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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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A: ANMERKUNGEN 17<br />

132. In e<strong>in</strong>em Gespräch, das 1981 erstmals veröffentlicht wurde, erläutert er bezogen auf die Beweggründe zur Abfassung<br />

se<strong>in</strong>es Hauptwerks, <strong>der</strong> +Theorie des kommunikativen Handelns*: +Das eigentliche Motiv, das ich 1977 hatte, als ich<br />

anf<strong>in</strong>g, das Buch zu schreiben, war, mir selbst darüber klar zu werden, wie man die Kritik <strong>der</strong> Verd<strong>in</strong>glichung, die<br />

Kritik <strong>der</strong> Rationalisierung, […] umformulieren kann […] ohne das Projekt <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne preiszugeben, ohne Rückfall<br />

<strong>in</strong>s <strong>Post</strong>- o<strong>der</strong> Anti-Mo<strong>der</strong>ne […]* (Dialektik <strong>der</strong> Rationalisierung; S. 184)<br />

133. Wellmer bezieht sich auf Castoriadis’ Schrift +Durchs Labyr<strong>in</strong>th* (1978). Dort heißt es im Vorwort: +Die Geschichte,<br />

unsere Geschichte hat das Ziel <strong>der</strong> Wahrheit aufgerichtet – und ebenso das Ziel <strong>der</strong> Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit.<br />

Untrennbar. Und wir – manche von uns jedenfalls – gehen ganz <strong>in</strong> diesen Zielen auf. Aber es kann ke<strong>in</strong>e Rede davon<br />

se<strong>in</strong>, sie zu ›begründen‹ – man sieht nicht, was das heißen könnte […] für die Vernunft können wir ke<strong>in</strong>e Vernunftgründe<br />

angeben. Trotzdem s<strong>in</strong>d wir darum nicht bl<strong>in</strong>d und nicht verloren. Wir können aufklären, was wir denken und was<br />

wir s<strong>in</strong>d. Nachdem wir es geschaffen haben, vermessen wir, Stück für Stück, unser Labyr<strong>in</strong>th.* (S. 22f.) Genau diese<br />

kritische Potentiale freisetzende Aufklärung über die Unbegründbarkeit des Vernunft (und <strong>der</strong> mit ihr verbundenen<br />

Werte) ist mit dem von Wellmer zitierten Begriff <strong>der</strong> +Selbstüberschreitung <strong>der</strong> Vernunft* (ebd.; S. 192) geme<strong>in</strong>t.<br />

134. E<strong>in</strong> pr<strong>in</strong>zipiell ähnliches Raster hat übrigens auch Jameson entwickelt. Er ordnet die verschiedenen Positionen<br />

vier Fel<strong>der</strong>n zu, die sich durch die Komb<strong>in</strong>ation <strong>der</strong> sich ausschließenden Eigenschaftspaare +anti-mo<strong>der</strong>nist – promo<strong>der</strong>nist*<br />

und +anti-postmo<strong>der</strong>nist – pro-postmo<strong>der</strong>nist* ergeben (vgl. <strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>nism; S. 61).<br />

135. Detailliert herausgearbeitet wird dieses Argument <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er neueren Arbeit von Welsch: Vernunft – Die zeitgenössische<br />

Vernunftkritik und das Konzept <strong>der</strong> transversalen Vernunft (1995). Kritisch ist jedoch anzumerken: Indem Welsch auf<br />

die Grundlage <strong>der</strong> Vielheit <strong>in</strong> transversaler E<strong>in</strong>heit abhebt, wird +h<strong>in</strong>terrücks* wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong> transzendentalphilosophischer<br />

Universalismus e<strong>in</strong>geführt – womit se<strong>in</strong> Konzept kaum an postmo<strong>der</strong>ne Differenztheorien anschlußfähig se<strong>in</strong> dürfte.<br />

136. In dieser Argumentationsfigur deutet sich die gerade <strong>in</strong> den letzten Jahren immer klarer hervortretende kommunitaristische<br />

Ausrichtung Etzionis an (vgl. z.B. The Moral Dimension o<strong>der</strong> auch The Spirit of Community).<br />

137. Vom selben Autor stammt übrigens <strong>der</strong> Band +<strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>nity* (1993), <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en guten Überblick über den Mo<strong>der</strong>ne-<br />

<strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>ne-Diskurs liefert.<br />

138. Im Schamanismus dient oft e<strong>in</strong>e Geheimsprache dazu, sich Zutritt zu den kosmischen Zonen zu verschaffen<br />

und die Nachahmung von Tierlauten verleiht dem Schamanen die Fähigkeiten <strong>der</strong> nachgeahmten Tiere (vgl. Eliade:<br />

Schamanismus und archaische Ekstasetechnik; S. 103ff.). Im <strong>in</strong>dischen Mantra-Yoga wie<strong>der</strong>um f<strong>in</strong>det sich die Vorstellung,<br />

daß die Wie<strong>der</strong>holung mystischer Laute dem Yogi unbegrenzte Kräfte verleiht. +Die unbegrenzte Wirksamkeit <strong>der</strong><br />

mantra rührt daher, daß sie die ›Objekte‹, die sie repräsentieren, s<strong>in</strong>d […] So hat zum Beispiel je<strong>der</strong> Gott […] e<strong>in</strong>en<br />

›mystischen Laut‹, <strong>der</strong> […] ihr [!] Wesen ist* (<strong>der</strong>s.: Yoga; S. 223). Diese Vorstellung e<strong>in</strong>er Identität von Begriff und<br />

Bezeichnetem f<strong>in</strong>det sich nicht nur im antiken Indien, son<strong>der</strong>n wird z.B. auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Platon-Dialog ausführlich<br />

erörtert (vgl. Kratylos; Abschnitt 3 [427d]).<br />

139. Für den +<strong>Post</strong>marxisten* Eagleton ist es freilich e<strong>in</strong>e ganz an<strong>der</strong>e Illusion, <strong>der</strong> das postmo<strong>der</strong>ne Denken primär<br />

+verfallen* ist. Zwar gesteht Eagleton zu: +Die postmo<strong>der</strong>ne Theorie ist <strong>in</strong>sofern radikal, als sie e<strong>in</strong> System <strong>in</strong> Frage<br />

stellt, das immer noch absolute Werte, metaphysische Begründungen und selbstidentische Subjekte braucht; gegen<br />

diese mobilisiert sie Multiplizität, Nicht-Identität, Überschreitungen, Unbegründbarkeit und kulturellen Relativismus.*<br />

(Die Illusionen <strong>der</strong> <strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>ne; S. 176) Doch: +Das Resultat ist im besten Fall e<strong>in</strong>e phantasievolle Unterwan<strong>der</strong>ung<br />

des herrschenden Wertesystems […] Aber das postmo<strong>der</strong>ne Denken erkennt gewöhnlich nicht, daß das, was auf<br />

<strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> Ideologie funktioniert, nicht auf <strong>der</strong> Ebene des Marktes funktioniert.* (Ebd.)

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