Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal
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LXXVIII POLITIK IN DER (POST-)MODERNE enthalten. Deshalb die von mir im Titel gesetzten Klammern, die eine strenge Trennungslinie zwischen Moderne und Postmoderne gar nicht erst ins Blickfeld rücken lassen und doch klar machen, daß eine einfache, ungebrochene Modernität nicht mehr gegeben ist. Am Ende dieses (in der Tat +diskursiven*, ausschweifenden) Prologs, in dem eine Antwort darauf gefunden werden sollte, ob Postmoderne das Ende oder die Vollendung der Moderne darstellt, hat sich also gezeigt, daß bereits diese Ausgangsfrage (bewußt) falsch gestellt war. ZUGESTÄNDNIS AN DIE +MODERNE*: FAHRPLAN UND PROJEKT DIESER ARBEIT In dieser Arbeit geht es aber natürlich ohnehin nicht primär um solche Begriffsfragen, sondern im Zentrum meiner Untersuchung werden das bisher weitgehend aus der Betrachtung aus- geklammerte Feld der Politik und deren +objektive* Widersprüchlichkeiten in einer Gegenwart stehen, die – wie ich bereits eingangs bemerkte – immer häufiger mit dem Etikett +Postmoderne* versehen wird. Was nun dieses Feld des Politischen im Wechsel der Geschichte praktisch und begrifflich-theoretisch umfaßte, darum soll es (allerdings konzentriert auf die dominanten Strömungen) im folgenden ersten Kapitel gehen. Dabei wird klar werden, daß der Horizont gerade des +postmodernen* Politikverständnisses (neben einem gesteigerten Bewußtsein für Kontingenz) durch das +Recycling* eines extensiven, das heißt nicht auf das politische System beschränkten Politikbegriffs gekennzeichnet ist (Abschnitt 1.5). Diese Diffusion der (typisch neuzeitlichen) Trennung der Sphären Politik und Gesellschaft mit ihrer gleichzeitigen Fixierung auf das Modell des Nationalstaat und das eingespielte Rechts- Links-Schema (Abschnitt 1.2 bis 1.4) ist jedoch – wo es sich um die Artikulation einer +authen- tischen Postmoderne* handelt, also ein transformatives, auch neue Elemente beinhaltendes Recycling stattfindet – nicht einfach der Ausdruck des Wunschs nach einer Rückkehr zu +sozial eingebetteten* antiken und mittelalterlichen Politikkonzepten (Abschnitt 1.1). Der erwei- terte Politikbegriff (in) der Postmoderne stellt vielmehr die Reflexion struktureller Transformationen dar, die gegenwärtig in den verschiedenen sozialen Teilbereichen stattfinden und zu einer (theoretischen wie praktischen) Rahmenerweiterung gewissermaßen +zwingen*. Mit diesen strukturellen Transformationsprozessen wird sich das zweite Kapitel näher beschäf- tigen. Im Kontext einer +Ökologie der Politik* (also einer Betrachtung der für die Politik, das politische System relevanten +Umwelt*) soll klargemacht werden, daß wir es aktuell mit einer
ENTRÉE DISCURSIVE: POSTMODERNE – ENDE ODER VOLLENDUNG DER MODERNE? LXXIX paradoxen Dialektik von sozio-ökonomischem Wandel und politischer Statik zu tun haben, die die Imagination neuer Formen und Praktiken der Politik herausfordert. Allerdings sind die Wandlungsimpulse, wie die konkrete Analyse zeigen wird, nicht in allen Bereichen gleich stark: Während im ökonomischen Bereich (Abschnitt 2.1) und im Bereich der Kultur und Sozialstruktur (Abschnitt 2.5) ausgeprägte Veränderungen stattfanden und stattfinden, die keine adäquaten Entsprechungen im System der Politik haben, so können im Bereich des Rechts (Abschnitt 2.2), aufgrund der engen strukturellen Kopplung mit der Politik, eher ko- evolutive Prozesse ausgemacht werden, so daß eine gleichzeitige, sich gegenseitig stabilisierende Politisierung des Rechts und Verrechtlichung der Politik erfolgt. Eher ambivalent ist das Bild dagegen, was Wissenschaft und Technik (Abschnitt 2.3) sowie das Öffentlichkeits- und Mediensystem (Abschnitt 2.4) betrifft. Zwar fordert die wissenschaftlich- technische Entwicklung mit ihren industriell umgesetzten technologischen Innovationen (und deren +Nebenfolgen*) die Politik zunehmend heraus, zwingt diese, sich den daraus resultierenden (Umwelt-)Problemen zu stellen. Doch halten Wissenschaft und Technik gleichzeitig Ressourcen für die Politik bereit, diese +Reflexivität* abzulenken. So werden von der Wissenschaft (im Verbund mit der Industrie) immer neue Verfahren entwickelt, um die technikerzeugten Probleme (wiederum mit Technik) zu beheben, und Wissenschaft dient schließlich darüber hinaus nicht nur der technologischen Innovation, sondern kann auch (z.B. durch +politikkonforme* Expertisen) zur Rechtfertigung von politischen Entscheidungen +benutzt* werden. Was das Mediensystem betrifft, so ist in vielen Fällen eine +Symbiose* von Medienvertretern und Politikern zu beobach- ten, die schließlich aufeinander angewiesen sind. Doch die Medien decken gelegentlich auch politische Skandale auf und hinterfragen so indirekt das System Politik. Zudem wird durch die aufkommenden neuen, interaktiven wie +individualisierten* Medien und dem damit verbundenen (neuerlichen) Strukturwandel der Öffentlichkeit die politische (Medien-)Insze- nierung, die ein Massenpublikum voraussetzt, immer schwieriger. Für die institutionalisierte Politik führt dieser vielschichtige Transformationsprozeß, wie sich in diesen Bemerkungen bereits andeutete, in eine schwierige Lage. Doch nicht nur dort, wo die Wandlungen besonders rasant und weitreichend sind (also in der Wirtschaftsphäre sowie im Bereich der Kultur und Sozialstruktur), sieht sich Politik mit einer für sie widersprüchlichen Situation konfrontiert. Auch in Bereichen, wo +deflexive* (d.h. ablenkende) Ko-Evolutionsprozesse stattfinden, kommt es zu +Untergrabungen* des status quo. Insbesondere dann, wenn die
