09.12.2012 Aufrufe

Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Lord Lytton organisiert und oft von Lehrerseminaren sowie <strong>der</strong> Workers<br />

Educational Association und <strong>der</strong> Womens International League unterstützt.<br />

Nebenher begann er mit psychoanalytischen Einzelbehandlungen, die seit<br />

1921 zu seiner durch<strong>aus</strong> einträglichen Hauptbeschäftigung und neuen Karriere<br />

wurden.<br />

Als Amateur ohne formelle Ausbildung nannte er seine Patienten Schüler,<br />

denen er Privatunterricht (private lessons) erteilte. Viele seiner Schüler waren<br />

tatsächlich keine Patienten son<strong>der</strong>n wollten die Psychoanalyse kennenlernen,<br />

um sie beruflich zu verwenden. So begann Lane jede Behandlung mit <strong>der</strong><br />

Darlegung seiner (!) Sicht <strong>der</strong> Psychoanalyse, bevor er zu den Freudschen<br />

Techniken überging.<br />

Im Gegensatz zu <strong>der</strong> bei Psychoanalytikern üblichen Zurückhaltung akzeptierte<br />

Lane, (ebenso wie in <strong>der</strong> letzten Zeit im Little Commonwealth) die starke<br />

Übertragung und Gegenübertragung unkontrolliert und ohne sie später<br />

wirklich zu lösen. Er befreundete sich eng und dauerhaft mit allen seinen<br />

Schülern, ging häufig mit ihnen <strong>aus</strong> und hatte an Wochenenden meist mehrere<br />

von ihnen gleichzeitig zu Besuch in seinem großen und gastfreundlichen<br />

H<strong>aus</strong>. Dabei versicherte er jedem häufig, daß er ihn liebe. Dieses war zumindest<br />

gegenüber schwer gestörten attraktiven Patientinnen eine nicht unbedingt<br />

kluge Handlungsweise und trug schließlich wesentlich zu seinem Sturz bei.<br />

Lanes Behandlungsweise beruhte darauf, daß <strong>der</strong> Lehrer Lane grundsätzlich<br />

alle vom Schüler geäußerten o<strong>der</strong> auch unbewußten und unterdrückten<br />

Gefühle erst einmal akzeptierte. Oft reichten Worte zur Darstellung des starken<br />

Gefühls nicht <strong>aus</strong>. Dann bedurfte es materieller Handlungs- und Darstellungsreformen,<br />

also Geschenke, Angebote o<strong>der</strong> Bitten. Diese symbolisierten<br />

jeweils eine (meist krankhafte) Geisteshaltung und mußten erst akzeptiert<br />

werden, um sie danach zu behandeln und die Abnormität zu beseitigen. Lane<br />

besaß eine große Kuriositätensammlung an Geschenken. Auch als Therapeut<br />

machte Lane keine Psychoanalyse, son<strong>der</strong>n lebte sie, trennte nicht zwischen<br />

Beruf und Leben. Die Kehrseite davon war, daß er Geschenke (auch Geldgeschenke)<br />

auch als solche nahm - und sie nicht aufbewahrte, um sie am Ende<br />

<strong>der</strong> Therapie zurückzugeben.<br />

Obwohl Lanes psychoanalytische Kenntnisse und Deutungen teilweise<br />

amateurhaft und fehlerhaft waren, gibt es bei Wills (1964a) überwältigende<br />

Zeugnisse für seinen therapeutischen Erfolg. So heilte er (nachweislich) in<br />

vier Wochen den von den Klinikärzten als unheilbar aufgegebenen Sohn eines<br />

italienischen Marchese, den Lane mit den Worten begrüßte: ‚Man sagte mir,<br />

sie haben große Erfolge bei <strong>der</strong> Heilung von Verrückten. Ich bin verrückt und<br />

suche Ihre Hilfe.‘ (vgl. Wills 1964a: 210). Die Jahrzehnte später von Wills<br />

aufgesuchten Patienten waren fast alle von Lane als Mensch und<br />

270

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!