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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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A: ANMERKUNGEN 89<br />

68. Unter <strong>der</strong> +Dualität von Struktur* versteht Giddens – wie schon an an<strong>der</strong>er Stelle kurz erläutert (siehe Anmerkung<br />

153, Kapitel 2) –, daß +Struktur [gleichzeitig] als Medium und Resultat des Verhaltens […] [aufzufassen ist]; die Strukturmomente<br />

sozialer Systeme existieren nicht außerhalb des Handelns, vielmehr s<strong>in</strong>d sie fortwährend <strong>in</strong> dessen Produktion<br />

und Reproduktion e<strong>in</strong>bezogen.* (Die Konstitution <strong>der</strong> Gesellschaft; S. 430 [Glossar]). Deshalb darf +Struktur nicht<br />

mit Zwang gleichgesetzt werden: sie schränkt Handeln nicht nur e<strong>in</strong>, son<strong>der</strong>n ermöglicht es auch* (ebd.; S. 77).<br />

69. Ich möchte <strong>in</strong> diesem Zusammenhang auch nochmals auf Heideggers bereits dargelegte Thesen <strong>in</strong> +Die Technik<br />

und die Kehre* (1962) verweisen (siehe Abschnitt 3.3).<br />

70. Die Argumentationsfigur <strong>der</strong> +Solidarität <strong>der</strong> Angst* hat schon <strong>in</strong> <strong>der</strong> +Risikogesellschaft* (1986) nur e<strong>in</strong>e eher marg<strong>in</strong>ale<br />

Stellung und wird <strong>in</strong> späteren Veröffentlichungen auch nicht ausgebaut. Allerd<strong>in</strong>gs gibt es noch unveröffentlichte<br />

neuere Überlegungen Becks im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Frage nach <strong>der</strong> Möglichkeit e<strong>in</strong>er transnationaler Vergeme<strong>in</strong>schaftung,<br />

die auf <strong>der</strong> Gedankenfigur <strong>der</strong> Solidarität <strong>der</strong> Angst aufsetzen. Hier wird nur e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er Angstbegriff<br />

als bei Heidegger o<strong>der</strong> Sartre zugrunde gelegt. Angst ist für Beck ke<strong>in</strong> Existential, son<strong>der</strong>n die Reaktion auf wahrgenommene<br />

(und somit eventuell auch nur sozial konstruierte) Risiken. Und jedes Risiko wird schließlich erst dadurch zum Risiko,<br />

daß e<strong>in</strong> Positives – also <strong>der</strong> +Wert* des eigenen und kollektiven Überlebens, <strong>der</strong> Artenvielfalt o<strong>der</strong> auch <strong>der</strong> sozialen<br />

Gleichheit etc. – als bedroht erkannt wird.<br />

71. +Wirkliche* Solidarität (d.h. e<strong>in</strong>e Solidarität <strong>der</strong> Solidarität) würde also eher <strong>in</strong> +sympathischer* Empathie bzw.<br />

<strong>in</strong> dem das <strong>in</strong>dividuelle Abgrenzungs- und Selbstbehauptungsbestreben dialektisch ergänzenden Entgrenzungsverlangen<br />

fußen (siehe auch Schlußexkurs).<br />

72. Lei<strong>der</strong> wird das +objektive* Moment <strong>in</strong> den neueren Formulierungen se<strong>in</strong>er Theorie wie<strong>der</strong> zurückgenommen.<br />

So heißt es <strong>in</strong> Becks Hauptbeitrag <strong>in</strong> dem zusammen mit Giddens und Lash herausgegebenen Sammelband +Reflexive<br />

Mo<strong>der</strong>nisierung* (1996): +Es geht nicht nur um externe Nebenfolgen, son<strong>der</strong>n um <strong>in</strong>terne Nebenfolgen <strong>der</strong> Nebenfolgen<br />

<strong>in</strong>dustriegesellschaftlicher Mo<strong>der</strong>nisierung. Es geht, beispielhaft gesprochen, gar nicht um den ›R<strong>in</strong><strong>der</strong>wahns<strong>in</strong>n‹ als<br />

solchen, was er Tieren und Menschen antut, son<strong>der</strong>n darum, welche Akteure, Verantwortlichkeiten, Märkte etc.<br />

dadurch ›elektrisiert‹, <strong>in</strong> Frage gestellt werden […]* (Das Zeitalter <strong>der</strong> Nebenfolgen und die Politisierung <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne;<br />

S. 27) Und <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em auf Giddens und Lash Bezug nehmenden Diskussions-Text erläutert Beck: +Die Gedankenfigur<br />

