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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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26 POLITIK IN DER (POST-)MODERNE<br />

85. Zu Biographie und Werk Hegels vgl. z.B. Wiedmann: Georg Wilhelm Friedrich Hegel.<br />

86. Schmitt betont <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Schrift +Politische Theologie* (1922), daß +alle prägnanten Begriffe <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Staatslehre<br />

[…] säkularisierte theologische Begriffe* seien (S. 49). Voegel<strong>in</strong> spricht <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Werk +Die politischen Religionen*<br />

(1938) ganz ähnlich von e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>nerweltlichen Ekklesia, für die ihm als treffendste Beispiele <strong>der</strong> Marxismus und die<br />

(faschistische) Rassenlehre dienen. Beide dieser +politischen Religionen*g<strong>in</strong>gen nämlich davon aus, e<strong>in</strong>e Art +geschichtliche<br />

Sendung* bzw. e<strong>in</strong>en +historischen Auftrag* zu besitzen und entwickelten streng dogmatische Lehren, die Glaubensbekenntnissen<br />

gleich kommen. Insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Faschismus beschwört mit se<strong>in</strong>er Führerideologie und dem Bild<br />

<strong>der</strong> Volkse<strong>in</strong>heit darüber h<strong>in</strong>aus Symbole, die die Stelle e<strong>in</strong>es Gottesbildes e<strong>in</strong>nehmen (vgl. S. 49–61). Indem die<br />

politischen Religionen aber gerade dadurch die +Realität Gottes* elim<strong>in</strong>ierten, mußten sie laut Voegel<strong>in</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Sackgasse<br />

führen (vgl. ebd.; S. 63ff.). In +Utopie, Eschatologie, Geschichtsteleologie* (1969) konstatiert Wilhelm Kamlah (wie<br />

Voegel<strong>in</strong>) e<strong>in</strong> Versagen <strong>der</strong> neuzeitlichen Vernunft, wobei auch er auf die Nähe des aufklärerischen Fortschrittsdenkens<br />

zur christlichen Teleologie h<strong>in</strong>weist: +Utopie, Eschatologie, Geschichtstheologie, neuzeitliche futuristische Geschichtsdeutung<br />

haben […] nicht alle<strong>in</strong> dies geme<strong>in</strong>sam, daß sie Zeugnisse des bedürftigen und leidenden Menschen s<strong>in</strong>d,<br />

<strong>der</strong> stets, sofern er nur Mensch ist, über se<strong>in</strong>e bedrängte Gegenwart h<strong>in</strong>ausdenkt. Sie haben darüber h<strong>in</strong>aus dies<br />

geschichtlich Beson<strong>der</strong>e geme<strong>in</strong>sam, daß sie auf e<strong>in</strong> endgültiges Heil ausblicken.* (S. 51). Dolf Sternberger wie<strong>der</strong>um<br />

geht <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Buch +Drei Wurzeln <strong>der</strong> <strong>Politik</strong>* (1978) den Ursprüngen des Politischen nach, und kommt zum Ergebnis,<br />

daß das Wesen <strong>der</strong> <strong>Politik</strong> (im Abendland) durch drei historische Begriffstraditionen geprägt ist. War <strong>in</strong> <strong>der</strong> Antike<br />

das Politische mit dem Öffentlichen gleichbedeutend (vgl. ebd., Teil II), so setzte mit Machiavelli e<strong>in</strong> <strong>Politik</strong>verständnis<br />

e<strong>in</strong>, das <strong>Politik</strong> re<strong>in</strong> zweckrational als kluge Ausübung <strong>der</strong> Herrschaft def<strong>in</strong>ierte (vgl. ebd.; Teil III). Die jüngste Bedeutung<br />

von <strong>Politik</strong> ist marxistisch geprägt und setzt <strong>Politik</strong> mit dem Willen zur Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> bestehenden Verhältnisse<br />

gleich (vgl. ebd.; S. 269ff.), <strong>der</strong> vom +Geist <strong>der</strong> Utopie* getragen ist (vgl. ebd.; S. 277ff.). Dieser +Geist <strong>der</strong> Utopie*<br />

(so heißt übrigens e<strong>in</strong>e Schrift von Ernst Bloch) beseelt auch die +bolschewistische Kirche*, die nicht nur das +ewige<br />

Leben* und allgeme<strong>in</strong>e +Heil* im Reich <strong>der</strong> Freiheit des Kommunismus verspricht, son<strong>der</strong>n <strong>in</strong> <strong>der</strong> dualistischen Manier<br />

des august<strong>in</strong>ischen Denkens im Rahmen ihrer Zwei-Klassen-Lehre die Welt <strong>in</strong> Gute und Böse, <strong>in</strong> Ausbeuter und<br />

