Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal
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58 POLITIK IN DER (POST-)MODERNE 222. In Anlehnung an Lazarsfeld, Berelson und Gaudet (vgl. Wahlen und Wähler; S. 160–164) wird häufig auch darauf hingewiesen, daß Menschen sich nur solchen politischen Medieninhalten zuwenden, die ihre bereits bestehenden Meinungen verstärken (Konsonanz-Hypothese). Wolfgang Donsbach konnte hingegen durch empirische Studien zeigen, daß dies (1) in bezug auf Zeitungsberichte kaum eine Rolle spielt, da +bei der Mehrzahl der angebotenen Artikel Konsonanz oder Dissonanz gar nicht in Betracht kommt, weil der Leser zu diesen Informationen noch gar keine Einstellung besitzt. (2) Wird die Wirkung kognitiver Dissonanz bzw. Konsonanz durch mehrere Faktoren modifiziert bzw. ausgeschaltet.* (Medien und Politik – Ein internationaler Vergleich; S. 30). Nur bei positiven Meldungen kommen Konsonanz-Mechanismen zum Tragen, nicht hingegen bei negativen Berichten. Und auch die Plazierung entscheidet ganz wesentlich darüber, ob ein Artikel wahrgenommen wird oder nicht. Was den internationalen Vergleich betrifft, so läßt sich sagen, daß der Medieneinfluß auf die Politik durch Agenda-Setting in den USA größer zu sein scheint als in den anderen westlichen Demokratien, was durch das dortige Wahlsystem und ein anderes Selbstverständnis der Journalisten (eher als Enthüller, denn als neutrale Berichterstatter) erklärt werden kann (vgl. ebd.; S. 34ff). 223. Schulz weist im Rahmen seiner (mittlerweile nicht mehr ganz aktuellen) empirischen Untersuchung als einer der ersten aus konstruktivistischer Perspektive darauf hin, daß es bei der Analyse von Nachrichten nicht darum gehen kann, das Bild, das in den Nachrichten erzeugt wird, mit +Realität* zu vergleichen und auf dieser Grundlage zu beurteilen, sondern daß es vielmehr – wegen der Unmöglichkeit der Erkenntnis von Realität – darauf ankommt, zu zeigen, welche Nachrichtenfaktoren für das selektive Bild verantwortlich sind, das Medien notwendig zeichnen, um so zu verstehen, warum welche Wirklichkeit in den Nachrichten konstruiert wird. Er greift dabei (neben Whites Gatekeeper-Theorie, die die Journalisten als +Torwächter* über das Berichtete begreift) auch auf Lippmann zurück, der schon 1922 darauf hinwies, daß eine Differenz zwischen Nachricht und Wahrheit besteht (vgl. Die öffentliche Meinung; S. 243ff.) und daß selbst im +authentischen* Augenzeugenbericht eine Verzerrung der Ereignisse aufgrund von gebildeten Stereotypen und (Eigen-)Interessen etc. erfolgt. +Was er [der Beobachter] für seinen Bericht von einem Ereignis hält, ist zumeist in Wirklichkeit dessen Umwandlung […] Ein Bericht ist das verbindende Produkt von Kenner und Bekanntem, wobei der Beobachter stets eine Auswahl trifft und gewöhnlich schöpferisch tätig ist.* (Ebd.; S. 61) Die neuere Debatte zur Problematik von Konstruktivismus und Realismus in der Kommunikationswissenschaft wird in dem von Günther Bentele und Manfred Rühl herausgegebenen Band +Theorien öffentlicher Kommunikation* (1993) aufgearbeitet. 224. Vgl. zur Problematik der Kriegspropaganda und zum Zusammenhang von +Medien, Krieg und Politik* insbesondere Beham: Kriegstrommeln. 225. Vgl. z.B. Dialektik der Aufklärung (Kapitel über +Kulturindustrie, Aufklärung und Massenbetrug*). 