09.12.2012 Aufrufe

Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

KAP. 1: POLITIK – ETYMOLOGIE UND SEMANTIK EINES +RECYCLINGFÄHIGEN* BEGRIFFS 7<br />

Ausgerechnet <strong>in</strong> die Zeit des beg<strong>in</strong>nenden Nie<strong>der</strong>gangs <strong>der</strong> Demokratie fallen die großen<br />

politischen Entwürfe Platons und Aristoteles’. Dies mag erklären, daß beide wenig von <strong>der</strong><br />

Demokratie (<strong>in</strong> ihrer damaligen historischen Ausprägung) hielten. Bei Aristoteles ist die Demo-<br />

kratie gar zusammen mit Oligarchie und Tyrannis e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> drei +entarteten* Verfassungsformen<br />

(siehe S. 11). Doch zunächst zu Platon und se<strong>in</strong>em <strong>Politik</strong>begriff:<br />

Platon (427–347 v. Chr.) stammte aus <strong>der</strong> Adelsschicht und war e<strong>in</strong> Schüler des Sokrates<br />

(ca. 470–399 v. Chr.), welchen er sehr verehrte. Letzerem kommt deshalb <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en durchgängig<br />

dialogisch abgefaßten Schriften die Hauptrolle zu, und letztendlich ist es deshalb auch schwer<br />

zu unterscheiden, was nun im e<strong>in</strong>zelnen die Position Platons und die des Sokrates darstellt.<br />

Beson<strong>der</strong>s betroffen war Platon von <strong>der</strong> H<strong>in</strong>richtung des Lehrers im Jahr 399 v. Chr. nach<br />

<strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>errichtung <strong>der</strong> Demokratie. Schon vorher dem demokratischen Pr<strong>in</strong>zip gegenüber<br />

skeptisch e<strong>in</strong>gestellt und Hoffnungen auf das +Regime <strong>der</strong> Dreißig* setzend (die aber enttäuscht<br />

wurden), war er nun endgültig von <strong>der</strong> Schädlichkeit <strong>der</strong> Demokratie überzeugt.<br />

In e<strong>in</strong>em se<strong>in</strong>er Hauptwerke, <strong>der</strong> +Apologie*, berichtet Platon von <strong>der</strong> e<strong>in</strong>drucksvollen aber<br />

fehlschlagenden Verteidigung des Sokrates, <strong>der</strong> ungerechtfertigterweise <strong>der</strong> Verführung <strong>der</strong><br />

Jugend beschuldigt und zum Tod durch den +Giftbecher* verurteilt wurde. Im anschließenden<br />

Gespräch mit Kriton, <strong>der</strong> ihm die Flucht ermöglichen will, legt Sokrates die Gründe se<strong>in</strong>er<br />

Annahme des selbst zu vollziehenden Urteils dar. Aus den vorgebrachten Argumenten wird<br />

auch se<strong>in</strong>e politische Auffassung deutlich. Sokrates identifiziert den Staat, die Polis und damit<br />

die politische Ordnung mit dem Gesetzlichen. Auch wenn e<strong>in</strong> Urteil im E<strong>in</strong>zelfall ungerecht<br />

ersche<strong>in</strong>en mag, so wäre doch die H<strong>in</strong>wegsetzung über das Gesetz e<strong>in</strong> noch größeres Unrecht<br />

und würde +dem ganzen Staat den Untergang […] bereiten* (Kriton; S. 287 [50b]). 12<br />

Da aber die gesetzliche Ordnung offensichtlich nicht e<strong>in</strong>mal geeignet ist, den Gerechten vor<br />

13<br />

Unrecht zu bewahren, entwirft Platon <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Schrift vom Staat, <strong>der</strong> +Politeia*, die Utopie<br />

e<strong>in</strong>er idealen Polis, die weniger vom +Geist <strong>der</strong> Gesetze* <strong>in</strong>spiriert ist, als auf den Mut, die<br />

Mäßigung und vor allem die Weisheit <strong>der</strong> sie konstituierenden Personen baut. Nicht zufällig<br />

beg<strong>in</strong>nt <strong>der</strong> Text mit <strong>der</strong> Erörterung <strong>der</strong> Frage nach <strong>der</strong> Gerechtigkeit. Denn <strong>Politik</strong> ist für<br />

Platon untrennbar mit dem Problem <strong>der</strong> Gerechtigkeit verbunden. Gerechtigkeit wie<strong>der</strong>um<br />

ist <strong>der</strong> Ausdruck <strong>der</strong> Weisheit und des Guten schlechth<strong>in</strong>. Nur wer gerecht lebt, kann e<strong>in</strong><br />

gutes Leben führen und Glückseligkeit (eudaimonia) erlangen: +Der Gerechte ist glückselig<br />

und <strong>der</strong> Ungerechte elend* (S. 103 [354a]), so se<strong>in</strong>e durch den Mund des Sokrates dargelegte

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!