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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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A: ANMERKUNGEN 35<br />

KAPITEL 2: ZUR DIALEKTIK VON SOZIO-ÖKONOMISCHEM WANDEL UND POLITISCHER STATIK<br />

1. Unter politischem System bzw. <strong>in</strong>stitutioneller <strong>Politik</strong>, die ich me<strong>in</strong>e, wenn ich im folgenden von <strong>Politik</strong> spreche,<br />

verstehe ich Legislative, Exekutive sowie die Parteien (und <strong>der</strong>en Organisationen) und – allerd<strong>in</strong>gs nur am Rande<br />

– politische Verbände.<br />

2. Lei<strong>der</strong> gibt es bisher nur wenige Versuche <strong>in</strong> diese Richtung, die sich nicht auf e<strong>in</strong>en Teilaspekt des postmo<strong>der</strong>nen<br />

sozialen Wandels beschränken und e<strong>in</strong>e umfassende Darstellung geben. He<strong>in</strong>z-Günther Vesters +Soziologie <strong>der</strong><br />

<strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>ne* (1993) stellt <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht e<strong>in</strong>e rühmliche Ausnahme dar. Se<strong>in</strong>e Betrachtungen fallen jedoch mit<br />

e<strong>in</strong>em Gesamtumfang von etwas mehr als 200 Seiten zu knapp aus, um dem Umfang des Themas wirklich gerecht<br />

zu werden, und verbleiben deshalb oft zu sehr an <strong>der</strong> Oberfläche <strong>der</strong> Phänomene (e<strong>in</strong>e Kritik, die allerd<strong>in</strong>gs mit Sicherheit<br />

auch auf me<strong>in</strong>e eigenen Ausführungen zutrifft).<br />

3. In dem Band +Ökologische Sozialisationsforschung* (1976) f<strong>in</strong>den sich acht Aufsätze, die Bronfenbrenners Weg<br />

zur Entwicklung e<strong>in</strong>er Theorie <strong>der</strong> ökologischen Sozialisationsforschung zwischen den Jahren 1961 und 1975 zeigen.<br />

4. Sowohl <strong>der</strong> +systemische Realismus* (Parsons) als auch die +autopoietische Selbsttäuschung* (Luhmann) wird me<strong>in</strong>er<br />

Me<strong>in</strong>ung nach dem Sozialen als e<strong>in</strong>er subjektiv-kollektiv erlebten, belebten und konstruierten Welt nicht gerecht.<br />

E<strong>in</strong>e +konstruktivistische* Systemtheorie, wie sie Luhmann konzipierte, überw<strong>in</strong>det zwar die (naiv) realistische Sichtweise<br />

von Systemen, <strong>in</strong>dem sie das Subjekt aus dem Sozialen elim<strong>in</strong>iert, raubt sie ihm jedoch gleichzeitig die Basis.<br />

5. E<strong>in</strong> System ist gemäß me<strong>in</strong>em Verständnis also e<strong>in</strong> (makro)strukturierter und – damit – e<strong>in</strong>e gewisse Dauerhaftigkeit<br />

aufweisen<strong>der</strong> Handlungszusammenhang (wobei ich auch +kommunikatives Handeln*, also symbolische Interaktionen,<br />

mit <strong>in</strong> diesen Begriff e<strong>in</strong>schließe). In Anlehnung an Giddens (<strong>der</strong> jedoch selbst e<strong>in</strong>en leicht unterschiedlichen Systembegriff<br />

verwendet) möchte ich jedoch betonen, daß Strukturen beides be<strong>in</strong>halten: Restriktion von Handlungsmöglichkeiten<br />

und Ermöglichung von Handeln (vgl. Die Konstitution <strong>der</strong> Gesellschaft; <strong>in</strong>sb. S. 77ff.).<br />

6. Bronfenbrenner unterscheidet (wie <strong>in</strong> funktionalistischen Ansätzen üblich) zwischen Mikro-, Meso-, Exo- und<br />

