Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal
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LXXX POLITIK IN DER (POST-)MODERNE Mechanismen der +Ablenkung* bewußt werden, der politische Rückgriff auf abstützende Rechts- verfahren, wissenschaftliche +Neutralität* sowie die Macht der Medien (öffentlich) +reflektiert* wird und so Entfremdungsprozesse und ein zumindest partieller Legitimitätsentzug drohen, kann es zu einer Hinterfragung der herkömmlichen Logik der Politik kommen. Die hier nur stark verkürzt wiedergegebenen Antinomien der +klassischen* Politik in der globalen Risikogesellschaft werden von mir deshalb im dritten Kapitel in einem umfassenden Komplex von fünf Dilemmata dargestellt: Es handelt sich um das ökonomische Dilemma des nationalen Wohlfahrtsstaates (Abschnitt 3.1), das sich aus der +Entmachtung* der Politik durch die Dominanz der globalen Marktprozesse ergibt, das institutionell-rechtliche Dilemma (Abschnitt 3.2), welches sich aus der in eine +institutionelle Starre* mündenden Dialektik von Politisierung und Ver- rechtlichung speist, das technologisch-wissenschaftliche Dilemma (Abschnitt 3.3), das auf der Risikodimension von Technologien und der generellen Delegitimierung der wissenschaftlichen Vernunft beruht, das Dilemma von Präsentation und Repräsentation (Abschnitt 3.4), das aus den selbstbeschränkenden Adaptionsversuchen der Politik an die Mediensemantik erwächst, und um das politische Dilemma der Individualisierung (Abschnitt 3.5), das dem Verlust von gemeinsamen Codes und Symbolwelten geschuldet ist. Diese fünf Dilemmata sollen im vierten Kapitel anhand des Fallbeispiels der Rinderseuche +BSE* veranschaulicht werden. Auch wenn der in Großbritannien 1986 erstmals +offiziell* in Erscheinung getretene +Rinderwahnsinn* vielleicht nicht in wirklich allen Feldern ein passendes Beispiel abgibt, so lassen sich mittels der fallbezogenen Thematisierung der aktuellen Wider- sprüche der Politik doch einige Punkte, die zuvor nur theoretisch abgehandelt wurden, +dingfest* und plastisch machen. Insbesondere das Zusammenspiel von Wissenschaft, Medien und Politik und seine Problematik kann mittels dieses Fallbeispiels eindrücklich verdeutlicht werden (Abschnitt 4.3 und 4.4). Daneben lassen sich aber auch eine Reihe von ökonomischen (Abschnitt 4.1), rechtlichen (Abschnitt 4.2) und kulturell-sozialstrukturellen Aspekten (Abschnitt 4.5) des (politischen) BSE-Dramas aufzeigen. Das fünfte Kapitel wird die konkrete Ebene dann wieder verlassen und – auf der Grundlage der nunmehr verdichteten Erkenntnisse – eine (meta)theoretischen Betrachtung anstellen. Noch einmal wird dabei der in dieser Einleitung nur oberflächlich untersuchte Prozeß der Modernisierung ins Blickfeld geraten, aus dessen Widersprüchen sich meiner Meinung nach die Antinomien und Dilemmata der +Politik in der (Post-)Moderne* ableiten lassen (Abschnitt
ENTRÉE DISCURSIVE: POSTMODERNE – ENDE ODER VOLLENDUNG DER MODERNE? LXXXI 5.1). Der +Ursprung* der Bewegung der Moderne, ihre treibende Kraft, wird dabei von mir in der Angst verortet werden – einer ambivalenten Angst allerdings, die sich aus dem gleich- zeitigen Verlangen nach Freiheit und Sicherheit speist. Aus diesem angstvollen Ursprung werden besonders die gewaltvollen Erscheinung der Moderne verständlich, deren ordnende Rationalität nur eine Fluchtbewegung vor der (eigenen) Ambivalenz ist (Abschnitt 5.1.1). Mit ihrem Ordnungs- streben bringt die Moderne aber auch ungewollt immer neue Ambivalenzen hervor. Sie bewirkt damit ihre eigene Hinterfragung, macht sich selbst zu einem Gegenstand, wird reflexiv (Abschnitt 5.1.2). Diese Reflexivität der Moderne hat auch Auswirkungen auf die Sphäre der Politik (Abschnitt 5.2). Denn mit ihr werden die ordnenden Trennungen und Abgrenzungen des Systems eingerissen. Politik wird wieder mit ihrem sozialen Kontext verbunden, und es kommt zu einer untergründigen Politisierung des Sozialen durch subpolitische +Mikroagenten*. Subpolitik, also die Politik +unterhalb* der Ebene des politischen Systems, ist in diesem Sinn Metapolitik (Abschnitt 5.2.1). Andererseits besteht auch die Möglichkeit, daß diese untergründige Politisierung oberflächlich bleibt, sich auf Einzelfragestellungen beschränkt und sich in lokalen Aktionen verzettelt. Dann wäre Subpolitik allerdings eher Nicht-Politik als die +Nichtung* der Trennung von Politik und Gesellschaft (Abschnitt 5.2.2). Die hier angesprochene mögliche Tendenz einer (fragmentisierenden) Selbstbeschränkung der Subpolitik ist eine Sache. Aber Subpolitisierungsprozesse werden auch aktiv +eingedämmt*, d.h. die durch sie gegebene reflexive Herausforderung wird von der institutionellen Politik bewußt abzulenken versucht (wie die Kapitel 2 bis 4 – teils eher deskriptiv, teils proble- matisierend, teils eher abstrakt, teils konkret – deutlich zeigen werden). Die dazu eingesetzten Mittel wirken auf zwei Ebenen: Ideologien bilden den abstützenden, verinnerlichten ideellen Überbau, und Praxologien, also ablenkende, protestabsorbierende Verfahren und Rituale, bilden den praktischen Unterbau der versuchten Deflexion (Abschnitt 5.3). Die vielleicht wichtigste Ideologie in diesem Zusammenhang ist die funktionalistische Ideologie der Trennung der (Sub-)Systeme (Abschnitt 5.3.1), denn sie hilft das gegenseitig stabilisierende Zusammenspiel zu verschleiern und unterstützt so wirksam die zentralen Praxologien der Übersetzung und der rituellen Integration (Abschnitt 5.3.2). Indem das Subsystem Politik sich aber auf dieses +Spiel* einläßt (damit Subpolitik ihre potentielle Sprengkraft verliert) kommt es zwangsläufig zu einem Verlust an politischen Gehalten. Wir haben es also mit einer doppelt entpolitisierenden Dialektik von Reflexion und Deflexion zu tun (Abschnitt 5.4).
