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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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ermutigt und betont, nicht die Institutionenkunde und reibungslose Verwaltung<br />

mit Hilfe des vorgegebenen, richtigen, idealdemokratischen Organisationsschemas.<br />

Die unterschiedlichsten Systeme werden erprobt und in ihren<br />

Vor- und Nachteilen, angenehmen und unangenehmen Seiten am eigenen<br />

Leib erfahren, von <strong>der</strong> (je<strong>der</strong>zeit durch Mehrheitsbeschluß wie<strong>der</strong> abschaffbaren)<br />

Diktatur des Heimleiters o<strong>der</strong> <strong>der</strong> H<strong>aus</strong>mütter (housemothers law, in<br />

Summerhill) über unterschiedlichste demokratisch-republikanische Formen<br />

bis hin zur Anarchie. Es geht um Erfahrungslernen, um eigenständige Kritikund<br />

Urteilsfähigkeit als bewegendem und zugrunde liegendem Element von<br />

Demokratie.<br />

Nicht <strong>der</strong> gehorsame, angepasste, brave Staatsbürger und Mitläufer, son<strong>der</strong>n<br />

<strong>der</strong> potentiell ungehorsame, selbst aktive demokratische Rebell soll hier<br />

erzogen werden.<br />

8.2. Ambivalenz und Verantwortungsmangel<br />

behin<strong>der</strong>n die Selbstregierung<br />

In <strong>der</strong> Literatur über Kin<strong>der</strong>- und Jugendrepubliken gibt es viele enthusiastische<br />

Schriften und solche, die sich mit <strong>der</strong> oberflächlich-formalen Organisationsstruktur<br />

befassen. Illusionslos realistische Praxis-Beschreibungen sind<br />

selten, und die von Franklin (1966) und Wills (1941, 1945), auf die ich mich<br />

im Folgenden stütze, gehören zu den besten und realistischsten Betrachtungen.<br />

Sie zeigen deutlich die ambivalente Haltung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen<br />

zur Selbstregierung.<br />

Einerseits genießen sie stolz die durch Selbstregierung gewährte Freiheit.<br />

An<strong>der</strong>erseits erscheint ihnen das damit verbundene Ausmaß an notwendiger<br />

Selbstverantwortung, Arbeit und Wachsamkeit und <strong>der</strong> Freizeitverlust oft als<br />

Bürde und zu hoher Preis <strong>der</strong> Freiheit. Viele <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen<br />

ließen sich anfangs begeistert in ein Amt wählen, bemerkten aber bald, daß<br />

<strong>der</strong> erhoffte Prestigegewinn gering blieb wegen <strong>der</strong> ständig notwendigen unpopulären<br />

Maßnahmen. Nach kurzer Zeit wollte kaum jemand mehr ohne hohe<br />

Belohnung ein Amt o<strong>der</strong> irgendeine Verantwortung übernehmen.<br />

Wills wun<strong>der</strong>te sich gelegentlich, daß das ganze System nicht wegen Verantwortungsmangel<br />

zusammenbrach. Die Selbstregierung funktionierte keineswegs<br />

von selbst. Auch als Gemeinschaft (Vollversammlung etc.) wollten<br />

Kin<strong>der</strong>n und Jugendliche kaum selbst - durch gemeinsamen Beschluß - Verantwortung<br />

für ihre eigenen Angelegenheiten übernehmen und suchten<br />

lieber jemanden, dessen Befehlen sie gehorchen müssen (bzw. umge-<br />

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