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LXXVIII POLITIK IN DER (POST-)MODERNE<br />
enthalten. Deshalb die von mir im Titel gesetzten Klammern, die e<strong>in</strong>e strenge Trennungsl<strong>in</strong>ie<br />
zwischen Mo<strong>der</strong>ne und <strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>ne gar nicht erst <strong>in</strong>s Blickfeld rücken lassen und doch klar<br />
machen, daß e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache, ungebrochene Mo<strong>der</strong>nität nicht mehr gegeben ist. Am Ende<br />
dieses (<strong>in</strong> <strong>der</strong> Tat +diskursiven*, ausschweifenden) Prologs, <strong>in</strong> dem e<strong>in</strong>e Antwort darauf gefunden<br />
werden sollte, ob <strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>ne das Ende o<strong>der</strong> die Vollendung <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne darstellt, hat<br />
sich also gezeigt, daß bereits diese Ausgangsfrage (bewußt) falsch gestellt war.<br />
ZUGESTÄNDNIS AN DIE +MODERNE*: FAHRPLAN UND PROJEKT DIESER ARBEIT<br />
In dieser Arbeit geht es aber natürlich ohneh<strong>in</strong> nicht primär um solche Begriffsfragen, son<strong>der</strong>n<br />
im Zentrum me<strong>in</strong>er Untersuchung werden das bisher weitgehend aus <strong>der</strong> Betrachtung aus-<br />
geklammerte Feld <strong>der</strong> <strong>Politik</strong> und <strong>der</strong>en +objektive* Wi<strong>der</strong>sprüchlichkeiten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gegenwart<br />
stehen, die – wie ich bereits e<strong>in</strong>gangs bemerkte – immer häufiger mit dem Etikett +<strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>ne*<br />
versehen wird. Was nun dieses Feld des Politischen im Wechsel <strong>der</strong> Geschichte praktisch<br />
und begrifflich-theoretisch umfaßte, darum soll es (allerd<strong>in</strong>gs konzentriert auf die dom<strong>in</strong>anten<br />
Strömungen) im folgenden ersten Kapitel gehen.<br />
Dabei wird klar werden, daß <strong>der</strong> Horizont gerade des +postmo<strong>der</strong>nen* <strong>Politik</strong>verständnisses<br />
(neben e<strong>in</strong>em gesteigerten Bewußtse<strong>in</strong> für Kont<strong>in</strong>genz) durch das +Recycl<strong>in</strong>g* e<strong>in</strong>es extensiven,<br />
das heißt nicht auf das politische System beschränkten <strong>Politik</strong>begriffs gekennzeichnet ist (Abschnitt<br />
1.5). Diese Diffusion <strong>der</strong> (typisch neuzeitlichen) Trennung <strong>der</strong> Sphären <strong>Politik</strong> und Gesellschaft<br />
mit ihrer gleichzeitigen Fixierung auf das Modell des Nationalstaat und das e<strong>in</strong>gespielte Rechts-<br />
L<strong>in</strong>ks-Schema (Abschnitt 1.2 bis 1.4) ist jedoch – wo es sich um die Artikulation e<strong>in</strong>er +authen-<br />
tischen <strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>ne* handelt, also e<strong>in</strong> transformatives, auch neue Elemente be<strong>in</strong>haltendes<br />
Recycl<strong>in</strong>g stattf<strong>in</strong>det – nicht e<strong>in</strong>fach <strong>der</strong> Ausdruck des Wunschs nach e<strong>in</strong>er Rückkehr zu<br />
+sozial e<strong>in</strong>gebetteten* antiken und mittelalterlichen <strong>Politik</strong>konzepten (Abschnitt 1.1). Der erwei-<br />
terte <strong>Politik</strong>begriff (<strong>in</strong>) <strong>der</strong> <strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>ne stellt vielmehr die Reflexion struktureller Transformationen<br />
dar, die gegenwärtig <strong>in</strong> den verschiedenen sozialen Teilbereichen stattf<strong>in</strong>den und zu e<strong>in</strong>er<br />
(theoretischen wie praktischen) Rahmenerweiterung gewissermaßen +zw<strong>in</strong>gen*.<br />
Mit diesen strukturellen Transformationsprozessen wird sich das zweite Kapitel näher beschäf-<br />
tigen. Im Kontext e<strong>in</strong>er +Ökologie <strong>der</strong> <strong>Politik</strong>* (also e<strong>in</strong>er Betrachtung <strong>der</strong> für die <strong>Politik</strong>, das<br />
politische System relevanten +Umwelt*) soll klargemacht werden, daß wir es aktuell mit e<strong>in</strong>er