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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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Regierung, d. h. des Arbeiterrats. Dieser Schulgemein<strong>der</strong>at stellt die Lehrkräfte an<br />

und kontrolliert ihre Tätigkeit“... (O. Rühle 1920a: 38)<br />

16.1.3. Neill und die Politik<br />

Neill wird häufig wahrgenommen als <strong>der</strong> unpolitische Leiter einer teuren<br />

Privatschule für wohlhabende Kreise, <strong>der</strong> es zudem ablehnt, Kin<strong>der</strong> zum<br />

Klassenkampf zu erziehen. Er gilt als unpolitisch o<strong>der</strong> bürgerlich und versuchte<br />

gelegentlich auch, sich als unpolitisch darzustellen 227 . Neill äußerte<br />

häufiger, daß Politik nicht seine Sache sei und ihn nicht interessiere 228 . Das<br />

227 „Ich bin nie in einer Partei politisch o<strong>der</strong> auf an<strong>der</strong>e Weise aktiv geworden.“ (Neill 1982:<br />

246) Dem steht seine - später beschriebene - Aktivität in den 30er Jahren und seine Labour-Mitgliedschaft<br />

vor dem Ersten Weltkrieg entgegen. Vergleiche auch Neills Ablehnung<br />

des politischen Begriffs antiautoritär.<br />

Ausgerechnet in seinem bekanntesten Buch wurden (gegen seinen Protest) sämtliche radikalen,<br />

den Buchverkauf behin<strong>der</strong>nden Äußerungen gezielte <strong>aus</strong>gelassen (vgl. Kapitel<br />

18.7.1.). Ihre mangelnde Wahrnehmung ist daher nicht verwun<strong>der</strong>lich.<br />

228 Neill schreibt, seine Erziehung habe <strong>nichts</strong> mit Politik zu tun (Neill 1970d: 25, 1982:<br />

246): „Ich sehe meine Aufgabe nicht in erster Linie in <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Gesellschaft,<br />

son<strong>der</strong>n darin, wenigstens einige Kin<strong>der</strong> glücklich zu machen.“ (Neill 1969: 40)<br />

„Nein, ich kann in <strong>der</strong> Politik o<strong>der</strong> bei den Politikern nicht viel Ehrlichkeit erkennen.“ ...<br />

„Solange wir Reiche und Arme haben, kann es eine wahre Demokratie nicht geben.<br />

Meine politische Aktivität beschränkt sich auf unsere Schuldemokratie, die einer wahren<br />

Demokratie so nahe wie möglich kommt.“ ... „Unser Gefängnissystem in England ist eine<br />

Schande.“ (Neill 1982: 259)<br />

Eine Darstellung seiner politischen Karriere schließt er: „Ich hörte auf, mich mit Politik,<br />

welcher Art auch immer, zu beschäftigen, wählte aber stets die Labour Party, in <strong>der</strong><br />

Überzeugung, sie sei mehr ‚für das Leben‘ als die konservative Partei. Und an dieser<br />

Überzeugung halte ich, trotz meiner Enttäuschung über die Labour-Regierung, nach wie<br />

vor fest.“ (Neill 1982: 255)<br />

„Ich habe keine politische Überzeugung, aber ich wähle die Labour Party - teils vom Gefühl<br />

her, teils weil sie gegen Klassenunterscheidungen ist.“ ... „Ich habe das Gefühl, daß<br />

die Labour-Abgeordneten größtenteils menschlicher sind. Aber in England sind die Labour-Leute<br />

keine Sozialisten.“ (Neill 1982: 256).<br />

„Ich habe schon lange den Glauben daran aufgegeben, daß sich Reformen auf dem Umweg<br />

über die Politik erreichen ließen. Politisch wurde die russische Revolution gemacht,<br />

und am Anfang bedeutete sie Freiheit in den Schulen, Freiheit auch des Sexus. Aber je<strong>der</strong>,<br />

<strong>der</strong> heute in einem kommunistischen Land diese persönliche Freiheit noch entdecken<br />

kann, muß einen Sehfehler haben.<br />

Die Politik in Großbritannien wie in den Vereinigten Staaten tut <strong>nichts</strong>, jene repressiven<br />

Institution zu än<strong>der</strong>n, die wir Erziehung nennen. Sie tut eher das Gegenteil. Sie programmiert<br />

Kin<strong>der</strong> so, daß sie den jeweils herrschenden Mächten <strong>der</strong> politischen und wirtschaftlichen<br />

Bosse folgen.<br />

Es handelt sich daher nicht um eine Frage von Kommunismus versus Kapitalismus, son<strong>der</strong>n<br />

um die wirkliche Freiheit eines natürlichen Wachstums ohne Indoktrination.“ ... „In<br />

einer kranken Welt muß auch die Politik krank sein. Am stärksten von ihr angezogen<br />

werden dann Leute, die sich selber bestätigt finden wollen, die nach Macht streben und<br />

nur in Kategorien<br />

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