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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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8.5.1. Erwachsenenautorität<br />

In vielen Angelegenheiten besteht ganz offensichtlich gar keine Wahlmöglichkeit,<br />

son<strong>der</strong>n die Erwachsenen sind verpflichtet, auf die Einhaltung<br />

bestimmter Regeln zu achten. Es wäre heuchlerisch, solche Dinge zur<br />

Abstimmung zu stellen und fatal, wenn dagegen gestimmt würde. Wo ein klares<br />

Gesetz benötigt wird, wird es von den Erwachsenen gemacht. Im Bereich<br />

<strong>der</strong> Außenbeziehungen und <strong>der</strong> Gesundheit haben die Erwachsenen absolute<br />

Autorität, ebenso dort, wo äußere Institutionen Autorität an das Heim<br />

delegieren. Zwar werden die Gründe <strong>aus</strong>führlich erklärt, aber die Regel selbst<br />

kann nicht zur Disposition stehen. Die Schulpflicht z. B. muß erfüllt werden.<br />

In Summerhill hatte Neill deshalb ein Verbot erlassen, am Vormittag<br />

(Schulzeit) das weiträumige Schulgelände zu verlassen. Der Gesundheit und<br />

<strong>der</strong> Behörden wegen müssen gewisse von Erwachsenen gefor<strong>der</strong>te Minimal-<br />

Standards von Ordnung und Sauberkeit eingehalten werden, etwa tägliches<br />

Waschen, Bettenmachen und feste Schlafenszeiten.<br />

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letztlich das Sagen hatten: Bei <strong>der</strong> Sicherheit, Gesundheit, bei <strong>der</strong> Anstellung und Entlassung<br />

von Personal und beim Schul-Eigentum. Doch auch in diesen Bereichen bestand<br />

einige Flexibilität: Da Neills Vorschläge nicht immer konsistent und überzeugend waren<br />

und manchmal auch seine Frau an<strong>der</strong>er Meinung war, diskutierte die Versammlung darüber,<br />

welche gefährlichen Teile des Geländes (etwa bestimmte Wege, auf bestimmte Dächer<br />

zu klettern) für welche Kin<strong>der</strong> verboten werden sollten. So kam es, daß die Versammlung<br />

auch über Sicherheitsregeln und (auf Neills Antrag) über Neills Privat-<br />

<strong>Wer</strong>kstatt diskutierte und abstimmte (vgl. Segefjord 1971: 27, Neill 1969: 146 f.). Neill<br />

scheint in einigen (seltenen!) Fällen auch gezielt Einfluß auf die Versammlung <strong>aus</strong>geübt<br />

zu haben, ohne daß ein Grund o<strong>der</strong> eine Regel ersichtlich wäre. Die Abgrenzung <strong>der</strong> drei<br />

Sphären scheint in Summerhill also nur unvollkommen reflektiert worden zu sein. Dafür<br />

spricht auch die Kritik des mehrjährigen Summerhill-Lehrers Stephens (1988: 36) an <strong>der</strong><br />

selbstherrlichen Regelsetzung <strong>der</strong> jetzigen Leiterin Zoë Readhead: „Eine an<strong>der</strong>e und für<br />

die Zukunft besorgniserregende Entwicklung ist die Schaffung einer Institution, durch<br />

die die Direktorin Schulgesetze auch ohne die Beteiligung des Meetings einführen kann.<br />

Dieses Gremium, die Lehrerversammlung, wurde 1988 eingerichtet“ ...<br />

Es kam in Summerhill vor, daß die Versammlung sehr antisoziale Kin<strong>der</strong> <strong>aus</strong> <strong>der</strong> Schule<br />

<strong>aus</strong>schloß. Croall (1984: 182) betont jedoch, daß Neill solche Fälle nur dann <strong>der</strong> Versammlung<br />

vorlegte, wenn er Ihren Ausschluß selber schon so gut wie beschlossen hatte<br />

und nur noch die öffentliche Zustimmung wünschte. Es konnte auch vorkommen, daß<br />

Neill einem Beschluß <strong>der</strong> Versammlung bewußt zuwi<strong>der</strong>handelte, etwa einem Kind entgegen<br />

<strong>der</strong> Versammlung sein Gewehr und Messer zurückgab, weil es kein allgemeines<br />

Gesetz dagegen gab.<br />

Segefjord (1971: 103) beschreibt seine Verwun<strong>der</strong>ung, als Neills Stiefsohn ihm 1966 die<br />

künftigen Sicherheitsregeln für das im Bau befindliche Schwimmbecken erläuterte, ohne<br />

daß sie je Thema in <strong>der</strong> Versammlung gewesen wären.<br />

In den 50er und 60er Jahren erließ Neill selbst (nicht die Versammlung) ein (weiter unten<br />

zitiertes) Rauchverbot. Stephens (1988: 36) beklagt, daß die Schulleitung von sich <strong>aus</strong><br />

Alkohol und Tabak verboten hat. Hammelmann (1991: 106) und Rollin (1992: 53) berichten<br />

davon, daß die Vollversammlung über das Rauchverbot abstimmte, also nicht die<br />

Schulleitung bestimmte. Dies zeigt die Unklarheit <strong>der</strong> Zuständigkeiten.

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