226. Stober spricht, +sofern die Nutzer, Leser und Hörer keine nennenswerten Alternativen […] zur Verfügung haben*, zusätzlich noch von einer +Monopolgewalt* (Medien als vierte Gewalt; S. 29). Wäre kein Monopol in diesem Sinn gegeben, so wären aber auch die drei anderen genannten Gewalten nicht gegeben oder wirkungslos, so daß sich die Rede von der informativen Monopolgewalt der Medien meiner Meinung nach erübrigt bzw. tautologisch ist. 227. Der Begriff des Medien-Formats geht auf David Altheide und Robert Snow zurück. In ihrem Artikel +Toward a Theorie of Mediation* (1988) definieren sie: +The way media appear, or their essential form, provides a kind of intelligence and interpretation to specific points of information, or content, that they present. We refer to the nature of this appearance as format […]* (S. 198f.) 228. Im Zusammenhang mit der +Videomalaise*-Hypothese ist die Ansicht geäußert worden, daß die entpolitisierte Darstellung in den Medien, insbesondere im Fernsehen, die Entfremdung von politischen (Sach-)Fragen fördere (vgl. hierzu z.B. die bereits zitierten Ausführungen von Marcinkowski oder auch Meyer: Die Transformation des Politischen; S. 148ff.). Christa Holz-Bacher kommt allerdings aufgrund neuerer empirischer Daten zur Einschätzung, daß es – zumindest für die Bundesrepublik – +keinen Anlaß gibt, zu behaupten, die Darstellung von Politik in den Medien fördere Politikverdrossenheit. Vielmehr zeigt sich immer wieder die positive Beziehung zwischen dem Konsum politisch informierender Medienangebote und niedriger Entfremdung [gegenüber der Politik]* (Massenmedien und Politikvermittlung; S. 190). Es muß dabei jedoch auch auf den von Elisabeth Noelle-Neumann geltend gemachten Einwand hingewiesen werden, daß nur Fernsehkonsum in Kombination mit Zeitungslektüre tatsächlich ein +positives* (sachorientiertes) Politikinteresse bewirkt, während die alleinige Nutzung des Fernsehens als informationsmedium eher ein bloßes Interesse am Unterhaltungswert des Politischen hervorzurufen scheint (vgl. Warum die Zeitung überleben wird; S. 94ff.). 229. Meyer, der Sarcinelli vorwirft, mit seinem Hinweis auf die Notwendigkeit der +Symbolisierung* von Politik in einer (über)komplexen Gesellschaft, eine zynische Haltung einzunehmen (vgl. Inszenierung des Scheins; S. 149ff.),
A: ANMERKUNGEN 59 hat in diesem Zusammenhang u.a. das Beispiel der Stürmung der Mosche von Ayodhya (Indien) durch radikale Hindus zur Illustration herangezogen (vgl. ebd.; S. 157–168). In einer eigenen Arbeit habe ich mich im Kontext der Darstellung der historischen Genese und Entwicklung des Hindu-Nationalismus selbst eingehend mit diesem Fall befaßt (vgl. Shivas Tanz auf dem Vulkan). 230. Eine (genauer differenzierende und an Beispielen belegte) Übersicht über Formen politischer Inszenierung bietet Astrid Schütz. Sie unterschiedet die drei Grundformen: +offensive Selbstdarstellung*, +defensive Selbstdarstellung* und +assertive Selbstdarstellung*, die jeweils mit einer Reihe von verschiedenen (Sub-)Strategien umgesetzt werden (vgl. Politik oder Selbstdarstellung? – Beispiele von Politikerauftritten). 231. Weitere Beispiele hierfür finden sich in den Bänden +Inszenierte Information* (Grewenig 1993) sowie +Das öffentliche Theater* (Armingeon/Blum 1995). 232. Zur (deflektorischen) Rolle der Experten gegenüber der Öffentlichkeit siehe S. 149–152 233. Postman hat im Jahr 1985 angesichts der amerikanischen Selbstzufriedenheit, daß Orwells Schreckensvision aus +1984* nicht eingetreten ist, einen kritischen Blick auf die +Schöne neue Welt* (Huxley) der amerikanischen Medienrealität geworfen und dabei das Resümee gezogen, daß pure Unterhaltung den politischen Diskurs aus den Medien verdrängt hat. So hat er sein provokantes Buch denn auch +Wir amüsieren uns zu Tode* genannt. 234. Diese niederländische Organisation hat es sich zum Ziel gesetzt, ein Forum für subversive Wissenschaft im Netz zu schaffen. 235. Thomas Meyer spricht hier von +symbolischer Politik von unten* (vgl. Inszenierung des Scheins; S. 185ff.). 