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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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7.4. Erziehung und Therapie<br />

Auf Therapie kann hier nur ganz am Rande eingegangen werden. Jones<br />

(1960), <strong>der</strong> selbst in mehreren Republiken gearbeitet hat, befasst sich näher<br />

damit.<br />

Manche (<strong>aus</strong>gebildeten) Heimleiter - wie Lyward und Shaw - arbeiteten<br />

zugleich als Psychotherapeut in ihrem Heim. An<strong>der</strong>e - insbeson<strong>der</strong>e Wills -<br />

lehnten dies als ungünstig ab, da es den emotionalen Wirbel <strong>der</strong> Übertragungsbeziehungen<br />

und Eifersüchte um den Leiter noch verstärkt.<br />

Denn in einem Heim, das die Übertragung bewußt therapeutisch nutzt und<br />

in dem viele eine positive o<strong>der</strong> negative Übertragungsbeziehung benötigen,<br />

aber nur wenige dafür geeignete Erwachsene zur Verfügung stehen, muß es<br />

zwangsläufig ständig zu Eifersüchten und Streitigkeiten kommen, was in <strong>der</strong><br />

Praxis eine außerordentlich schwierige Erfahrung ist. Beson<strong>der</strong>s viele positive<br />

und negative Übertragungen richten sich auf den Leiter, dessen Handlungen<br />

und Äußerungen dann stets sorgfältig und eifersüchtig von mehreren beobachtet<br />

werden. Der Psychoanalytiker sieht seine einzelnen (!) Klienten allein und<br />

nur stundenweise im abgetrennten Behandlungszimmer. Wills, Lane und Neill<br />

aber machen nicht Psychoanalyse, son<strong>der</strong>n leben sie mit mehreren eifersüchtigen<br />

Patienten gleichzeitig rund um die Uhr und eng beieinan<strong>der</strong> im Alltagsleben.<br />

Trotz sorgfältiger Bemühung ist eine gleichmäßige Verteilung <strong>der</strong><br />

Gunstbeweise nicht immer möglich o<strong>der</strong> wird auch verzerrt wahrgenommen,<br />

und beides führt zu Rivalitäten und Eifersüchten.<br />

Um all dies nicht zusätzlich weiter anzuheizen, zog Wills es vor, die therapiebedürftigen<br />

Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen zu <strong>aus</strong>wärtigen Therapeuten zu<br />

schicken und sich selbst auf eine psychologische Erste Hilfe zu beschränken.<br />

Dabei verglich er den Therapeuten mit dem Arzt eines Krankenh<strong>aus</strong>es, <strong>der</strong><br />

die Diagnose stellt, gelegentlich Anweisungen gibt, aber nur selten operiert.<br />

Sich selbst als Heimleiter verglich er mit <strong>der</strong> Stationsschwester, die selbständig<br />

nach ärztlicher Anweisung eine die Heilung för<strong>der</strong>nde Atmosphäre<br />

schafft, die Kranken alltäglich pflegt und umsorgt. Durch die Erste Hilfe versuchte<br />

er, stets sehr (!) behutsam und vorsichtig, beim Umgang mit Min<strong>der</strong>wertigkeits-,<br />

Schuld- und Schamgefühlen zu helfen, Vorstellungen, Gefühle<br />

und Beziehungen zu klären, Möglichkeiten aufzuzeigen und dem Kind seine<br />

emotionale Unterstützung zu versichern. Gedeutet o<strong>der</strong> im Unbewußten gebohrt<br />

wurde nicht, da dies den emotionalen Wirbel stimuliert hätte.<br />

Als emotionaler Sanitäter beschränkte Wills sich nicht auf die für Therapeuten<br />

übliche freundlich-reservierte Haltung, son<strong>der</strong>n konnte seine<br />

(grundsätzlich immer zu wenig demonstrierten, positiven) Gefühle deutlich<br />

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