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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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und geregelt. Der freundliche, aber unnachgiebig bestimmte, for<strong>der</strong>nde Ton<br />

des Heimprospektes hat wenig mit Georges Freiheitspathos gemein.<br />

Wills (1941: 60) berichtet von seinem Wochenendbesuch dort lediglich,<br />

daß es dort sehr weit <strong>aus</strong>gebaute Selbstregierungsorgane gibt, daß er aber<br />

selbst beobachtete, wie <strong>der</strong> Direktor einen Jugendlichen mit den Fäusten<br />

kräftig verprügelte. Die tatsächliche Gewalt liegt anscheinend schon länger in<br />

Erwachsenenhänden.<br />

In <strong>der</strong> Republik lebten in den 1980er Jahren 115 Jungen und 55 Mädchen.<br />

Aufgenommen werden meist gerichtlich verurteilte 13 - 17jährige. Sie werden<br />

von etwa ebensoviel Erwachsenen, nämlich 155 Vollzeit- und 25 Teilzeitkräften<br />

betreut. Diese haben sehr bestimmte Vorstellungen davon, was Jugendliche<br />

tun und was sie lassen sollen (exakter Tagesablauf und Aufenthaltsort,<br />

elegante Klei<strong>der</strong>ordnung etc.).<br />

Der Prospekt hebt die vielfältigen Begrenzungen <strong>der</strong> Bewegungs- und Entscheidungsfreiheit<br />

sowie die beständige Hilfe, Leitung, Kontrolle und Aufsicht<br />

<strong>aus</strong>giebig hervor. Auch in den einzelnen Komitees, die das Heimleben<br />

mitgestalten, sind Erwachsene vertreten. Jedem Jugendlichen ist ein Sozialarbeiter<br />

als Social Doctor zugeordnet, <strong>der</strong> einen Erziehungsplan aufstellt, Probleme<br />

diskutiert und den Jugendlichen - ebenso wie <strong>der</strong> Richter - in das Special<br />

Service Center einweisen kann.<br />

Das Gefängnis wurde schon 1913 offiziell beseitigt und durch ein Social<br />

Sanatorium mit therapeutischem Anspruch und einem Social Doctor ersetzt.<br />

Kenner <strong>der</strong> Republik bezeichneten dies schon damals als reine Namensän<strong>der</strong>ung.<br />

Inzwischen hat man sich offenbar erneut den Wandlungen <strong>der</strong> wissenschaftlichen<br />

Fachsprache angepasst und das umbenannte Gefängnis in Special<br />

Service Center umgetauft. Trotzdem ist einmal von Haft (government custody)<br />

die Rede.<br />

Der hier geleistete spezielle Service wird im Prospekt freundlich-mo<strong>der</strong>n<br />

umschrieben als enge Beaufsichtigung, Führung und Beschränkung <strong>der</strong> Bewegungs-<br />

und Wahlfreiheit. Um entlassen zu werden, soll <strong>der</strong> Jugendliche<br />

seine Fähigkeit zu angemessenen Entscheidungen zeigen. Von Zwang ist nie<br />

offen die Rede, es geht stets nur um angeblich freundliche Hilfen zum Erlernen<br />

des eigentlich selbstverständlichen Verhaltens, um Hilfe gegen sich<br />

selbst.<br />

Georges Konzept einer unabhängigen Jugendselbstregierung ist offenbar<br />

gescheitert, und zwar nicht nur in Freeville.<br />

Die drei neben Freeville noch bestehenden George Junior Republics 197 haben<br />

konsequenterweise die Selbstregierung abgeschafft, <strong>der</strong> Direktor <strong>der</strong><br />

197 Adressen (briefliche Mitteilung <strong>aus</strong> Freeville): Connecticut G. J. R. in Litchfield, Conn.<br />

06759. California G. J. R. in Chino, Calif. 91710. Western Pennsylvania G. J. R. in<br />

Grove City, Pa. 16127.<br />

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