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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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24 POLITIK IN DER (POST-)MODERNE<br />

Bürger gegen den Oberherrn kann nur so lange dauern, als dieser im Stande ist, die Bürger zu schützen; denn das<br />

natürliche Recht <strong>der</strong> Menschen, sich selbst zu schützen, falls es ke<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er tun kann, wird durch ke<strong>in</strong>en Vertrag<br />

vernichtet […] Entsagt <strong>der</strong> Monarch <strong>der</strong> höchsten Gewalt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em o<strong>der</strong> se<strong>in</strong>er Erben Namen, so werden die Bürger<br />

wie<strong>der</strong> <strong>in</strong> den Naturzustand versetzt.* (Leviathan; S. 197f. [Kap. 21])<br />

65. Für Hobbes bedeutet +Ungerechtigkeit […] die Nichterfüllung e<strong>in</strong>es geschlossenen vertraglichen Abkommens*<br />

(Leviathan; S. 129 [Kap. 15]).<br />

66. Den Souveränitätsgedanken entlieh Hobbes allerd<strong>in</strong>gs von Jean Bod<strong>in</strong> (1529/30–1596), <strong>der</strong> <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en +six livres<br />

de la république* (1576) dargelegt hat, daß es im Staat e<strong>in</strong>e höchste Gewalt geben muß, die ke<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en irdischen<br />

Gewalt mehr unterstellt ist (vgl. hierzu auch Schwan: Politische Theorien des Rationalismus und <strong>der</strong> Aufklärung; S.<br />

168f.).<br />

67. Zu deutsch: +Macht, nicht Wahrheit, bestimmt das Gesetz.* Es handelt sich hier um e<strong>in</strong> Zitat aus <strong>der</strong> late<strong>in</strong>ischen<br />

(erst nach <strong>der</strong> englischen Fassung herausgegebenen und zu ihr leicht unterschiedlichen) Ausgabe des +Leviathan* (vgl.<br />

Hobbes: Opera Lat<strong>in</strong>a; Band 3, S. 202).<br />

68. In Großbritannien wird die Königsmacht bereits 1215 durch <strong>in</strong> <strong>der</strong> +Magna Carta Libertatum* verbriefte Adelsrechte<br />

e<strong>in</strong>geschränkt, und schon 1295 wird e<strong>in</strong> dauerhaftes Parlament e<strong>in</strong>gerichtet, <strong>in</strong> dem Vertreter <strong>der</strong> +Gentry* (Landadel)<br />

sowie e<strong>in</strong>ige sog. +Commons* (Geme<strong>in</strong>devertreter) sitzen. Ab 1295 kommt dem Parlament das Recht <strong>der</strong> Steuerbewilligung<br />

zu. Charles I. (1625–1649) löst es 1629 jedoch auf, da er sich durch die 1628 vom Parlament verabschiedete +Petition<br />

of Rights*, <strong>in</strong> <strong>der</strong> die Sicherheit vor willkürlicher Verhaftung und Besteuerung gefor<strong>der</strong>t wird, provoziert fühlte. 1640<br />

ruft er es jedoch wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>, da er e<strong>in</strong>en Krieg gegen die aufständischen Schotten führt und dazu Mittel braucht, die<br />

nur das Parlament bewilligen kann. Das wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>berufene Parlament läßt sich aber nun nicht mehr wie<strong>der</strong> auflösen<br />

und for<strong>der</strong>t mehr Machtbeteiligung. Dieser Gegensatz zwischen Krone und Parlament führt ab 1642 zum bereits<br />

angesprochenen Bürgerkrieg, <strong>der</strong> 1648/49 mit <strong>der</strong> vorübergehenden Abschaffung <strong>der</strong> Monarchie endet.<br />

69. Locke verfaßt zwei Abhandlungen. Die erste stellt e<strong>in</strong>e Wi<strong>der</strong>legung <strong>der</strong> Thesen John Filmers (1590–1653) dar,<br />

<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e reaktionäre Staatstheorie verfaßt hatte. Bedeutsam ist nur <strong>der</strong> +Second Treatise*, auf den ich mich hier <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Darstellung beschränke. Wer übrigens mehr zu Lockes Biographie und Werk erfahren will, <strong>der</strong> sei z.B. auf Udo<br />

