Es kann sein, daß die Welt we<strong>der</strong> Glück noch<br />

Zufriedenheit finden wird, ehe die letzte Religion tot ist, und zu den Religionen zähle ich<br />

auch die nie<strong>der</strong>trächtigen Schwestern K - Kapitalismus und Kommunismus.“ (Neill<br />

1982: 251)<br />

232 „Meine Schüler leben ohne Religion, und unter den vielen ehemaligen Schülern ist nur<br />

einer, von dem ich weiß, daß er sich später dem Glauben zugewandt hat.“ (Neill 1982:<br />

303)<br />

Einige wenige Summerhill-Schüler gingen zur Kirche, worum sich niemand kümmerte.<br />

303

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