09.12.2012 Aufrufe

Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

52 POLITIK IN DER (POST-)MODERNE<br />

75ff.). Natur wird also als Ersatzkampffeld funktionalisiert. Dabei läßt man sich sogar auf wissenschaftlich-technische<br />

Argumentionen e<strong>in</strong>, anstatt die herrschenden +Def<strong>in</strong>itionsverhältnisse* (d.h. das Wahrheits- und Def<strong>in</strong>itionsmonopol<br />

<strong>der</strong> technokratischen Allianz aus Wissenschaft und <strong>Politik</strong>) <strong>in</strong> Frage zu stellen (vgl. ebd.; S. 71ff.).<br />

163. Zu e<strong>in</strong>er möglichen Kategorisierung <strong>der</strong> unterschiedlichen Naturbil<strong>der</strong> siehe nochmals Anmerkung 156.<br />

164. Als e<strong>in</strong> <strong>in</strong>ternationaler Konzern e<strong>in</strong>en neuartigen Toilettenspülste<strong>in</strong> entwickelte und diesen auf den deutschen<br />

Markt warf, war <strong>der</strong> Erfolg anfänglich groß – bis die +Grünen* gegen dieses Produkt wegen e<strong>in</strong>es umweltbedenklichen<br />

Inhaltsstoffes e<strong>in</strong>e Kampagne starteten. Das Unternehmen war so gezwungen, se<strong>in</strong> Produkt zu modifizieren und e<strong>in</strong>en<br />

Ersatz für den umstrittenen Inhaltsstoff zu f<strong>in</strong>den, was auch gelang. Zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Markte<strong>in</strong>führung hatte das<br />

Unternehmen nicht an mögliche Umweltgefährdungen bzw. die Marktrelevanz dieses Faktors gedacht.<br />

165. Ich möchte allerd<strong>in</strong>gs nicht so weit gehen wie z.B. Maarten Hajer, <strong>der</strong> die Umweltkrise primär als diskursive<br />

Konstruktion betrachtet (vgl. The Politics of Environmental Discourse; S. 8ff.) und somit konsequenterweise e<strong>in</strong>e<br />

Diskursanalyse <strong>in</strong>s Zentrum se<strong>in</strong>er Betrachtung stellt. Denn wie bereits oben angemerkt, s<strong>in</strong>d Konstruktionen nicht<br />

beliebig, son<strong>der</strong>n abhängig von +materiellen* Verhältnissen.<br />

166. Zur Homöopathie, die auf den deutschen Arzt Hahnemann (1755–1843) zurückgeht, vgl. z.B. Langer: So heilt<br />

Homöopathie – Mediz<strong>in</strong> aus <strong>der</strong> Natur. Als Wirksubstanzen werden zumeist +Naturstoffe* wie pflanzliche Extrakte<br />

aus Fliegenpilz, Roßkastanie o<strong>der</strong> F<strong>in</strong>gerhut sowie tierische Erzeugnisse e<strong>in</strong>gesetzt (z.B. R<strong>in</strong><strong>der</strong>galle o<strong>der</strong> Dorschlebertran).<br />

Daneben greift man aber auch auf Schwermetalle wie Blei zurück – allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> Dosierungen, die teilweise sogar<br />

erheblich unter <strong>der</strong> Nachweisgrenze liegen. Man kann deshalb me<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach von e<strong>in</strong>em homöopathischen<br />

Potenzierungs-Paradox sprechen, da je höher die Potenz <strong>der</strong> Verdünnung, desto +potenter* angeblich das Mittel.<br />

(Vgl. ebd.; S. 20–32)<br />

167. E<strong>in</strong>e kurze Kostprobe <strong>der</strong> Naturideologie von <strong>der</strong> +Mutter Erde* möchte ich an dieser Stelle nicht unterschlagen:<br />

+Mutter Erde, an <strong>der</strong>en Busen wir Menschen leben – wer kennt sie? Ist sie nichts weiter als e<strong>in</strong> Körper aus flüssigem<br />

Feuer, umhüllt von e<strong>in</strong>er Schale aus Erde und Wasser? Lebendig ist <strong>der</strong> Leib <strong>der</strong> Erde und unendlich verfe<strong>in</strong>ert <strong>der</strong><br />

