Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

‚Ich bin ein Quäker, und was ich in Barns zu tun versuchte habe, wurde auf diese besondere
Art getan, weil ich ein Quäker bin.‘ 210
Als Quäker und Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen im 2. Weltkrieg
(conscious objector) beruft er sich auf die Prinzipien von radikaler Gewaltfreiheit,
Liebe und Pazifismus und bekämpft die Strafe, den Zwang sowie
die Vorstellung von einem strafenden Gott. Dazu gehört, daß er peinlichst
darauf achtet, niemanden zu indoktrinieren, daß er möglichst umfassend über
alle Möglichkeiten informiert und dem Kind dann die Entscheidung frei
überläßt.
Meiner Meinung nach ist das (in Kapitel 8 bereits dargestellte) Selbstregierungskonzept
von Wills das pädagogisch am besten reflektierte, am weitesten
entwickelte und darum auch interessanteste und praktisch brauchbarste 211 .
Wills ist Lanes engster Nachfolger. Ein sehr großer Teil der Informationen
über Lane und über dessen Theorie und Praxis stammen aus Wills Feder.
Wills beschreibt, reflektiert und begründet zum guten Teil nachträglich das,
was Lane bereits praktizierte, und argumentiert dabei sachlich-rationaler und
weniger religiös-philosophisch. Zwischen den Ansichten der beiden zu trennen
ist schwer möglich. Erwähnenswert ist, daß Wills - ähnlich wie Lane vor
Formulierung seiner Theorie - in Barns mit 10 bis 14jährigen Kindern Selbstregierung
(aber ohne Wirtschafts-Komponente!) praktizierte, die Lane
(vollständig) erst für Vierzehnjährige für sinnvoll hielt.
Wills (und H. Jones ebenso) betont ganz ausdrücklich und unüblich die
aktive Rolle der Erwachsenen, so sehr, daß er den Begriff Selbstregierung
als uneinlösbare Übertreibung ablehnt und durch geteilte Verantwortung
(shared responsibility) ersetzt. Dies ist aber eher ein skrupulöses Ernstnehmen
des großen Anspruchs des Wortes Selbstregierung und bedeutet keineswegs
eine Einschränkung der Selbstregierungsrechte. Außerdem lehnt Wills - ganz
im Gegensatz zu Lane - die Psychotherapie durch den Heimleiter als zu gefährlich
ab. Jones folgt ihm auch darin und befasst sich näher damit.
210 „I am a Quaker, and what I have tried to do at Barns has been done in that particular way
because I am a Quaker.“ (Wills 1945: 79)
211 Howard Jones (1960) ist durchaus vergleichbar und beruft sich häufig auf Wills (ist aber
selbständig!), befasst sich mit dem Thema aber unter einem primär gruppentherapeutischem
Gesichtswinkel, der in dieser Arbeit keine Rolle spielt.
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