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LXXX POLITIK IN DER (POST-)MODERNE<br />
Mechanismen <strong>der</strong> +Ablenkung* bewußt werden, <strong>der</strong> politische Rückgriff auf abstützende Rechts-<br />
verfahren, wissenschaftliche +Neutralität* sowie die Macht <strong>der</strong> Medien (öffentlich) +reflektiert*<br />
wird und so Entfremdungsprozesse und e<strong>in</strong> zum<strong>in</strong>dest partieller Legitimitätsentzug drohen,<br />
kann es zu e<strong>in</strong>er H<strong>in</strong>terfragung <strong>der</strong> herkömmlichen Logik <strong>der</strong> <strong>Politik</strong> kommen.<br />
Die hier nur stark verkürzt wie<strong>der</strong>gegebenen Ant<strong>in</strong>omien <strong>der</strong> +klassischen* <strong>Politik</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> globalen<br />
Risikogesellschaft werden von mir deshalb im dritten Kapitel <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em umfassenden Komplex<br />
von fünf Dilemmata dargestellt: Es handelt sich um das ökonomische Dilemma des nationalen<br />
Wohlfahrtsstaates (Abschnitt 3.1), das sich aus <strong>der</strong> +Entmachtung* <strong>der</strong> <strong>Politik</strong> durch die Dom<strong>in</strong>anz<br />
<strong>der</strong> globalen Marktprozesse ergibt, das <strong>in</strong>stitutionell-rechtliche Dilemma (Abschnitt 3.2), welches<br />
sich aus <strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e +<strong>in</strong>stitutionelle Starre* mündenden Dialektik von Politisierung und Ver-<br />
rechtlichung speist, das technologisch-wissenschaftliche Dilemma (Abschnitt 3.3), das auf<br />
<strong>der</strong> Risikodimension von Technologien und <strong>der</strong> generellen Delegitimierung <strong>der</strong> wissenschaftlichen<br />
Vernunft beruht, das Dilemma von Präsentation und Repräsentation (Abschnitt 3.4), das aus<br />
den selbstbeschränkenden Adaptionsversuchen <strong>der</strong> <strong>Politik</strong> an die Mediensemantik erwächst,<br />
und um das politische Dilemma <strong>der</strong> Individualisierung (Abschnitt 3.5), das dem Verlust von<br />
geme<strong>in</strong>samen Codes und Symbolwelten geschuldet ist.<br />
Diese fünf Dilemmata sollen im vierten Kapitel anhand des Fallbeispiels <strong>der</strong> R<strong>in</strong><strong>der</strong>seuche<br />
+BSE* veranschaulicht werden. Auch wenn <strong>der</strong> <strong>in</strong> Großbritannien 1986 erstmals +offiziell*<br />
<strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung getretene +R<strong>in</strong><strong>der</strong>wahns<strong>in</strong>n* vielleicht nicht <strong>in</strong> wirklich allen Fel<strong>der</strong>n e<strong>in</strong> passendes<br />
Beispiel abgibt, so lassen sich mittels <strong>der</strong> fallbezogenen Thematisierung <strong>der</strong> aktuellen Wi<strong>der</strong>-<br />
sprüche <strong>der</strong> <strong>Politik</strong> doch e<strong>in</strong>ige Punkte, die zuvor nur theoretisch abgehandelt wurden, +d<strong>in</strong>gfest*<br />
und plastisch machen. Insbeson<strong>der</strong>e das Zusammenspiel von Wissenschaft, Medien und <strong>Politik</strong><br />
und se<strong>in</strong>e Problematik kann mittels dieses Fallbeispiels e<strong>in</strong>drücklich verdeutlicht werden<br />
(Abschnitt 4.3 und 4.4). Daneben lassen sich aber auch e<strong>in</strong>e Reihe von ökonomischen (Abschnitt<br />
4.1), rechtlichen (Abschnitt 4.2) und kulturell-sozialstrukturellen Aspekten (Abschnitt 4.5) des<br />
(politischen) BSE-Dramas aufzeigen.<br />
Das fünfte Kapitel wird die konkrete Ebene dann wie<strong>der</strong> verlassen und – auf <strong>der</strong> Grundlage<br />
<strong>der</strong> nunmehr verdichteten Erkenntnisse – e<strong>in</strong>e (meta)theoretischen Betrachtung anstellen.<br />
Noch e<strong>in</strong>mal wird dabei <strong>der</strong> <strong>in</strong> dieser E<strong>in</strong>leitung nur oberflächlich untersuchte Prozeß <strong>der</strong><br />
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