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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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weist (zu Recht!) auf die mangelhafte theoretische Begründung bei Neill hin:<br />

„dass Neill nicht recht erklären kann, was er in <strong>der</strong> Erziehung tut o<strong>der</strong> unterlässt<br />

und warum er so handelt“, Schmidt-Herrmann (1987: 182 f.).<br />

Ich hoffe, aufgrund eines breiteren Überblicks über an<strong>der</strong>e ähnlich arbeitende<br />

Einrichtungen eine bessere Beschreibung dieses Punktes entwerfen zu<br />

können, werde sie aber (da sie schwerlich <strong>aus</strong> Neills unzureichen<strong>der</strong> Beschreibung<br />

her<strong>aus</strong>zudestillieren sind) ganz bewußt sehr frei als eigenen Interpretationsentwurf<br />

konstruieren 109 , mich dabei weniger eng an Texten orientieren<br />

und auch darauf verzichten, Einzelheiten am Text zu belegen.<br />

8.7.1. Der falsche Anschein von laissez-faire und Untätigkeit<br />

Vor allem gegen Summerhill (als bekanntester selbstregierter Einrichtung) ist<br />

häufiger <strong>der</strong> Vorwurf des laissez faire erhoben worden 110 , des völligen Gewährenlassens<br />

und bloßen lenkungslosen Nichteingreifens, des extrem permissiven<br />

Nicht-Tuns, <strong>der</strong> pädagogischen Untätigkeit und bloßen Reifen- und<br />

Wachsenlassens.<br />

Die wenigen erwähnten Tätigkeiten des Erziehers: Verständnis, die Haltung des Vertrauens,<br />

therapeutische Arbeit und Erlaß von Sicherheitsregeln scheinen mir zur Beschreibung<br />

einer erzieherischen Tätigkeit durch<strong>aus</strong> unzureichend.<br />

109 Die Untersuchung <strong>der</strong> etwaige Behandlung <strong>der</strong>artiger Probleme in <strong>der</strong> Fachliteratur hätte<br />

den Rahmen dieser Arbeit gesprengt und wurde nicht geprüft.<br />

110 Bott (1973: 12) nennt „Alexan<strong>der</strong> Neill und Siegfried Bernfeld (Gärtnerbeispiele für Pädagogen)“<br />

als Beispiele einer „Pädagogik des bloßen Wachsen- und Reifenlassens“.<br />

Theo Dietrich (in Kron 1973: 125 - 132) unterteilt zwei Stränge <strong>der</strong> antiautoritären Erziehung,<br />

mit fließenden Übergängen, vor allem was Freud betrifft: Zum einen den sozialistischen<br />

Strang von den Utopischen Sozialisten und Marx mit Freud zur Kin<strong>der</strong>ladenbewegung,<br />

die sich dann aber als revolutionäre Erziehung an die Autorität <strong>der</strong> politischen<br />

Ideologie des Leninismus anlehnt und damit nicht mehr antiautoritär ist.<br />

Zum an<strong>der</strong>en den unpolitischen, rein pädagogischen Strang, <strong>der</strong> durch negative Erziehung,<br />

„‚Nicht-Tun‘ (S. Bernfeld)“ und Wachsenlassen charakterisiert wird, mit Rousseau,<br />

Key, <strong>der</strong> Pädagogik-vom-Kinde-<strong>aus</strong> und Neill, „unter gleichzeitiger Mithilfe eines<br />

gütigen, verständnisvollen Erziehers, so u. a. bei A. S. Neill.“ (S. 127). Dietrich faßt antiautoritär<br />

faktisch als anti-Autorität und setzt(!) dann, daß Erziehung immer im Vor<strong>aus</strong><br />

festliegende Erziehungsziele und damit Autorität enthalte. Er nimmt vernünftigerweise<br />

die Existenz eines angeborenen Aggressionstriebes an, verweist die antiautoritären<br />

Grundannahmen ohne weitere Begründung ins Reich <strong>der</strong> Utopie und folgert dar<strong>aus</strong>, die<br />

antiautoritäre Erziehung sei unlogisch und wirklichkeitsfremd (S. 131), um sodann eine<br />

eigenes Modell einer repressionsarmen Erziehung zu entwerfen.<br />

Prinzipiell ähnlich (unter Berufung auf Dietrich) argumentieren auch Breinbauer (1980)<br />

und Claßen (1980). Breinbauer (1980: 304) behauptet, „daß in dem einen Modell durch<br />

die Absolutsetzung des Prinzips <strong>der</strong> Selbstregulierung das Kind <strong>der</strong> Autorität <strong>der</strong> eigenen<br />

Triebansprüche <strong>aus</strong>geliefert wird, in dem an<strong>der</strong>en Fall, dem Postulat des Klassenkampf<br />

folgend, <strong>der</strong> Autorität <strong>der</strong> Utopie einer klassenlosen Gesellschaft o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Diktatur des<br />

Proletariats bzw. seiner Protagonisten.“<br />

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