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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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Erzieher / Therapeuten ist. Erst wenn durch die Übertragungsbeziehung die<br />

Liebe des Kindes zu seinen Eltern auf den Erzieher übertragen wurde, kann<br />

Erziehung wirklich beginnen.<br />

Die wichtigste Aufgabe <strong>der</strong> Heimerziehung und Umerziehung ist demnach<br />

die Bewirkung und Sicherung <strong>der</strong> Übertragung. Diese geht allen an<strong>der</strong>en<br />

Aufgaben und Zielen vor und darf durch <strong>nichts</strong> gefährdet werden.<br />

Wills (1945) berichtet, daß eine Übertragung durch irgendeine triviale<br />

Ähnlichkeit einer Person mit einem Elternteil <strong>aus</strong>gelöst werden kann, vor allem<br />

bei respektierten und bewun<strong>der</strong>ten Personen. Ein Kind mag z. B. die<br />

Körperkraft des Heizers o<strong>der</strong> die Geschicklichkeit des Gärtners bewun<strong>der</strong>n,<br />

und dies kann die Übertragung bewirken. Am sichersten aber wirke die liebende<br />

Haltung, die typische Eigenart (fast) je<strong>der</strong> Mutter. Die Kin<strong>der</strong> suchen<br />

sich Übertragungspartner, auch wenn die Erzieher dies nicht wollen. Dabei<br />

unterscheiden sie nicht zwischen pädagogischem und technischem Personal<br />

des Heims. Wenn bewußt darauf geachtet wird, können die pädagogischen<br />

und psychologischen Fachleute den an<strong>der</strong>en aber Hilfen geben und die Beziehung<br />

pädagogisch o<strong>der</strong> psychotherapeutisch nutzen. Die allgemeine starke<br />

pädagogische Beteiligung des nichtpädagogischen Personals in den hier betrachteten<br />

therapeutischen Heimen wird so verständlich, ebenso wie die auffällige<br />

Gewohnheit, Personal - vom Erzieher bis zur Putzfrau - weniger aufgrund<br />

seiner Zeugnis- Qualifikation und stärker aufgrund persönlicher Eigenschaften<br />

<strong>aus</strong>zuwählen.<br />

Nach Wills sind Erwachsene für das unbewußte Gefühlsleben des Kindes<br />

verantwortlich, sie müssen ihm Liebe und Sicherheit als emotionellen Notanker<br />

bieten. Damit ist ganz <strong>aus</strong>drücklich und betont jenes nicht durch Verdienst<br />

o<strong>der</strong> Leistung erworbene un-bedingte Gefühl gemeint, das Eltern ihren<br />

Kin<strong>der</strong>n gegenüber häufig empfinden, das durch keine Untat zu erschüttern ist<br />

und jeden Test durch das Kind sicher besteht.<br />

Während Eltern, <strong>der</strong>en Kin<strong>der</strong> sich <strong>der</strong> Liebe <strong>der</strong> Eltern sicher sind, möglicherweise<br />

eine Erziehung mit Strafen und Liebesentzug riskieren können,<br />

würden Strafen in therapeutischen Heimen, die mit so großer Mühe die notwendigen<br />

liebevollen Übertragungsbeziehungen erst herstellen müssen, die<br />

Grundlage <strong>der</strong> Erziehungsarbeit sehr ernsthaft gefährden und müssen also<br />

sorgfältig vermieden werden.<br />

Das Gefühl allein reicht jedoch nicht <strong>aus</strong>, es muß vom Kind auch deutlich<br />

gespürt werden und darum insbeson<strong>der</strong>e in <strong>der</strong> Heimerziehung demonstrativ<br />

und überdeutlich sein. Das an viele Enttäuschungen gewohnte Heimkind hält<br />

liebevolles Verhalten oft zunächst für einen Trick und versucht durch übles<br />

Betragen her<strong>aus</strong>zufinden, von welchem Punkt an die Liebe versagen und in<br />

die gewohnte ablehnende Haltung umschlagen wird. Solche Tests dauern<br />

meist einige Monate, bis das Kind sich <strong>der</strong> Zuneigung <strong>der</strong> Erwach-<br />

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