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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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A: ANMERKUNGEN 51<br />

aus <strong>der</strong> Wirklichkeit* (zitiert nach ebd.; S. 35). Es ist also nur empirisches, nicht aber ontologisches Wissen möglich<br />

– e<strong>in</strong>e Unterscheidung die auf Rusch zurückgeht (vgl. ebd.; S. 36). Diese Auffassung stimmt zum großen Teil mit <strong>der</strong><br />

im folgenden von mir vertretenen Position übere<strong>in</strong>. In diesem Zusammenhang ist es übrigens positiv hervorzuheben,<br />

daß die Akteur-Netzwerk-Theorie die d<strong>in</strong>glich-materielle Komponente wie<strong>der</strong> <strong>in</strong>s Spiel gebracht hat, d.h. die<br />

Wi<strong>der</strong>ständigkeit <strong>der</strong> Objekte herausstellt (die wir zwar nicht erkennen, aber erfahren können).<br />

155. Mit <strong>der</strong> Verwendung des Adjektivs +nützlich* will ich hier ke<strong>in</strong>e utilitaristische Position e<strong>in</strong>nehmen, son<strong>der</strong>n<br />

vielmehr e<strong>in</strong>e (pragmatische) Orientierung an Praxistauglichkeit e<strong>in</strong>for<strong>der</strong>n, wobei <strong>der</strong> Begriff +pragmatisch* wie<strong>der</strong>um<br />

nur im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er letztbegründungsskeptischen Lebensweltorientierung und nicht <strong>in</strong> Anlehnung an den <strong>in</strong>strumentellen<br />

Pragmatismus/Naturalismus Deweys geme<strong>in</strong>t ist, <strong>der</strong> sich zwar explizit gegen die Kommerzialisierung <strong>der</strong> Wissenschaft<br />

wandte und den Raum für +neue Geschichten* öffnen wollte, aber – <strong>in</strong>dem er e<strong>in</strong>e +re<strong>in</strong>e* als re<strong>in</strong> angewandte<br />

Wissenschaft for<strong>der</strong>te (vgl. Erfahrung und Natur; <strong>in</strong>sb. Kap. 4) – verkannte, daß es e<strong>in</strong>e solche we<strong>der</strong> abstrakt noch<br />

empirisch geben kann.<br />

156. E<strong>in</strong>en historischen Überblick über die +Naturauffassungen <strong>in</strong> Philosophie, Wissenschaft und Technik* (1995) haben<br />

Lothar Schäfer und Elisabeth Ströker <strong>in</strong> 3 Bänden zusammengestellt. Ähnliches leistet (anhand von kommentierten<br />

Quellentexten) Peter Cornelius Mayer-Tasch (vgl. Natur denken). Die unterschiedlichen Naturkonzepte, die man<br />

<strong>in</strong> Vergangenheit und Gegenwart unterscheiden kann, beruhen, wenn man Schwarz und Thompson folgt (die wie<strong>der</strong>um<br />

an den Ökologen Holl<strong>in</strong>g anschließen), auf vier Natur-Mythen: 1. die launische und unberechenbare Natur (nature<br />

capricious); 2. die gütige, alles verzeihende Natur (nature benign); 3. die nur bis zu e<strong>in</strong>em bestimmten Grad tolerante<br />

Natur, die dann umso heftiger +zurückschlägt* (nature perverse/tolerant); 4. die ephemere Natur, die auf jeden E<strong>in</strong>griff<br />

äußerst sensibel reagiert (nature ephemeral). (Vgl. Divided We Stand; S. 4ff.) Holl<strong>in</strong>g selbst nennt (bezugnehmend<br />

auf Lovelocks Gaia-Theorie) allerd<strong>in</strong>gs noch e<strong>in</strong>en weiteren Natur-Mythos: den Mythos <strong>der</strong> multiplen Gleichgewichtszustände<br />

(vgl. The Resilience of Terrestrial Ecosystems; S. 293ff.). Auch Timmermann spricht ganz ähnlich von e<strong>in</strong>em<br />

Mythos <strong>der</strong> zyklischen Erneuerung (Mythology and Surprise <strong>in</strong> the Susta<strong>in</strong>able Development of the Biosphere; S. 440).<br />