Ausdruck ihrer Durchseeltheit. E<strong>in</strong> Lebewesen ist sie, gebaut nach dem gleichen kosmischen Muster wie <strong>der</strong> Mensch<br />

auf ihrem Schoß. Wie wir Menschen ist auch die Erde e<strong>in</strong> zweipoliges Wesen, wobei e<strong>in</strong> Kreislauf von Kräften die<br />

beiden Pole verb<strong>in</strong>det. Der Mensch empfängt se<strong>in</strong>e Inspiration aus dem Äther, <strong>der</strong> den Raum erfüllt […] Die Inspiration<br />

kommt durch das Schädeldach, wo sie <strong>in</strong> die dort bef<strong>in</strong>dliche kelchförmige Öffnung des Kraftfelds gesaugt wird. Genauso<br />

empfängt die Erde an ihrem magnetischen Nordpol ihre […] Kraft, die aus dem Raum <strong>in</strong> ihr eigenes Kraftfeld fließt.<br />

Sie empfängt diese Kraft von ihren Geschwistern, den Planeten […]* (Uyl<strong>der</strong>t: Mutter Erde; S. 9)<br />

168. Auf <strong>der</strong> angegebenen Seite heißt es: +Erst dann, wenn […] Zufall und Schicksal nicht mehr die unüberwundenen<br />

Momente e<strong>in</strong>er bloß äußeren Naturnotwendigkeit bilden, erst <strong>in</strong> dieser genauen Anwesenheit bei <strong>der</strong> Naturkraft<br />

hätte die Technik ihre Katastrophenseite wie ihre Abstraktheit überwunden. E<strong>in</strong>e Verhakung ohnegleichen ist damit<br />

<strong>in</strong>tendiert, e<strong>in</strong> wirklicher E<strong>in</strong>bau <strong>der</strong> Menschen (sobald sie mit sich vermittelt worden s<strong>in</strong>d) <strong>in</strong> die Natur (sobald die<br />

Technik mit <strong>der</strong> Natur vermittelt worden ist).* Nach Hans Jonas ist dafür jedoch – <strong>in</strong> expliziter Gegenstellung zu Bloch<br />

– e<strong>in</strong>e +nichtutopische Ethik <strong>der</strong> Verantwortung* unabd<strong>in</strong>gbar, wobei Verantwortung bei ihm +die als Pflicht anerkannte<br />

Sorge um e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es Se<strong>in</strong>, die bei <strong>der</strong> Bedrohung se<strong>in</strong>er Verletzlichkeit zur ›Besorgnis‹ wird* me<strong>in</strong>t (Das Pr<strong>in</strong>zip<br />

Verantwortung; S. 391).<br />

169. Daß <strong>der</strong> Wille, <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Technik tatsächlich zum Ausdruck kommt, immer nur e<strong>in</strong> vom Subjekt und darüber<br />

h<strong>in</strong>aus vom sozialen Subjekt geliehener ist, das hat Ernst Bloch <strong>in</strong> folgende Worte gefaßt: +Der Wille, <strong>der</strong> <strong>in</strong> allen<br />

technisch-physikalischen Gebilden haust, muß gleichzeitig sowohl e<strong>in</strong> gesellschaftlich erfaßtes Subjekt h<strong>in</strong>ter sich<br />

haben: zum konstruierenden E<strong>in</strong>griff, jenseits des bloß abstrakt-äußerlichen, wie e<strong>in</strong> damit vermittelndes Subjekt<br />

vor sich: zur Mitwirkung, zum konstitutiven Anschluß an den E<strong>in</strong>griff.* (Das Pr<strong>in</strong>zip Hoffnung; Band 2, S. 787)<br />

170. Im +Wörterbuch <strong>der</strong> Soziologie* von Hartfiel und Hillmann heißt es zum Begriff des Handelns: +im soziol. S<strong>in</strong>ne<br />

jede menschl. Lebenstätigkeit, die sich als s<strong>in</strong>nhafte, gewollte, ziel- o<strong>der</strong> zweckgerichtete, aus irgendwelchen (bewußten<br />

o<strong>der</strong> unbewußten) Motiven o<strong>der</strong> Antrieben ergebende E<strong>in</strong>wirkung auf die Umwelt des Menschen erkennen läßt.*<br />

Ich schließe mich hier also dieser konventionellen Sichtweise und nicht Giddens an, <strong>der</strong> im Rahmen se<strong>in</strong>er Theorie<br />

<strong>der</strong> Strukturierung e<strong>in</strong>en Handlungsbegriff entwickelt, <strong>der</strong> Intentionalität als Grundvoraussetzung aufgibt und statt<br />

dessen (me<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach <strong>in</strong> wenig überzeugen<strong>der</strong> Art und Weise) darauf abhebt, daß Handeln alle<strong>in</strong>e auf <strong>der</strong><br />

bloßen Möglichkeit zu handeln beruht (vgl. S. 58ff.).

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!