Thiels Darstellung aus <strong>der</strong> Reihe +Rowohlts Monographien* verwiesen.<br />

70. Offiziell veröffentlicht wird Lockes Schrift allerd<strong>in</strong>gs erst 1690.<br />

71. Hierzu heißt es bei Locke: +Im Naturzustand herrscht e<strong>in</strong> natürliches Gesetz, das für alle verb<strong>in</strong>dlich ist. Die Vernunft<br />

aber, welcher dieses Gesetz entspr<strong>in</strong>gt, lehrt alle Menschen, […] daß niemand e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en, da alle gleich s<strong>in</strong>d,<br />

an se<strong>in</strong>em Leben, se<strong>in</strong>er Gesundheit, se<strong>in</strong>er Freiheit o<strong>der</strong> se<strong>in</strong>em Besitz Schaden zufügen soll. Alle Menschen s<strong>in</strong>d<br />

das Werk e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>zigen allmächtigen und unendlich weisen Schöpfers […] Sie s<strong>in</strong>d se<strong>in</strong> Eigentum, denn sie s<strong>in</strong>d<br />

se<strong>in</strong> Werk […] Und da […] wir [somit] alle Glie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>zigen Geme<strong>in</strong>schaft, <strong>der</strong> Natur, s<strong>in</strong>d, kann nicht angenommen<br />

werden, daß irgende<strong>in</strong>e Rangordnung unter uns dazu ermächtigt, e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> zu zerstören.* (Über die Regierung; § 6)<br />

72. Locke stellt klar: +Wo immer e<strong>in</strong>e Anzahl von Menschen sich so zu e<strong>in</strong>er Gesellschaft vere<strong>in</strong>igt hat, daß je<strong>der</strong><br />

se<strong>in</strong>es Rechtes, das Naturgesetz zu vollstrecken, entsagt und zugunsten <strong>der</strong> Allgeme<strong>in</strong>heit darauf verzichtet, dort –<br />

und e<strong>in</strong>zig dort entsteht e<strong>in</strong>e politische o<strong>der</strong> bürgerliche Gesellschaft.* (Über die Regierung; § 89)<br />

73. Obwohl Locke gerade das Fehlen e<strong>in</strong>er unabhängigen richterlichen Instanz im Naturzustand für dessen Entartung<br />

zum (Hobbesschen) +Krieg aller gegen aller* verantwortlich macht (vgl. Über die Regierung; § 125), unterscheidet<br />

er nur zwischen Legislative (die er idealerweise <strong>in</strong> die Hände <strong>der</strong> Honoratioren gelegt sieht) und Exekutive (am besten<br />

e<strong>in</strong> aufgeklärter Monarch). Der Exekutive kommt zudem die Fö<strong>der</strong>ativgewalt (außenpolitische Vertretung) und die<br />

Prärogative (d.h. e<strong>in</strong> exekutiver Gestaltungsfreiraum) zu (vgl. Über die Regierung; §§ 134–168).<br />

74. Gerechterweise muß man aber e<strong>in</strong>räumen, daß <strong>der</strong> Eigentumsbegriff bei Locke nicht nur materiellen Besitz umfaßt,<br />

son<strong>der</strong>n daneben auch Leben und Freiheit be<strong>in</strong>haltet bzw. be<strong>in</strong>halten kann (vgl. Über die Regierung; § 87 u. § 123).<br />

Wie<strong>der</strong>um e<strong>in</strong>schränkend muß man jedoch feststellen, daß <strong>der</strong> materielle Besitz e<strong>in</strong>deutig den Vorrang zu genießen<br />

sche<strong>in</strong>t, denn Eigentumsschutz steht selbst höher als <strong>der</strong> Schutz des Lebens und ist sogar für den Fall e<strong>in</strong>er kriegerischen<br />

Eroberung zu gewährleisten: +Die Gewalt, die e<strong>in</strong> Eroberer über diejenigen gew<strong>in</strong>nt, die er <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em gerechten Krieg<br />

unterwirft, ist voll und ganz despotische Gewalt: Er hat absolute Gewalt über das Leben <strong>der</strong>er, die ihr Leben verwirkt

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