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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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hen können). So traten die Jugendlichen in Hawkspur den aggressiven, sie<br />

terrorisierenden Kameraden kaum mit eigenen Beschlüssen (z. B. Strafgesetzen)<br />

entschlossen entgegen, son<strong>der</strong>n unterstützten sie eher noch, und baten<br />

dann die Erwachsenen, nun endlich einzugreifen, den Störenfried zu bestrafen<br />

o<strong>der</strong> hin<strong>aus</strong>zuwerfen. Da sie die Erzieher als freundlich, milde und effektiv<br />

kennengelernt hatten, überließen die Jugendlichen ihnen durch Nichtstun oft<br />

und gern die lästige Verantwortung.<br />

Der Verzicht auf Zwang und Strafe war für die Jugendlichen nicht angenehm,<br />

da er ihnen die psychisch aufwendigere ständige und anstrengende<br />

Kontrolle und Reflexion des eigenen Verhaltens und dessen Folgen für an<strong>der</strong>e<br />

aufbürdete. Die meisten hätten ein Strafsystem <strong>der</strong> Erzieher vorgezogen, das<br />

sie von <strong>der</strong> Bürde <strong>der</strong> Selbstverantwortung entlastet hätte. Dies hätte man notfalls<br />

umgehen und, wenn dies schiefging, die Folgen mit Strafe abwaschen<br />

könne. Doch Wills und Franklin meinten durch<strong>aus</strong>, daß die beliebtere nicht<br />

unbedingt die beste Art sein muß: Die Erzieher ließen den Jugendlichen<br />

hier keine Wahl. Die Selbstverantwortung für die eigenen Handlungen und<br />

auch die kollektive Selbstverantwortung in Form von Selbstregierung mußte<br />

den Jugendlichen fast aufgezwungen werden. Gerade die Erwachsenen<br />

mußten die Selbstregierung <strong>der</strong> Jugendlichen durch gezielte Hilfen und Eingriffe<br />

mühsam immer wie<strong>der</strong> anregen und anstoßen. Wenn die Erwachsenen<br />

wirklich nur untätig zugeschaut und die Jugendlichen auf ihre eigenen geringen<br />

Fähigkeiten zurückgeworfen hätten (wie George es empfohlen, aber wohl<br />

nicht praktiziert hatte), statt sie zur Selbstverantwortung zu drängen und zu<br />

unterstützen, wäre alles in Lethargie zugrundegegangen.<br />

Die Selbstregierung sollte den Jugendlichen zeigen, daß beim Zusammenleben<br />

mehrerer Menschen jemand die Verantwortung - und damit auch Autorität<br />

- übernehmen muß. Da Verantwortung, Macht und Autorität zusammenhängen,<br />

wird sie besser nicht auf eine Person konzentriert, son<strong>der</strong>n auf<br />

viele (alle) Personen verteilt, die nun selbst die Verantwortung übernehmen<br />

müssen.<br />

8.3. Öffentliche Meinung als Ersatz <strong>der</strong> eigentlichen<br />

Selbst-Regierung<br />

Nach Wills Erfahrung (insbeson<strong>der</strong>e in Hawkspur) zeigten Kin<strong>der</strong> und Jugendliche<br />

eine <strong>aus</strong>geprägte Abneigung gegen das Erlassen fester Vorschriften<br />

und Gesetze, gegen Strafen und Zwang. Man gab lieber unverbindliche<br />

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