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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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von Beamten vor. Um Än<strong>der</strong>ungen zu erleichtern, sollte die Amtszeit am Anfang<br />

nur einen Monat dauern.<br />

Die Kin<strong>der</strong> wählten zu ihren ersten Beamten, dies waren Vorsitzen<strong>der</strong>, Sekretär<br />

(= Protokollschreiber) und Schatzmeister, <strong>aus</strong>schließlich erwachsene<br />

Helfer. Erst nach drei Monaten wurde ein Junge Vorsitzen<strong>der</strong>, mit Wills als<br />

Stellvertreter.<br />

Die Vollversammlung organisierte und um-organisierte Dienste o<strong>der</strong><br />

Ämter wie Bettenmachen, Spülen, Kartoffelschälen etc., außerdem die Parties<br />

und Konzerte, die damaligen Wettbewerbe zwischen den Schlafsälen, die Benutzung<br />

<strong>der</strong> Spiel-Materialien, und sie bestellte ein Komitee, das ein Geschenk<br />

für die Briefträgerin kaufte.<br />

Außerdem wurde bald über verschwundene Glühbirnen und die lästigen<br />

Störungen ruhiger malen<strong>der</strong> und basteln<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> durch tobende an<strong>der</strong>e diskutiert.<br />

Das Betreten frem<strong>der</strong> Grundstücke durch die Kin<strong>der</strong>, vor allem in den<br />

wilden Anfangsmonaten, wurde zur ersten wichtigen Angelegenheit, die vor<br />

die Vollversammlung kam. Die Jungen überquerten Fel<strong>der</strong>, Äcker, Grundstücke<br />

und Zäune mit größter Selbstverständlichkeit und richteten auch Schäden<br />

an Heuhaufen an, so daß die Nachbarn protestierten, auch <strong>der</strong> nebenan<br />

wohnende Vermieter des Heimgebäudes.<br />

Zwar waren sich in <strong>der</strong> Vollversammlung alle einig, keine fremden Grundstücke<br />

zu betreten, aber die Kin<strong>der</strong> waren es gewohnt, alle Regeln zu übertreten,<br />

sobald niemand zusah. Die Haltung <strong>der</strong> Versammlung wurde zunehmend<br />

fester, die Namen <strong>der</strong> Übeltäter wurden verlesen, schließlich beschränkte<br />

die Vollversammlung den freien Ausgang. Jeden Freitag wurde eine Liste<br />

<strong>der</strong> vertrauenswürdigen Jungen (freemen) aufgestellt, die <strong>aus</strong>gehen durften.<br />

Da die leidige Grundstücksangelegenheit den Mietvertrag und damit die<br />

Existenz des Heims bedrohte, hielt Wills es für gerechtfertigt und notwendig,<br />

hier gezielt und massiv seine Einflussmöglichkeiten auf die öffentliche<br />

Meinung zu nutzen (Überredung o<strong>der</strong> Überzeugung statt Erfahrungslernen!),<br />

indem er immer wie<strong>der</strong> appellierte, begründete und die Gefahren beschrieb,<br />

mit einigem Erfolg. Das Problem löste sich aber vor allem dadurch, daß Kin<strong>der</strong><br />

und Nachbarn einan<strong>der</strong> kennenlernten, die Grundstücke also nicht mehr<br />

fremd waren und eher betreten werden durften.<br />

Das Aufstellen von Regeln und Verboten stellte sich bald als unzureichend<br />

her<strong>aus</strong>: Die Regeln wurden gebrochen, und 100 Anschuldigungen pro Woche<br />

(bei 30 Jungen) waren keine Seltenheit. Die Vollversammlung war damit<br />

schnell überfor<strong>der</strong>t und setzte deshalb zur Behandlung von Anschuldigungen<br />

ein täglich tagendes Komitee <strong>aus</strong> 5 gewählten Jungen, einer <strong>aus</strong> jedem<br />

Schlafsaal, und einem Erwachsenen ein. Gesetze gegen Diebstahl und<br />

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