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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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A: ANMERKUNGEN 95<br />

<strong>der</strong> Beherrschung <strong>in</strong> Sprache übersetzt: er ist dasjenige, worum und womit man kämpft; er ist die Macht, <strong>der</strong>en man<br />

sich zu bemächtigen sucht.* (Die Ordnung des Diskurses; S. 11) Ganz ähnlich argumentiert übrigens auch Derrida<br />

(vgl. z.B. Grammatologie; S. 16). Er stellt jedoch heraus, daß die unterdrückerische Macht <strong>der</strong> Sprache sich <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

als logozentrischer Diskurs formt, <strong>in</strong> die Schrift (als Symbolisierung des Lauts) ist dagegen immer auch e<strong>in</strong>e grundlegende<br />

Differenz zum Bezeichneten e<strong>in</strong>gelassen, die zurückverfolgt, dekonstruiert werden kann, um <strong>der</strong> Stimme <strong>der</strong> Differenz<br />

(wie<strong>der</strong>) Gehör zu verschaffen (vgl. ebd.; S. 77ff. sowie Die Schrift und die Differenz; S. 21ff.).<br />

131. Auch die an<strong>der</strong>en Deflexionsmodi weisen allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>en Öffentlichkeitsbezug auf.<br />

132. +Bezeichnen<strong>der</strong>weise* hat das (Neu-)Hochdeutsche sich aus den frühneuzeitlichen Kanzleisprachen, die im<br />

wesentlichen Schriftsprachen waren, heraus entwickelt (vgl. z.B. König: dtv-Atlas zur deutschen Sprache; S. 91).<br />

133. Der mögliche Beitrag dieser theoretischen und vermutlich auf e<strong>in</strong> sehr begrenztes Publikum beschränkten Arbeit,<br />

sollte allerd<strong>in</strong>gs auch nicht überschätzt werden.<br />

134. Meyer stellt demantsprechend, ähnlich wie Willke (siehe S. 402), die Tragik <strong>der</strong> aktuellen Situation für die <strong>Politik</strong><br />

heraus: +Das Dilemma <strong>der</strong> <strong>Politik</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne sche<strong>in</strong>t perfekt. Es öffnet <strong>in</strong> <strong>der</strong> Konsequenz se<strong>in</strong>er unaufgebbaren<br />

Pr<strong>in</strong>zipien die politische Arena für e<strong>in</strong>e unabschließbare Fülle regelungsbedürftiger Fragen, richtet se<strong>in</strong>en Anspruch<br />

auf diskursive Verständigung, wegen <strong>der</strong> globalen Tendenz <strong>der</strong> Betroffenheit durch dieselben politischen Ursachen<br />

Schritt für Schritt an die Menschheit im ganzen. Gleichzeitig s<strong>in</strong>d ihm die klassischen Auswege – Begrenzung <strong>der</strong><br />

Teilnahme auf die Urteilsfähigen und von <strong>der</strong> Existenzvorsorge Freigestellten sowie die Begrenzung <strong>der</strong> zugelassenen<br />

politischen Fragen – durch se<strong>in</strong> Legitimationsverständnis e<strong>in</strong> für allemal verbaut.* (Die Transformation des Politischen;<br />

S. 224) Daß aber trotz dieser Tragik <strong>der</strong> utopische Anspruch nicht aufgegeben werden muß und e<strong>in</strong> utopischer Bezug<br />

nicht gleichbedeutend mit e<strong>in</strong>er Elim<strong>in</strong>ierung des Differenten zusammenfällt, versuche ich im Rahmen me<strong>in</strong>es Exkurses<br />

zu zeigen.<br />

135. Berühmt ist Zenons Paradoxie <strong>der</strong> Zeit, die sowohl als unendlich und kont<strong>in</strong>uierlich wie auch als endlich und<br />

+gequantelt* vorgestellt werden muß. Denn +ausgehend von e<strong>in</strong>er Vorstellung von Zeit als Folge getrennter Zeitpunkte<br />

würde e<strong>in</strong> abgeschossener Pfeil, wenn man se<strong>in</strong>en Flug <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelne Zeitpunkte zerlegt, <strong>in</strong> jedem <strong>der</strong> Punkte feststehen<br />

und sich somit auch <strong>in</strong>sgesamt nicht bewegen. Nimmt man Zeit aber als e<strong>in</strong> unendl. Kont<strong>in</strong>uum an, so ergibt sich<br />

das Paradox, daß z.B. Achill im Wettlauf mit e<strong>in</strong>er Schildkröte, die e<strong>in</strong>em Vorsprung hat, diese niemals überholen<br />

könnte. Wenn Achill die Ausgangsposition <strong>der</strong> Schildkröte erreicht hat, so ist diese selber ja wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Stück<br />

weitergekommen, so daß <strong>der</strong> Abstand zwischen beiden zwar kle<strong>in</strong>er wird, aber immer bestehen bleibt.*<br />