236. Der Fall des Rodney King – eines Schwarzen, der in Los Angeles ohne ersichtlichen Grund auf offener Straße von weißen Polizisten brutal mißhandelt wurde – ist in den USA der Öffentlichkeit dadurch bekanntgeworden, daß ein Unbeteiligter die Mißhandlungen auf Video filmte. Dieses Video wurde dann im Fernsehen gezeigt und führte zur Anklage der Polizisten. Als diese jedoch (von einem bundesstaatlichen Gericht) von der Anklage der Körperverletzung im Amt freigesprochen wurden, kam es zu Gewaltexzessen von schwarzer Seite (die sich auch gegen andere Minderheiten richteten). In einem zweiten (Bundesgerichts-)Verfahren kam es dann jedoch zu Verurteilungen. 237. Manuel Castells spricht aufgrund ähnlicher Beobachtungen gar von einer +Netzwerkgesellschaft* (vgl. The Rise of the Network Society). 238. Das sind massenhaft versandte e-Mails, die so groß bzw. zahlreich sind, daß sie das +Postfach* des Adressaten unweigerlich verstopfen, der so von seiner elektronischen Post abgeschnitten ist. 239. Die Internet-Adresse von +Mondo 2000* lautet: www.mondo2000.com. 240. Ähnlich skeptisch argumentieren z.B. auch Heather Bromberg und ihre Mitstreiter aus der Gruppe +Interrogate the Internet* (vgl. Contradictions in Cyberspace). 241. Eine Reihe von Beiträgen zu diesem Themenkomplex findet sich auch in dem von Manfred Faßler und Wulf Halbach herausgegebenen Sammelband +Cyberspace – Gemeinschaften, Virtuelle Kolonien, Öffentlichkeiten* (1994). 242. Es handelt sich hierbei um einen Sammelband, in dem vor allem kritische Stimmen zur neuen +Ästhetik der elektronischen Medien* zu Wort kommen. 243. Zur Geschichte des Internets vgl. z.B. Leiner u.a. (Internet Society): A Brief History of the Internet. 244. In ihrem im Internet publizierten Papier +A Framework for Global Electronic Commerce* nennen Bill Clinton und Al Gore (also der derzeitige US-Präsident und sein Vize) aufgrund von Hochrechnungen die Zahl von +mehreren zehn Milliarden Dollar bis zur Jahrhundertwende*, und gerade auch für kleine Unternehmen biete sich im Netz angeblich eine Chance. Allerdings kann man bezüglich des kommerziellen Potentials des Internets auch skeptischer sein. Denn für eine Geschäftsabwicklung im großen Stil fehlen derzeit standardisierte sowie vor allem sichere Zahlungsmethoden,
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A: ANMERKUNGEN 59<br />
hat <strong>in</strong> diesem Zusammenhang u.a. das Beispiel <strong>der</strong> Stürmung <strong>der</strong> Mosche von Ayodhya (Indien) durch radikale H<strong>in</strong>dus<br />
zur Illustration herangezogen (vgl. ebd.; S. 157–168). In e<strong>in</strong>er eigenen Arbeit habe ich mich im Kontext <strong>der</strong> Darstellung<br />
<strong>der</strong> historischen Genese und Entwicklung des H<strong>in</strong>du-Nationalismus selbst e<strong>in</strong>gehend mit diesem Fall befaßt (vgl. Shivas<br />
Tanz auf dem Vulkan).<br />
230. E<strong>in</strong>e (genauer differenzierende und an Beispielen belegte) Übersicht über Formen politischer Inszenierung bietet<br />
Astrid Schütz. Sie unterschiedet die drei Grundformen: +offensive Selbstdarstellung*, +defensive Selbstdarstellung*<br />
und +assertive Selbstdarstellung*, die jeweils mit e<strong>in</strong>er Reihe von verschiedenen (Sub-)Strategien umgesetzt werden<br />
(vgl. <strong>Politik</strong> o<strong>der</strong> Selbstdarstellung? – Beispiele von <strong>Politik</strong>erauftritten).<br />
231. Weitere Beispiele hierfür f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> den Bänden +Inszenierte Information* (Grewenig 1993) sowie +Das öffentliche<br />
Theater* (Arm<strong>in</strong>geon/Blum 1995).<br />
232. Zur (deflektorischen) Rolle <strong>der</strong> Experten gegenüber <strong>der</strong> Öffentlichkeit siehe S. 149–152<br />
233. <strong>Post</strong>man hat im Jahr 1985 angesichts <strong>der</strong> amerikanischen Selbstzufriedenheit, daß Orwells Schreckensvision<br />
