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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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Lebenslange Bemühungen, Unternehmer zum Aufbau von Zweigbetrieben<br />

in <strong>der</strong> Republik zu überreden, waren recht erfolglos. 1925 waren zumindest<br />

Schreinerei, Bäckerei und Druckerei wie<strong>der</strong> in Betrieb.<br />

Bei ihrer Gründung war die Junior Republic ein unerhört progressives Unternehmen<br />

und noch beim internationalen Gefängniskongreß 1910 galt sie als<br />

die radikalste erzieherische Gefängnisalternative.<br />

Innerhalb kürzester Zeit stürzte sie dann von <strong>der</strong> Spitze <strong>der</strong> Social Welfare-<br />

Bewegung ins unbedeutende Abseits. Professionalisierung und sozialwissenschaftliche<br />

Ausrichtung <strong>der</strong> Sozialarbeit ließen die Kin<strong>der</strong>rettungsmethoden<br />

<strong>der</strong> Junior Republics schon im ersten Weltkrieg als veraltet, romantisch, unprofessionell<br />

und unwissenschaftlich erscheinen. Nun waren komplexe wissenschaftliche<br />

Einzelfallanalysen und Einzelfallbehandlungen und Therapie<br />

durch professionelle Spezialisten gefragt, Objektivität, empirische Methoden,<br />

Tests und Effektivität.<br />

George dagegen blieb bei seinen recht plumpen Theorien und griff während<br />

des Krieges wie<strong>der</strong> auf Uniformierung und militärische Organisierung seiner<br />

Bürger (im Krieg nur Mädchen) zurück. Er isolierte sich rapide von <strong>der</strong> linksorientierten<br />

progressiven Social Welfare-Bewegung, die er nicht mehr verstand,<br />

und driftete verbittert radikal nach rechts. Angesteckt von <strong>der</strong> allgemeinen<br />

Fremdenfeindschaft und Kommunistenangst <strong>der</strong> Nachkriegszeit, sah<br />

er überall Gegner des wahren Amerikanismus lauern: kommunistische Rote,<br />

die die Nation durch bolschewistische Erziehung und ähnliches Teufelswerk<br />

zerstören wollten. Um den Anfängen zu wehren, bekämpfte er zusammen mit<br />

den Jugendlichen seiner League of Adult Minors nicht nur Kommunisten,<br />

Sozialisten, Pazifisten, son<strong>der</strong>n auch Liberale und an<strong>der</strong>e Salonrote und rief<br />

massiv zu Härte und Gewalt gegen sie auf.<br />

Seine bisherigen Reformerfreunde standen fast <strong>aus</strong>nahmslos als Helfershelfer<br />

<strong>der</strong> Roten im feindlichen Lager und <strong>der</strong> nun erzreaktionäre George trat offen<br />

als Gegenredner seines Exfreundes Ben Lindsey auf in <strong>der</strong> <strong>Kamp</strong>agne um<br />

das Kin<strong>der</strong>arbeitsgesetz.<br />

Über 20 Jahre lang hatte George sich aktiv für ein Gesetz zur Einschränkung<br />

<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>arbeit eingesetzt. In kürzester Zeit wechselte er die Seiten<br />

und stand nun an führen<strong>der</strong> Stelle im <strong>Kamp</strong>f gegen seine bisherigen Ideen und<br />

Freunde und behauptete, das Gesetz sei offenbar in Moskau zum Ver<strong>der</strong>ben<br />

Amerikas geplant worden. <strong>Wer</strong> (wie er selbst 20 Jahre lang!) dies Gesetz befürworte,<br />

erweise sich als gefährlicher Sozialist o<strong>der</strong> gar Gewerkschaftler,<br />

kurzum als Staatsfeind, gegen den gewaltsam vorzugehen sei.<br />

Alt, verbittert, herzkrank und in ständigen Geldnöten schrieb er an seinem<br />

dritten Buch. Nach seinem Tod am 25. April 1936 wurde George im Gelände<br />

<strong>der</strong> George Junior Republic beigesetzt. Die National Association of Junior<br />

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