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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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enssicherung unbedingt <strong>der</strong> Unterstützung durch Erwachsene (z. B.<br />

Eltern) bedarf. Sein wesentliches Grundbedürfnis ist die absolute Sicherheit<br />

dieser Beziehung, die ihm die Befriedigung seiner Bedürfnisse und damit<br />

das Leben erst ermöglicht: ist die Liebe, Anerkennung, Zustimmung seiner<br />

Erwachsenen. Das Verschwinden dieser Sicherheit <strong>der</strong> Beziehung (Liebe) ist<br />

unmittelbar lebensbedrohend. Das Kind will unbedingt sicher dazugehören<br />

und ist von sich <strong>aus</strong> bereit 117 , sich seinen Erwachsenen weitestgehend anzupassen,<br />

sofern sie ihm diese unbedingte Sicherheit <strong>der</strong> Beziehung (Liebe)<br />

bieten.<br />

Eben diese unbedingte Sicherheit <strong>der</strong> Beziehung (Liebe), die Sicherheit<br />

<strong>der</strong> un-bedingten 118 Befriedigung seines Grundbedürfnisses, muß den Kin<strong>der</strong>n<br />

in <strong>der</strong> Erziehung unter allen Umständen, geboten werden. Wenn dies<br />

gelingt, wird das Kind von sich <strong>aus</strong> die notwendigen Verhaltensän<strong>der</strong>ungen<br />

und Lernschritte unternehmen, weil es in seiner Gruppe Anerkennung<br />

finden will / muß.<br />

Dies ist kein Konzept <strong>der</strong> bloßen Reifung von innerlich biologisch festgelegten,<br />

sich aber erst im Zeitablauf entfaltenden unwandelbaren Anlagen 119 ,<br />

son<strong>der</strong>n ein Konzept des selbständigen, durch die Umwelteinflüsse gesteuerten<br />

Erfahrungslernens <strong>aus</strong> Versuch und Irrtum (das allerdings manchmal<br />

117 Vgl. zur natürlichen Tendenz des Kindes zu Einordnung auch Schmidt-Herrmann (1987:<br />

20, 83, 101, 104, 111, 194). Diese Tendenz wird auch von Wills stark betont.<br />

118 Gemeint ist die Befriedigung <strong>der</strong> Bedürfnisse des Kindes um seiner selbst willen,<br />

un-bedingt, im Gegensatz zu einer von <strong>der</strong> Erbringung bestimmter Leistungen<br />

(Wohlverhalten) abhängigen (bedingten) Bedürfnisbefriedigung. Sämtliche Konditionierung<br />

und Lohn-Strafe-Erziehung arbeitet mit bedingter Bedürfnisbefriedigung, ist hier<br />

also gerade nicht gemeint.<br />

119 Allerdings könnten einzelne (mißverständliche) Äußerungen Neills auch im Sinne purer<br />

Anlagenreifung gelesen werden. Gern zitiert (z. B. Breiteneicher u. a. 1971: 45; Krieger<br />

1970: 15; ) wird Neills (1969: 22 f.) naive Behauptung, ein unbeeinflußt sich selbst<br />

überlassenes Kind entwickle sich gemäß seinen angeborenen Fähigkeiten. Diese tatsächlich<br />

als eine Pädagogik des bloßen Wachsen- und Reifenlassens auffassbare Äußerung<br />

machte Neill übrigens im Zusammenhang mit Schullernen, dem einzigen Bereich, in dem<br />

er die Kin<strong>der</strong> tatsächlich sich selbst überließ (wofür er von den meisten Freunden kritisiert<br />

wurde, vgl. Kapitel 18.2.2. u. 18.4.1.).<br />

Insgesamt gesehen geht Neills Konzept aber eindeutig von <strong>der</strong> Vorstellung des selbständig<br />

aktiv lernenden Menschen <strong>aus</strong> und nicht von einer pflanzenhaften bloßen inneren<br />

Reifung von bereits fest vorgegebenen Anlagen.<br />

„Nach meiner Ansicht ist das Kind von Natur <strong>aus</strong> verständig und realistisch. Sich selbst<br />

überlassen und unbeeinflußt von Erwachsenen, entwickelt es sich entsprechend seinen<br />

Möglichkeiten. Logischerweise ist Summerhill eine Schule, in <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> mit <strong>der</strong> angeborenen<br />

Fähigkeit und dem Wunsch, Gelehrte zu werden, Gelehrte werden, während jene,<br />

die nur zum Straßenkehren geeignet sind, Straßenkehrer werden. Bisher ist jedoch <strong>aus</strong><br />

unserer Schule noch kein Straßenkehrer hervorgegangen. Ich sage das ohne Snobismus,<br />

denn ich sehe eine Schule lieber einen glücklichen Straßenfeger hervorbringen als einen<br />

neurotischen Gelehrten.“ (Neill 1969: 22 f.)<br />

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