09.12.2012 Aufrufe

Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

48 POLITIK IN DER (POST-)MODERNE<br />

125. Dort heißt es unter an<strong>der</strong>em: +Die Bourgeoisie hat <strong>in</strong> ihrer kaum hun<strong>der</strong>tjährigen Klassenherrschaft massenhaftere<br />

undkolossalereProduktionskräftegeschaffenalsallevergangenenGenerationenzusammen.Unterjochung<strong>der</strong>Naturkräfte,<br />

Masch<strong>in</strong>erie, Anwendung <strong>der</strong> Chemie und Industrie und Ackerbau, Dampfschiffahrt, Eisenbahnen, elektrische Telegraphen,<br />

Urbarmachung ganzer Weltteile, Schiffbarmachung <strong>der</strong> Flüsse, ganze aus dem Boden hervorgestampfte Bevölkerungen<br />

– welches frühere Jahrhun<strong>der</strong>t ahnte, daß solche Produktionskräfte im Schoß <strong>der</strong> gesellschaftlichen Arbeit schlummerten.*<br />

Allerd<strong>in</strong>gs ist festzuhalten, daß auch e<strong>in</strong>e gewisse Ambivalenz gegenüber dem wissenschaftlich-technischen +Fortschritt*<br />

gegeben ist, wenn z.B. Engels bemerkt: +Wir haben <strong>in</strong> den fortgeschrittendsten Industrielän<strong>der</strong>n die Naturkräfte gebändigt<br />

und <strong>in</strong> den Dienst <strong>der</strong> Menschen gepreßt; wir haben damit die Produktion <strong>in</strong>s Unendliche vervielfacht […] Und was<br />

ist die Folge? Steigende Überarbeit und steigendes Elend <strong>der</strong> Massen […]* (Dialektik <strong>der</strong> Natur; E<strong>in</strong>leitung)<br />

126. Ich möchte +Rationalität* an dieser Stelle als bewußtes und pr<strong>in</strong>zipiengeleitetes Denken def<strong>in</strong>ieren. Damit ist<br />

auch klar, daß unterschiedliche Pr<strong>in</strong>zipien zum Bezugspunkt des Denkens genommen werden können, weshalb es<br />

verschiedeneFormen und Ausprägungen von Rationalität gibt. Soziale Rationalität, als e<strong>in</strong>e postulierbare Rationalitätsform,<br />

orientiert sich an sozialen Pr<strong>in</strong>zipien, was, je nach Kontext, e<strong>in</strong>e Orientierung am Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Solidarität o<strong>der</strong> auch<br />

am Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Konkurrenz bedeuten kann. Ökonomische Rationalität, als weiteres Beispiel, kann sich am Pr<strong>in</strong>zip<br />

<strong>der</strong> Gew<strong>in</strong>nmaximierung o<strong>der</strong> am Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> optimalen Güterverteilung orientieren etc.<br />

127. Zum naturwissenschaftlich <strong>in</strong>spirierten Rationalitätsparadigma <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne siehe auch S. XIVf.<br />

128. E<strong>in</strong> Zitat vermag diese Auffassung zu verdeutlichen: +Heute besteht fast allgeme<strong>in</strong>e Übere<strong>in</strong>stimmung darüber,<br />

daß die Gesellschaft durch den Nie<strong>der</strong>gang des philosophischen Denkens nichts verloren hat, weil e<strong>in</strong> mächtigeres<br />

Erkenntnis<strong>in</strong>strument an se<strong>in</strong>e Stelle getreten ist: das mo<strong>der</strong>ne wissenschaftliche Denken. Oft wird gesagt, daß all<br />

die Probleme, die die Philosophie zu lösen versucht hat, entwe<strong>der</strong> bedeutungslos s<strong>in</strong>d o<strong>der</strong> durch mo<strong>der</strong>ne experimentelle<br />

Methoden gelöst werden können […] E<strong>in</strong>e solche Tendenz zur Hypostasierung <strong>der</strong> Wissenschaft charakterisiert alle<br />

Schulen, die heute positivistisch genannt werden […] Nach den Positivisten brauchen wir nur genügend Vertrauen<br />

zur Wissenschaft […] Ist dem wirklich so? Der objektive Fortschritt <strong>der</strong> Wissenschaft, und ihre Anwendung, die Technik,<br />

rechtfertigen die geläufige Vorstellung nicht, daß die Wissenschaft nur dann zerstörerisch ist, wenn sie pervertiert<br />

wird […] Die Positivisten sche<strong>in</strong>en zu vergessen, daß die Naturwissenschaft, wie sie von ihnen verstanden wird, vor<br />

allem e<strong>in</strong> zusätzliches Produktionsmittel ist […]* (Horkheimer: Zur Kritik <strong>der</strong> <strong>in</strong>strumentellen Vernunft; S. 63)<br />

