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Johannes-Martin Kamp Kinderrepubliken - Wer nichts aus der ...

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7.3. ‚Liebe‘, Anerkennung, Verständnis und<br />

‚Übertragung‘ als Erziehungsmittel<br />

Nach Lane und Wills gehen Verhaltensprobleme <strong>der</strong> Heimjugendlichen, wie<br />

beschrieben, auf emotionale Störung und Frustration zurück, vor allem in <strong>der</strong><br />

Beziehung zu den Eltern. Das Kind, dessen emotionale Entwicklung erheblich<br />

gestört wurde, ist nun gestört und verhält sich oft störend. Oft muß Heimerziehung<br />

die (unfähige) Familie zeitweise ersetzen, die Defizite auffüllen und<br />

Schäden wie Angst, Unsicherheit, Schuld- und Min<strong>der</strong>wertigkeitsgefühle beseitigen<br />

und kompensieren. Das Heim muß das Kind o<strong>der</strong> den Jugendlichen<br />

für das entschädigen und mit dem versorgen, was er in seiner Familie bisher<br />

entbehren mußte, muß ihm Zuwendung, Liebe, emotionale Sicherheit und<br />

vielleicht Therapie bieten und es übersprungene Entwicklungsphasen nachholen<br />

lassen.<br />

Da das Heim selbst keine Familie ist o<strong>der</strong> sein kann, und da es sich hier<br />

meist nicht um Erziehung, son<strong>der</strong>n um Um-Erziehung o<strong>der</strong> Nach-Erziehung<br />

handelt, wird das Heim an<strong>der</strong>e Mittel anwenden müssen als es Familien tun.<br />

Das Heim muß die wesentlichen positiven Eigenschaften <strong>der</strong> Familie<br />

mit weitgehend an<strong>der</strong>en Mitteln herstellen. Wesentlich sind dabei für das<br />

Kind (und für den Psychoanalytiker) nicht die äußeren Strukturen von Familie<br />

(Einzelh<strong>aus</strong>halt eines Ehepaares mit seinen leiblichen Kin<strong>der</strong>n), son<strong>der</strong>n vor<br />

allem die emotionalen Eigenschaften, die liebevolle Atmosphäre. Diese<br />

wichtigste Eigenschaft muß so reichlich und geradezu demonstrativ überdeutlich<br />

bereitgestellt werden, daß selbst bei den <strong>aus</strong> Erfahrung mißtrauisch<br />

gewordenen Heimkin<strong>der</strong>n keine Zweifel daran entstehen können.<br />

Liebe als Mittel <strong>der</strong> Sozialpädagogik ist zumindest seit Pestalozzi keine ungewöhnliche<br />

Empfehlung. Auch Lane, Neill, Wills u. a. psychoanalytische<br />

Pädagogen sprechen oft von Liebe als dem allerwichtigsten Faktor in <strong>der</strong> Erziehung<br />

überhaupt. Liebe ist jedoch ein ziemlich unklarer 82 Begriff, und die<br />

Empfehlung, jemanden zu lieben (als professionelle Strategie), hilft wenig,<br />

solange nicht beschrieben wird, wie das Entstehen dieser Liebe bewirkt werden<br />

kann. Der Begriff Liebe muß hier präzisiert werden.<br />

Üblicherweise meint man mit Liebe ein (meist gegenseitiges) sehr persönliches<br />

spontan entstehendes Gefühl zwischen zwei Personen, die einan<strong>der</strong> dann<br />

nicht mehr <strong>aus</strong>t<strong>aus</strong>chbar sind. Dies spontane und hochindividuelle Gefühl des<br />

Liebhabens kann man schwerlich für professionelle Lohn-<br />

82 Gemeint ist z. B. nicht die biblische Empfehlung, sein Kind zu züchtigen, wenn man es<br />

liebt. Gemeint ist auch nicht die völlige Aufopferung für an<strong>der</strong>e, auch nicht die Inflation<br />

affektiv geprägter Worte (mein Lieber, mein Süßer...).<br />

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