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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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Little Commonwealth. Sie lebte, wirtschaftete und entschied gemeinsam und<br />

regelte alle inneren Angelegenheiten und Streitigkeiten selbst. Nur Streitfälle<br />

von darüberhin<strong>aus</strong>gehen<strong>der</strong> Bedeutung gelangten vor das - damit unwichtigere<br />

- Gericht.<br />

Zum Ende je<strong>der</strong> Woche wurden die Familien<strong>aus</strong>gaben gleichmäßig auf<br />

die Mitglie<strong>der</strong> umgelegt. <strong>Wer</strong> zu wenig gearbeitet o<strong>der</strong> die Arbeit verloren<br />

hatte und nicht zahlen konnte, fiel <strong>der</strong> Familie zur Last und wurde von ihr<br />

mitgetragen, nicht hin<strong>aus</strong>geworfen. Er war nicht, wie in <strong>der</strong> völlig individualistischen<br />

George Junior Republic, in <strong>der</strong> je<strong>der</strong> für sich selbst zu sorgen hatte,<br />

von Hunger o<strong>der</strong> Gefängnis bedroht, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Mangel wurde in <strong>der</strong> Familie<br />

auf viele Schultern verteilt. Trotzdem blieb die wirtschaftliche Sanktion<br />

spürbar, die gesamte Familie litt unter dem Mangel und mußte unter Umständen<br />

eine Weile von Brot, Zwiebeln, Bohnen (<strong>aus</strong> eigenem Garten) und Tee<br />

leben (woran <strong>der</strong> Krieg Mitschuld hatte!), o<strong>der</strong> sich zwischen besserem Brotaufstrich<br />

und den Ausgaben für ein zusätzliches H<strong>aus</strong>mädchen entscheiden.<br />

Auch je<strong>der</strong> Neuankömmling blieb solange eine finanzielle Belastung für den<br />

Familienh<strong>aus</strong>halt, bis er <strong>aus</strong>reichende Fähigkeiten erworben hatte und selbst<br />

für seinen Unterhalt zahlen konnte.<br />

Einer Familie, die am Ende <strong>der</strong> Woche ihre Schulden im Republikladen<br />

nicht bezahlen konnte, wurde <strong>der</strong> Kredit gesperrt. Damit mußte die Familie<br />

vom Trägerverein unterhalten werden und verlor ihre Selbstregierung. Sie<br />

wurde zum Reformatory-H<strong>aus</strong> mit strengen Anstaltsregeln unter Lanes<br />

strenger Aufsicht. Aus Daddy Lane wurde Mister Superintendent, bis zu einem<br />

sehr baldigen Neuanfang. Völlig zerstrittene und handlungsunfähige<br />

Familien wurden aufgelöst und neu aufgebaut (vgl. zu den Reformatory-<br />

Perioden Kapitel 8.6.).<br />

Wenn es im H<strong>aus</strong> einer Familie allzu unordentlich und unsauber zuging,<br />

konnte Lane - als Repräsentant des Trägervereins als Besitzer <strong>der</strong> Betriebe -<br />

es ablehnen, die Bewohner solcher Slums weiterhin einzustellen. Dies zwang<br />

sie wirtschaftlich zum - durch<strong>aus</strong> fröhlichen - Großputz. Die Familie traf sich<br />

täglich bei den Mahlzeiten und oft abends am Kaminfeuer, wenn nicht gerade<br />

eine <strong>der</strong> beiden wöchentlichen Vollversammlungen (Community meetings)<br />

stattfand.<br />

Sehr häufig wurden die Abende auch in den Zimmern <strong>der</strong> Helfer verbracht.<br />

Die Mädchen zog es stärker zu Lane, die Jungen mehr zu den weiblichen Helfern<br />

(Mrs. Lane, Elsie Bazeley). Hier geschah dann alles bunt nebeneinan<strong>der</strong><br />

und durcheinan<strong>der</strong>: Lesen, Schreiben, Musik hören, Diskutieren, Spielen,<br />

Handarbeiten etc. Lane saß oft rauchend und schreibend in einer Ecke. Dies<br />

war offenbar die einzige Möglichkeit <strong>der</strong> Erwachsenen, sich zurückzuziehen.<br />

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