129. Das Zitat stammt ursprünglich aus dem Aufsatz +Industrialisierung und Kapitalismus im Werk Max Webers*, <strong>der</strong><br />

im zweiten Band von +Kultur und Gesellschaft* (1965) veröffentlicht wurde. Ich habe mich <strong>in</strong> diesem Fall für e<strong>in</strong>e<br />

<strong>in</strong>direkte Zitierung entschieden, da <strong>der</strong> Text von Habermas sicherlich e<strong>in</strong>e weitere Verbreitung aufweist.<br />

130. Auch dieses zweite Zitat ist <strong>in</strong> dem Text von Habermas wie<strong>der</strong>gegeben. Da es allerd<strong>in</strong>gs aus <strong>der</strong> bekannten<br />

Schrift +Der e<strong>in</strong>dimensionale Mensch* (1964) stammt, habe ich hier die Orig<strong>in</strong>alquelle im Haupttext genannt.<br />

131. Dieses Argument gilt umso mehr unter den gewandelten Rahmenbed<strong>in</strong>gungen globalisierter Märkte. Georg Simonis<br />

hat deshalb die zunehmende Bedeutung <strong>der</strong> Wissenschaft als strategische Produktivkraft herausgearbeitet (vgl. Technik<strong>in</strong>novation<br />

im ökonomischen Konkurrenzsystem; S. 43.). Se<strong>in</strong> Zahlenmaterial belegt auch, daß <strong>der</strong> Umfang <strong>der</strong> staatlichen<br />

(5%) und universitären Forschung (15%) gegenüber <strong>der</strong> Forschung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Industrie (70%) stark zurückgetreten ist (vgl.<br />

ebd.; S. 44f.). Er spricht deshalb von e<strong>in</strong>er Industrialisierung <strong>der</strong> Forschung (vgl. ebd.; S. 48ff. und siehe auch Tabelle<br />

9, S. 149), die e<strong>in</strong>her geht mit e<strong>in</strong>er Verwissenschaftlichung <strong>der</strong> Produktion (vgl. ebd.; S. 53ff.).<br />

132. E<strong>in</strong>e forschungspraktische Weiterführung des (wissenschafts)kritischen Projekts <strong>der</strong> +Frankfurter Schule* besteht<br />

allerd<strong>in</strong>gs durch das Frankfurter Institut für sozial-ökologische Forschung, das sich (wie <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Forschungstexten<br />

nachzulesen ist) <strong>der</strong> Analyse <strong>der</strong> +gesellschaftlichen Naturverhältnisse* verschrieben hat.<br />

133. Bachelard hat 1938 <strong>in</strong> +Die Bildung des wissenschaftlichen Geistes* (La formation de l’esprit scientifique) e<strong>in</strong>e<br />

historische und psychoanalytische Betrachtung <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> (empirischen) Wissenschaft vorgelegt, die die<br />

psychologischundkognitivbed<strong>in</strong>gten Hemmnissewissenschaftlichen Fortschritts herausarbeitet und dabei dieDiskont<strong>in</strong>uität<br />

wissenschaftlicher Erkenntnis herausstellt. Um die vielfältigen Hemmnisse zu überw<strong>in</strong>den, muß nämlich e<strong>in</strong>e<br />

vollständige Umwälzung des Denksystems erfolgen: +Der kluge Kopf muß umgemodelt werden. Er erfährt e<strong>in</strong>en Artwechsel<br />

[…] Durch die geistigen Revolutionen, die die wissenschaftlichen Erf<strong>in</strong>dungen notwendig machen, wird <strong>der</strong> Mensch<br />

zu e<strong>in</strong>er mutierenden Art.* (S. 49) Er muß sich laut Bachelard von <strong>der</strong> naiv-bildlichen Anschauung <strong>der</strong> D<strong>in</strong>ge lösen,<br />

se<strong>in</strong> ganzes Denken, sogar se<strong>in</strong>e Sprache an die Erfor<strong>der</strong>nisse <strong>der</strong> Wissenschaft anpassen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!