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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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noch die Beziehungen <strong>der</strong> Bürger untereinan<strong>der</strong>, nicht aber schulische, innerhäusliche<br />

und innerbetriebliche Angelegenheiten. Die Beschäftigung erwachsener<br />

Pädagogen mußte zwangsläufig Erziehung irgendwelcher Art mit sich<br />

bringen, doch George nahm all diese Än<strong>der</strong>ungen theoretisch kaum zur<br />

Kenntnis, machte sie theoretisch nicht zum Thema, konnte deshalb auch über<br />

das Nichteingreifen und die Ökonomie hin<strong>aus</strong> keine realistischen pädagogischen<br />

Verhaltensregeln entwickeln.<br />

Für alle Außenkontakte dieses speziellen Dorfes, für sämtliche Auslands-<br />

Beziehungen <strong>der</strong> Junior Republic war <strong>der</strong> erwachsene Leiter (Superintendent)<br />

zuständig. Aufnahme, Entlassung, Urlaub, Weglaufen und die Regelung <strong>der</strong><br />

Beziehungen zu den Eltern waren seine Aufgabe, ebenso wie die Verwaltungs-<br />

und Personalangelegenheiten. Jede unerlaubte Republikflucht war<br />

strafbar. Unklar bleibt, wer dies festgelegt hatte.<br />

Das stärker familiäre und private Cottage-System löste das sehr öffentliche<br />

Leben <strong>der</strong> Bürger in Hotel und Restaurant weitgehend ab. Die H<strong>aus</strong>mutter<br />

konnte H<strong>aus</strong>regeln aufstellen und unangenehme o<strong>der</strong> ungehorsame Untermieter<br />

vor die Tür setzen. Die H<strong>aus</strong>mädchen für die H<strong>aus</strong>- und Küchenarbeiten<br />

wurden von ihr eingestellt, angeleitet und bezahlt. Die Jugendlichen konnten<br />

ihr Quartier frei wechseln und auch ins ungemütlichere Hotel ziehen, in dem<br />

vor allem Neuankömmlinge wohnten.<br />

Die <strong>Wer</strong>kmeister leiteten ihre <strong>Wer</strong>kstätten im Auftrag <strong>der</strong> Association<br />

(vertreten durch Superintendent George) wie unabhängige Unternehmer. Sie<br />

stellten Jugendliche nach Bedarf und Leistung ein und entließen sie bei<br />

schlechter Leistung, Unpünktlichkeit etc. leicht wie<strong>der</strong>.<br />

Häufiger Stellenwechsel und schlechte Arbeitszeugnisse erschwerten die<br />

Stellensuche, manche mußten sich erst eine Weile als Hilfsarbeiter bewähren.<br />

Niemand wurde zu einer bestimmten Arbeit gezwungen. Im Gegenteil: Man<br />

verlor seine Stelle bei schlechter Arbeit. Nur <strong>der</strong> Geldbedarf und das Strafgesetz<br />

gegen Landstreicherei machten die Arbeitsaufnahme unumgänglich. Die<br />

qualifikationsabhängigen Löhne lagen zwischen 2 und 6 Dollar wöchentlich,<br />

und zwar für den halben Tag. Die an<strong>der</strong>e Hälfte wurde umschichtig in <strong>der</strong><br />

Schule verbracht.<br />

Seit 1902 sollte die Republik industrialisiert werden, damit die Jugendlichen<br />

selbst einen größeren Beitrag zur Finanzierung <strong>der</strong> Republik leisten<br />

könnten. Seitdem wurden nur noch mindestens sechzehnjährige Jugendliche<br />

aufgenommen, um effektiver arbeiten zu können und dem skandalgefährlichen<br />

Vorwurf <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>arbeit zu entgehen.<br />

Mitte 1903 konnte günstig eine Waffelbäckerei erworben und in die Republik<br />

geschafft werden, wo seitdem die Junior Republic Ingwer- und Schokoladewaffeln<br />

produziert und versandt wurden.<br />

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