Ausgebeutete, dividiert (vgl. ebd.; S. 422f.). Die Argumente von Schmitt, Voegel<strong>in</strong>, Kamlah und Sternberger ähneln<br />

sich also. Es war allerd<strong>in</strong>gs Rousseau, <strong>der</strong> als erster +Von <strong>der</strong> bürgerlichen Religion* sprach (vgl. Vom Gesellschaftsvertrag;<br />

Buch IV, Kap. 8).<br />

87. Thomas Morus (1478–1535) zeichnete <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Schrift +Utopia* (1516) e<strong>in</strong> f<strong>in</strong>giertes Paradies, e<strong>in</strong>en imag<strong>in</strong>ären<br />

Garten Eden, <strong>der</strong> <strong>in</strong> vielen Punkten Platons Idealstaat aus <strong>der</strong> +Politeia* ähnelt und den er <strong>der</strong> von sozialen Mißständen<br />

geprägten feudalen Monarchie se<strong>in</strong>er Zeit gegenüberstellt. Der Dom<strong>in</strong>ikanermönch Tommaso Campanella (1568–1638)<br />

entwarf <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Schrift vom +Sonnenstaat* (1602) e<strong>in</strong>e theokratische und zugleich radikal +kommunistische* Gesellschaft,<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Familie und Besitz abgeschafft waren, um den Egoismus <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen zu überw<strong>in</strong>den. (Vgl. hierzu Droz: Die<br />

sozialistischen Utopien <strong>der</strong> Frühen Neuzeit; S. 112–123)<br />

88. Vgl. hierzu auch Ottmann: Politische Theologie als Begriffsgeschichte; S. 178ff.<br />

89. Für e<strong>in</strong>en knappen Überblick zur +Entstehung des europäischen Konservativismus* vgl. z.B. den Artikel von Valjavec<br />

<strong>in</strong> dem von Hans-Gerd Schumann herausgegebenen Sammelband +Konservatismus* (1984). Ebenfalls e<strong>in</strong>e Reihe<br />

<strong>in</strong>teressanter Artikel zum +Konservatismus <strong>in</strong> Geschichte und Gegenwart* f<strong>in</strong>den sich bei Faber (1991).<br />

90. Dazu Greiffenhagen: +Die nationalen Ausformungen des europäischen Konservatismus lassen e<strong>in</strong>en s<strong>in</strong>gularen<br />

Gebrauch kaum zu. Und selbst <strong>in</strong>nerhalb des deutschen o<strong>der</strong> französischen Konservatismus fällt es schwer, bestimmte<br />

Strukturmerkmale dieses politischen Denkens und Stiles durchgängig nachzuweisen.* (Das Dilemma des Konservatismus<br />

<strong>in</strong> Deutschland; S. 28) Trotz solcher Heterogenität teilt z.B. Wilhelm Ribhegge den Konservatismus <strong>in</strong> drei Phasen<br />

e<strong>in</strong>: 1. Den klassischen europäischen Konservatismus (1789–1848: bestimmt durch die Reaktion auf die Französische<br />

Revolution), 2. den bürgerlich-nationalen Konservatismus (1848–1918: das Bürgertum wird zunehmend zum Träger<br />

des Konservatismus und nationalistische Elemente Gew<strong>in</strong>nen an Bedeutung) und 3. den mo<strong>der</strong>nen Konservatismus<br />

(von 1918 bis zur Gegenwart: Prägung durch Massengesellschaft, Technisierung und die Übernahme von wirtschaftsliberalen<br />

Positionen). (Vgl. Konservatismus – Versuch zu e<strong>in</strong>er kritisch-historischen Theorie; S. 129ff.) Fritzsche unterscheidet<br />

dagegen vier Grundtypen des Konservatismus: den antirevolutionären, auf Burke zurückgehenden +skeptischen<br />

Pragmatismus*, die +Politische Romantik* (Müller, Hardenberg, Stahl etc.), den +dezisionistischen Konservatismus*<br />

(Cortés) und den +sozialen Konservatismus* (Ste<strong>in</strong>). Für den Konservatismus <strong>der</strong> Gegenwart differenziert er vor allem<br />

die +Altkonservativen* vom +technokratischen Konservatismus*. (Vgl. Konservatismus; S. 71–78 u. S. 87–96)

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