aus +1984* nicht e<strong>in</strong>getreten ist, e<strong>in</strong>en kritischen Blick auf die +Schöne neue Welt* (Huxley) <strong>der</strong> amerikanischen Medienrealität<br />
geworfen und dabei das Resümee gezogen, daß pure Unterhaltung den politischen Diskurs aus den Medien<br />
verdrängt hat. So hat er se<strong>in</strong> provokantes Buch denn auch +Wir amüsieren uns zu Tode* genannt.<br />
234. Diese nie<strong>der</strong>ländische Organisation hat es sich zum Ziel gesetzt, e<strong>in</strong> Forum für subversive Wissenschaft im Netz<br />
zu schaffen.<br />
235. Thomas Meyer spricht hier von +symbolischer <strong>Politik</strong> von unten* (vgl. Inszenierung des Sche<strong>in</strong>s; S. 185ff.).<br />
236. Der Fall des Rodney K<strong>in</strong>g – e<strong>in</strong>es Schwarzen, <strong>der</strong> <strong>in</strong> Los Angeles ohne ersichtlichen Grund auf offener Straße<br />
von weißen Polizisten brutal mißhandelt wurde – ist <strong>in</strong> den USA <strong>der</strong> Öffentlichkeit dadurch bekanntgeworden, daß<br />
e<strong>in</strong> Unbeteiligter die Mißhandlungen auf Video filmte. Dieses Video wurde dann im Fernsehen gezeigt und führte<br />
zur Anklage <strong>der</strong> Polizisten. Als diese jedoch (von e<strong>in</strong>em bundesstaatlichen Gericht) von <strong>der</strong> Anklage <strong>der</strong> Körperverletzung<br />
im Amt freigesprochen wurden, kam es zu Gewaltexzessen von schwarzer Seite (die sich auch gegen an<strong>der</strong>e M<strong>in</strong><strong>der</strong>heiten<br />
richteten). In e<strong>in</strong>em zweiten (Bundesgerichts-)Verfahren kam es dann jedoch zu Verurteilungen.<br />
237. Manuel Castells spricht aufgrund ähnlicher Beobachtungen gar von e<strong>in</strong>er +Netzwerkgesellschaft* (vgl. The Rise<br />
of the Network Society).<br />
238. Das s<strong>in</strong>d massenhaft versandte e-Mails, die so groß bzw. zahlreich s<strong>in</strong>d, daß sie das +<strong>Post</strong>fach* des Adressaten<br />
unweigerlich verstopfen, <strong>der</strong> so von se<strong>in</strong>er elektronischen <strong>Post</strong> abgeschnitten ist.<br />
239. Die Internet-Adresse von +Mondo 2000* lautet: www.mondo2000.com.<br />
240. Ähnlich skeptisch argumentieren z.B. auch Heather Bromberg und ihre Mitstreiter aus <strong>der</strong> Gruppe +Interrogate<br />
the Internet* (vgl. Contradictions <strong>in</strong> Cyberspace).<br />
241. E<strong>in</strong>e Reihe von Beiträgen zu diesem Themenkomplex f<strong>in</strong>det sich auch <strong>in</strong> dem von Manfred Faßler und Wulf<br />
Halbach herausgegebenen Sammelband +Cyberspace – Geme<strong>in</strong>schaften, Virtuelle Kolonien, Öffentlichkeiten* (1994).<br />
242. Es handelt sich hierbei um e<strong>in</strong>en Sammelband, <strong>in</strong> dem vor allem kritische Stimmen zur neuen +Ästhetik <strong>der</strong><br />
elektronischen Medien* zu Wort kommen.<br />
243. Zur Geschichte des Internets vgl. z.B. Le<strong>in</strong>er u.a. (Internet Society): A Brief History of the Internet.<br />
244. In ihrem im Internet publizierten Papier +A Framework for Global Electronic Commerce* nennen Bill Cl<strong>in</strong>ton<br />
und Al Gore (also <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeitige US-Präsident und se<strong>in</strong> Vize) aufgrund von Hochrechnungen die Zahl von +mehreren<br />
zehn Milliarden Dollar bis zur Jahrhun<strong>der</strong>twende*, und gerade auch für kle<strong>in</strong>e Unternehmen biete sich im Netz angeblich<br />
e<strong>in</strong>e Chance. Allerd<strong>in</strong>gs kann man bezüglich des kommerziellen Potentials des Internets auch skeptischer se<strong>in</strong>. Denn<br />
für e<strong>in</strong>e Geschäftsabwicklung im großen Stil fehlen <strong>der</strong>zeit standardisierte sowie vor allem sichere Zahlungsmethoden,