(Kunzmann/Burkhard/Wiedmann: dtv-Atlas zur Philosophie; S. 33)<br />

136. Im Dialog +Parmenides* wird übrigens Zenon, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e se<strong>in</strong>er dialektisch abgefaßten Schriften vorträgt, von Sokrates<br />

attackiert, <strong>der</strong> demgegenüber die +Wahrheit* <strong>der</strong> Ideen <strong>in</strong>s Spiel br<strong>in</strong>gt. Zenons ebenfalls anwesen<strong>der</strong> Lehrer Parmenides<br />

steht ihm jedoch bei und erläutert dem jungen Sokrates anhand des zuvor <strong>in</strong> Zenons Schrift erörterten Problems<br />

des E<strong>in</strong>en und des Vielen die dialektische Methode – die später von Sokrates bzw. Platon mit <strong>der</strong> Ideenlehre verbunden<br />

und dazu benutzt wird, im dialogischen Gespräch (bzw. mittels dialogisch abgefaßter Schriften) die Wahrheit <strong>der</strong><br />

Ideen dialektisch hervorzukehren. An dieses diskursive (idealistische) Dialektikverständnis von Sokrates/Platon schließt<br />

erst Schleiermacher (1768–1834), <strong>der</strong> auch die unten zitierte Platon-Übersetzung verfaßt hat, explizit wie<strong>der</strong> an,<br />

<strong>in</strong>dem er unter Dialektik +die Pr<strong>in</strong>zipien <strong>der</strong> Kunst zu philosophieren* versteht (Dialektik; S. 4), d.h. +mit e<strong>in</strong>em Andren<br />

zugleich [also im Dialog] e<strong>in</strong>e philosophische Konstruktion zu vollziehen* (ebd.; S. 5). Von Schleiermacher führt die<br />

L<strong>in</strong>ie e<strong>in</strong>es diskursiven Verständnisses <strong>der</strong> Dialektik weiter zur Hermeneutik Gadamers und zur Diskurstheorie von<br />

Habermas.<br />

137. Auf spätantike und mittelalterliche Dialektikkonzeptionen möchte ich nicht e<strong>in</strong>gehen, da sie für die neuzeitliche<br />

Weiterführung des dialektischen Denkens kaum e<strong>in</strong>e Rolle spielen. Und auch die von Aristoteles zu Kant führende<br />

L<strong>in</strong>ie kann, obwohl Hegel sich <strong>in</strong>tensiv mit Kant ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzte und teilweise auch auf diesem aufbaute (vgl. Röttges:<br />

Zur Entstehung und Wirkung des kantischen Begriffs <strong>der</strong> Dialektik), nur <strong>in</strong> groben Strichen nachgezogen werden – weil<br />

hier erstens <strong>der</strong> Raum für e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tensive Diskussion fehlt und mir zweitens, zur Verdeutlichung me<strong>in</strong>er eigenen<br />

Auffassungen, e<strong>in</strong>e Konzentration auf die primär an Hegels Konzept anschließenden Ansätze am s<strong>in</strong>nvollsten ersche<strong>in</strong>t.<br />

E<strong>in</strong>ige kurze Bemerkungen zur L<strong>in</strong>ie Aristoteles–Kant möchte ich jedoch trotzdem machen:<br />

Für Aristoteles (384–324 v. Chr.) bedeutet die dialektische Vorgehenweise e<strong>in</strong> Schließen aus wahrsche<strong>in</strong>lichen Sätzen,<br />

d.h. Sätzen, +die allen o<strong>der</strong> den meisten o<strong>der</strong> den Klugen so [d.h. wahr] ersche<strong>in</strong>en* (Oragnon; Band 1: Topik I,1<br />

[100a]). Kant (1724–1804) schließt im Rahmen se<strong>in</strong>er +Kritik <strong>der</strong> re<strong>in</strong>en Vernunft* (1781) an diese +negative* Auffassung

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