Makrosystem. Das personale Mikrosystem umfaßt dabei laut Bronfenbrenner die Summe <strong>der</strong> <strong>in</strong>terpersonalen Wechselbeziehungen<br />

<strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es spezifischen Lebensbereichs e<strong>in</strong>er Person. Das Mesosystem wird durch die Vernetzungen<br />

zwischen den verschiedenen Lebensbereichen gebildet, an denen die Person Teil hat. Das Exosystem bee<strong>in</strong>flußt dagegen<br />

die Person nur <strong>in</strong>direkt. Es stellt e<strong>in</strong> Beziehungsgeflecht dar, <strong>in</strong> das die Person nicht direkt e<strong>in</strong>gebunden ist, das aber<br />

trotzdem für diese relevant ist. Das Makrosystem umfaßt (handlungsrelevante) generalisierte kulturelle Muster und<br />

Normen. (Vgl. Die Ökologie <strong>der</strong> menschlichen Entwicklung; S. 23f.)<br />

Freizügig übertragen auf die <strong>Politik</strong> wäre also das politische Mikrosystem <strong>der</strong> Bereich des politischen Institutionensystems<br />

mit den dar<strong>in</strong> ablaufenden Interaktionen zwischen den politischen Akteuren. Das politische Mesosystem würde durch<br />

jene sozialen Bezugssysteme gebildet, die e<strong>in</strong>e direkte Koppelung an das politische System haben (z.B. das Rechtssystem).<br />

Das politische Exosystem dagegen wäre nur <strong>in</strong>direkt mit <strong>der</strong> <strong>in</strong>stitutionalisierten <strong>Politik</strong> verbunden, hätte aber durchaus<br />

E<strong>in</strong>flüsse auf diese (z.B. das hier nicht näher thematisierte Bildungssystem). Das politische Makrosystem schließlich<br />

wäre <strong>der</strong> übergeordnete Rahmen des gesamten Sozialsystems mit se<strong>in</strong>en (politischen) Normen wie z.B. dem Demokratiepr<strong>in</strong>zip.<br />

7. Diese +zentralen*, d.h. für die <strong>Politik</strong> <strong>in</strong> beson<strong>der</strong>em Maß relevanten Teil- bzw. Bezugssysteme s<strong>in</strong>d me<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung<br />

nach (und wie sich auch aus <strong>der</strong> Glie<strong>der</strong>ung ersehen läßt) das Wirtschaftssystem, das Rechtssystem, das Wissenschaftsund<br />

Techniksystem, das Öffentlichkeits- und Mediensystem sowie (als Makrosysteme) Kultur und Sozialstruktur. Religionsund<br />

Bildungssystem (als weitere grundsätzlich abgrenzbare Teilsysteme) s<strong>in</strong>d dagegen für das <strong>Politik</strong>system me<strong>in</strong>es<br />

Erachtens nicht maßgeblich von Bedeutung. Ich habe sie deshalb (und aus Gründen <strong>der</strong> +Arbeitsökonomie*) aus me<strong>in</strong>er<br />

Darstellung ausgeklammert.<br />

8. E<strong>in</strong>e +Differenzierung von <strong>Politik</strong> und Wirtschaft* <strong>in</strong> diesem S<strong>in</strong>n beschreibt z.B. Luhmann (1987). Ihre Grundlage<br />

s<strong>in</strong>d die je spezifischen +Medien* des Wirtschaftssystems (Geld) und <strong>der</strong> <strong>Politik</strong> (Macht) (vgl. ebd.; S. 40ff.). So kommt<br />

es, daß sich das Wirtschaftssystem zu e<strong>in</strong>em selbstreferentiell geschlossenen System entwickelt hat (vgl. auch Die Wirtschaft<br />

<strong>der</strong> Gesellschaft; <strong>in</strong>sb. Kap. 2).

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