›Nebenfolgen‹ steht […] letztlich nicht <strong>in</strong> Wi<strong>der</strong>spruch zum Wissensverständnis reflexiver Mo<strong>der</strong>nisierung, son<strong>der</strong>n<br />

eröffnet e<strong>in</strong> erweitertes, komplexes Szenario, <strong>in</strong> dem es nicht nur um verschiedene Formen und Konstruktionen des<br />

Wissens, son<strong>der</strong>n auch des Nicht-Wissens geht.* (Wissen o<strong>der</strong> Nicht-Wissen?; S. 290) Trotzdem kann aber me<strong>in</strong>es<br />

Erachtens <strong>in</strong> <strong>der</strong> Berücksichtigung des objektiven Moments <strong>der</strong> Nebenfolgen <strong>der</strong> wichtigste Unterschied von Becks<br />

reflexiver Techniksoziologie zu Heideggers Konzept <strong>der</strong> +Kehre* gesehen werden, auf <strong>der</strong>en Ähnlichkeit ich <strong>in</strong> Abschnitt<br />

3.3 verwiesen habe.<br />

73. Den auf Angst gegründeten Charakter speziell des Kapitalismus stellt Dieter Duhm heraus, <strong>in</strong>dem er auf die kapitalistischen<br />

Herrschaftsverhältnisse, den Warencharakter <strong>der</strong> menschlichen Beziehungen, die Entfremdung sowie das<br />

Leistungs- und Konkurrenzpr<strong>in</strong>zip als Angstauslöser verweist (vgl. Angst im Kapitalismus; <strong>in</strong>sb. Kap. 3). Duhm zeichnet<br />

hier freilich ke<strong>in</strong> sehr differenziertes Bild. Dazu vermag schon eher <strong>der</strong> von He<strong>in</strong>z Wiesbrock herausgegebene Sammelband<br />

+Die politische und gesellschaftliche Rolle <strong>der</strong> Angst* (1967) zu verhelfen. Dort f<strong>in</strong>det sich auch e<strong>in</strong> Beitrag, <strong>der</strong> auf<br />

den zum<strong>in</strong>dest partiell +ideologischen* Charakter <strong>der</strong> Angst verweist, d.h. es gibt Angstzustände, die stark von<br />

(zeitspezifischen) kulturellen Vorstellungen geprägt s<strong>in</strong>d – und zu dieser +ideologischen Angst* gehört nach dem Verfasser<br />

eben auch das Freudsche +Unbehagen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Kultur* (vgl. Kle<strong>in</strong><strong>in</strong>g: Angst als Ideologie).<br />

74. Die theoretische Figur <strong>der</strong> Gegenmo<strong>der</strong>ne stellt bei Beck allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong> zur Deflexion analoges dialektisches<br />

Gegenmoment zur reflexiven Mo<strong>der</strong>nisierung dar. Sie ist zwar e<strong>in</strong>erseits e<strong>in</strong> Produkt (und damit <strong>in</strong>tegrales Element)<br />

<strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne, doch wi<strong>der</strong>spricht sie ihr gleichzeitig und stellt so gewissermaßen e<strong>in</strong>en (mo<strong>der</strong>n überformten) Rückfall<br />

<strong>in</strong> die Vormo<strong>der</strong>ne dar (vgl. Die Erf<strong>in</strong>dung des Politischen; S. 100ff.). Deflexion me<strong>in</strong>t demgegenüber gerade e<strong>in</strong> Beharren<br />

auf dem l<strong>in</strong>earen Fortgang <strong>der</strong> bisherigen Entwicklung <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne.<br />

75. In diesem sich daraus ergebenden paradoxen Zwang zur gleichzeitigen Fortsetzung und Umkehrung <strong>der</strong> Bewegung<br />

<strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne liegt e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> wesentlichen Ant<strong>in</strong>omien <strong>der</strong> +<strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>ne*, auf die auch Bauman h<strong>in</strong>gewiesen hat,<br />

<strong>in</strong>dem er bemerkt: +Es gibt ke<strong>in</strong>en sauberen Bruch o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e unzweideutige Abfolge. Die <strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>ne ist [ihrem<br />

Wesen nach] zur Ausschließung unfähig. Nachdem sie die Grenzen ausgegrenzt hat, muß sie zwangsläufig die Mo<strong>der</strong>ne<br />

[mit ihrem Trennungsbestreben] <strong>in</strong> genau die Diversivität e<strong>in</strong>schließen und e<strong>in</strong>verleiben, die ihr unterscheidendes<br />

Merkmal ist.* (Mo<strong>der</strong>ne und Ambivalenz; S. 311) Deshalb ist die +Liberalität* <strong>der</strong> <strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>ne ständig durch die

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