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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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Gewährenlassens, son<strong>der</strong>n enthält deutliche <strong>Wer</strong>tungen, Ziele und aktive<br />

Einflußnahmen zu <strong>der</strong>en Erreichung: Ent-Erziehung und Psychotherapie in<br />

Richtung auf Wie<strong>der</strong>belebung <strong>der</strong> natürlichen Bedürfnisse und Gesundheit,<br />

Herrschaftsfreiheit, individuelle Selbstbestimmung, demokratische Selbstregierung.<br />

Eine Beeinflussung ist hier allerdings nur schwer konkret erkennbar: Die<br />

Pädagogen sorgen für die äußeren Vor<strong>aus</strong>setzungen (Gründung, Verwaltung,<br />

Wirtschaftsbetrieb, Außenkontakte ...), erteilen Unterricht, gründen und erhalten<br />

die Selbstregierungs-Versammlung, sorgen für Liebe, Psychotherapie<br />

(bzw. psychologische Erste Hilfe, Private Lessons) sowie eine Art von Supervision<br />

über den Ent-Erziehungs-Prozeß.<br />

Ein Erzieher, <strong>der</strong> keine - irgendwie gearteten - Wirkungen hervorbringen<br />

will und auch keine hervorbringt, wäre gänzlich überflüssig. Die pädagogische<br />

Passivität <strong>der</strong> Erzieher in Summerhill besteht jedoch nur scheinbar, auch<br />

das Endprodukt, die recht klar beschreibbare Summerhill-Persönlichkeit (vgl.<br />

Kapitel 18.12.) zeigt, daß hier gezielte und beabsichtigte Einflüsse wirken.<br />

Erziehung (d. h. immer auch: Beeinflussung) wirkt hier aber über an<strong>der</strong>e,<br />

unkonventionelle Wege und wird darum schwerer als gezielter Einfluß<br />

wahrgenommen.<br />

Eine auf Regierung und Beherrschung des Kindes gerichtete traditionelle<br />

Erziehung geschieht eher konflikthaft mit einschränkenden Maßnahmen, die<br />

separat als Maßnahmen erkennbar sind. Die gezielte Einwirkung in Summerhill<br />

scheint mehr dauerhaft-stetig zu sein, so daß sie kaum mehr als<br />

beson<strong>der</strong>e, konkreten Zielen zuzuordnende Handlung o<strong>der</strong> Maßnahme erkennbar<br />

ist, son<strong>der</strong>n eher eine allgemeine Haltung darstellt. Diese hat zwar<br />

ebenfalls Wirkungen und hängt mit weiteren Zielen zusammen, erscheint aber<br />

weniger als Teil einer Zweck-Mittel-Relation, son<strong>der</strong>n eher als allgemeiner<br />

persönlicher Charakterzug o<strong>der</strong> auch als Ideologieelement (d. h. als Teil einer<br />

Struktur statt als Maßnahme). Die Schläge des Rohrstockpädagogen werden<br />

eher als gezielte Erziehungsmaßnahme, nicht als Folge seiner allgemein aggressiven<br />

Persönlichkeit o<strong>der</strong> Ausdruck seines autoritären allgemeinen Erziehungskonzeptes<br />

wahrgenommen, während das Wirken Neills nicht als gezielt<br />

planmäßig eingesetzte (Unterlassungs-) Handlung, son<strong>der</strong>n als überdauern<strong>der</strong><br />

persönlicher Charakterzug o<strong>der</strong> Teil seiner allgemeinen Erziehungsvorstellung<br />

erscheint.<br />

Erzieherische Beeinflussung in Summerhill scheint weniger durch Maßnahmen<br />

bewirkt zu werden, son<strong>der</strong>n eher in Strukturen und Haltungen eingebaut<br />

zu sein. Erzieher bauen und erhalten Strukturen (die Selbstregierung)<br />

und zeigen Haltung, die ihr ganzes Handeln durchzieht. Sie können aber<br />

kaum bei Maßnahmen beobachtet werden. Als Beispiel mag ein offenbar unsinniger<br />

Antrag Neills dienen:<br />

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