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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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<strong>der</strong> 30er Jahre (vgl. Kapitel 18.), vielleicht auch an den bis zum Tod abonnierten<br />

4 Tages- und 3 Sonntagszeitungen (Neill 1982: 320).<br />

Neill war seit seinem Studium einige Jahrzehnte lang, etwa von 1910 bis<br />

1945, politisch sehr engagiert (wie später noch <strong>aus</strong>führlich beschrieben wird):<br />

Er war seit 1913 Mitglied <strong>der</strong> sozialistischen Labour Party, sympathisierte<br />

schon als junger Lehrer mit dem britischen Gildensozialismus, bezeichnete<br />

sich 1917 in A Dominie Dismissed als den einzigen Sozialisten des Dorfes<br />

und for<strong>der</strong>t zum Sturz des Kapitalismus auf, engagierte sich später im spanischen<br />

Bürgerkrieg und zur Rettung von Nazi-Verfolgten. Während des Krieges<br />

agitierte er für ein besseres Nachkriegs-Staatsschulsystem und veröffentlichte<br />

auch dazu ein Buch.<br />

Auf den militärischen Sieg über den Faschismus folgte aber nicht <strong>der</strong> erwartete<br />

freiheitliche Sozialismus, son<strong>der</strong>n innenpolitisch die Restauration <strong>der</strong> alten<br />

Macht- und Klassenverhältnisse und außenpolitisch die Block-Aufteilung<br />

<strong>der</strong> Welt in Stalinismus und Kapitalismus, die einan<strong>der</strong> mit ihren neuen Wasserstoffbombenarsenalen<br />

die Weltvernichtung androhten. Die jahrzehntelange<br />

gehegte Hoffnung auf radikale Verbesserung durch die sozialistische Revolution<br />

(wie in Rußland) mußte Neill angesichts des Stalinismus aufgegeben. Die<br />

sozialistischen Regierungen in England bewirkten ebenfalls keineswegs revolutionären<br />

Än<strong>der</strong>ungen im Gesellschafts- und Erziehungssystem. Damit war<br />

<strong>der</strong> Weg über Parteien und Politik für Neill erschöpft, er wandte sich von <strong>der</strong><br />

Politik ab und engagierte sich danach nur noch sporadisch. Trotzdem verweigerten<br />

ihm die USA wegen Kommunismus-Verdachts die Einreise.<br />

Er bekannte sich auch später häufiger zum Sozialismus, aber anscheinend<br />

mit zunehmenden Schwierigkeiten, weil <strong>der</strong> Begriff Sozialismus durch Terror<br />

und reaktionäre Gesellschaftspolitik Stalins, die moskauhörige Politik <strong>der</strong><br />

Kommunisten sowie den reformistischen Kurs <strong>der</strong> sozialistischen Partei immer<br />

inhaltsleerer wurde: Die Politik <strong>der</strong> regierenden Sozialistischen Arbeiter<br />

Partei (Socialist and Labour Party) war nicht das, was Neill anstrebte, und <strong>der</strong><br />

Stalinismus ebensowenig.<br />

Den politischen Kommunismus (Moskauer Prägung, als Eigenname mit<br />

großem Anfangsbuchstaben: Communist) lehnte er <strong>aus</strong>drücklich ab, erklärte<br />

sich aber zum kommunistischen Menschen (communist, als Eigenschaftswort<br />

kleingeschrieben, zum communist with a small c); zum Gemeinschaftsleben,<br />

zum Kommunismus Jesu, dazu, alles mit dem Personal und den Kin<strong>der</strong>n zu<br />

teilen (vgl. Neill 1982: 257; Croall 1984: 318).<br />

Die enttäuschte Abwendung von <strong>der</strong> Politik nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

verän<strong>der</strong>ten aber Neills Überzeugungen nicht. Er sah die Gesellschaft bis zu<br />

seinem Tode äußerst kritisch und mit großer Sorge, sah aber (wenn man von<br />

seinem zeitweiligen aktiven Anti-Atomwaffen-Engagement absieht) keine<br />

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