157. Man könnte hier zusätzlich zwischen bewußt und unbewußt gestalteter bzw. technisch geformter Umwelt unterscheiden.<br />

158. In dem zwei Jahre später erschienen Band +Gegengifte* nimmt Beck die von verschiedenen Seiten vorgetragene<br />

Kritik auf, nicht zwischen Gefahren und (selbstproduzierten, kalkulierbaren) Risiken unterschieden zu haben. Weil<br />

die Risiken <strong>der</strong> Risikogesellschaft nicht genau kalkulierbar s<strong>in</strong>d, spricht er nun von +spät<strong>in</strong>dustriellen Großgefahren*<br />

(vgl. S. 120f.).<br />

159. Die spezifische Leitdifferenz des Wissenschaftssystems ist dabei die Unterscheidung wahr/unwahr.<br />

160. Genau genommen müßte man sie als deflexiv-reflexive Technologien bezeichnen, denn die Reflexivität von<br />

Technik (also ihre impliziten Nebenfolgen) wird deflexiv (also <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Techno-Logik und wie<strong>der</strong>um mit Technik)<br />

+gespiegelt*.<br />

161. Joseph Agassi spricht deshalb <strong>in</strong> Anlehnung an die +Cultural-Lag-These* Ogburns von e<strong>in</strong>em +Cultural Lag <strong>in</strong><br />

Science* (1981). Er me<strong>in</strong>t damit, daß sich die verschiedenen Fel<strong>der</strong> <strong>der</strong> Wissenschaft ungleich entwickeln, was darauf<br />

beruht, daß die Fächer durch ihre unterschiedliche Attraktivität (z.B. durch mit dem Studium verbundene Berufschancen)<br />

auch e<strong>in</strong>e unterschiedliche Anziehungskraft auf den Nachwuchs ausüben. Die +klugen Köpfe* wan<strong>der</strong>n also etwa<br />

von Fächern wie Theologie zu +attraktiveren* Fächern ab, was dann problematisch wird, wenn es zur Folge hat, daß<br />

die Theologie aufgrund dieses +bra<strong>in</strong>-dra<strong>in</strong>* Risiken wie Überbevölkerung nicht richtig e<strong>in</strong>schätzen kann (vgl. S. 121f.).<br />

162. Es ist übrigens <strong>in</strong>teressant, daß auch Beck bei se<strong>in</strong>er Betrachtung <strong>der</strong> Ökologiebewegung von <strong>der</strong> (praktischen)<br />

Aufhebung <strong>der</strong> Trennung von Natur und Gesellschaft ausgeht und dieser deshalb e<strong>in</strong> naturalistisches (Selbst-)Mißverständnis<br />

vorwirft: Diese würde Natur wie<strong>der</strong>entdecken, wo es sie nicht mehr gibt (vgl. Gegengifte; S. 65). Wortspielerisch läßt<br />

sich aufgrund dieser Bestimmung jedoch e<strong>in</strong>wenden, daß selbst Beck <strong>in</strong>direkt e<strong>in</strong> naturalistisches Naturverständnis<br />

zugrunde legt, d.h. auch er begreift Natur als die Tatsächlichkeit dessen, was (e<strong>in</strong>mal) unabhängig von menschlichem<br />

E<strong>in</strong>fluß existiert(e). Abgesehen von diesem E<strong>in</strong>wand trifft das Argument Becks jedoch den Kern <strong>der</strong> Sache: Die<br />

Ökologiebewegung verkennt ihre eigene +Natur*. Sie ist tatsächlich eher e<strong>in</strong>e gesellschaftliche +Innenweltbewegung*<br />

(Gegengifte; S. 92), <strong>der</strong>en Protest symbolisch vermittelt ist, als e<strong>in</strong>e Naturbewegung. Denn Grundlage des Protests<br />

s<strong>in</strong>d nicht +objektive Gefährdungen*, son<strong>der</strong>n die Aufmerksamkeit die z.B. hierzulande dem +Waldsterben* geschenkt<br />

wurde, hat mit dem beson<strong>der</strong>en Stellenwert zu tun, den <strong>der</strong> Wald <strong>in</strong> <strong>der</strong> deutschen Kultur e<strong>in</strong>nimmt (vgl. ebd.; S.

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