Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

fürchtete eine Unterscheidung zwischen freien Helferkindern und den übrigen
Insassen, wie es sie auch in Anstalten gab.
Mit einer politisch-wirtschaftlich beschränkten Theorie waren die Probleme
des Erziehungsheims immer weniger erfassbar, begreifbar und lösbar.
George klammerte sich an die Grundannahmen seiner Theorie und sah in
jeder Abweichung davon die Rückkehr zur alten Anstalt. Er entfernte sich zunehmend
von der Realität, die er ignorierte, um seine Annahmen beizubehalten.
Schon 1911 arbeitete keine der 7 Republiken mehr wirklich nach Georges
Prinzipien. Der Republikgründer, dem sein Werk über den Kopf gewachsen
war, wurde zur Belastung.
Schließlich versuchte Osborne, ihn zu entfernen und ihm seine Machtbasis
zu nehmen. Der ursprünglich auf Lebenszeit zum Direktor der National Association
of Junior Republics bestellte George mußte nun jährlich wiedergewählt
werden. Außerdem sollte er das Land des ehemaligen Baker State, seine
persönliche Machtbasis und mit 79 Hektar die Hälfte der Republik, endlich an
den Vorstand verkaufen. George verlangte den doppelten Marktpreis und
drohte mit der Gründung einer eigenen Junior Republic. Der Streit spaltete
die gesamte Bewegung. Der Vorstand drohte George mit der Schließung der
Republik. Nach einigem Hin und Her und ultimativen Forderungen traten
Osborne und Derrick am 12.7.1912 von ihren Ämtern zurück.
Osborne widmete sich in Zukunft der Gefängnisreform, und Derrick führte
Selbstregierungssysteme in kalifornische Reformatorys ein.
Vergeblich stimmte George nachträglich nun allen ihren Forderungen zu,
versprach, keine Republiken zu gründen, und zog aus Freeville fort. Osborne
und Derrick kehrten nicht zurück.
10.9. Zweiter Skandal 1912, Schließung 1914 und
Neubeginn
Im Sommer 1912 hatte eine offizielle Untersuchung das Gerücht widerlegt,
daß ein Mädchen aus der Junior Republik von George schwanger sei. Im
Rahmen des Machtkampfes wurde das Gerücht aber dazu benutzt, die staatlichen
Wohlfahrtsbehörden zu einer erneuten offiziellen Untersuchung der allgemeinen
Zustände in Freeville zu veranlassen. Die Untersuchungskommission
wiederholte im wesentlichen die Vorwürfe des Jahres 1897: Koedukation,
Selbstregierung, Gericht, Gefängnis, Abweichungen von der strengen Anstaltsdisziplin.
Einige Finanz-, Verwaltungs-, Ausstattungs- und Betreuungsmängel
spielten nur eine geringe Nebenrolle.
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