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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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16 POLITIK IN DER (POST-)MODERNE<br />

denen Tatsachen erfaßt und damit transzendiert werden, verlieren ihre authentische sprachliche Repräsentanz […]<br />

Das Wort wird zum Cliché und beherrscht als Cliché die gesprochene o<strong>der</strong> geschriebene Sprache; die Kommunikation<br />

beugt so e<strong>in</strong>er Entwicklung des S<strong>in</strong>nes vor.* (Marcuse: Der e<strong>in</strong>dimensionale Mensch; S. 106)<br />

122. Hier heißt es: +Das Credo dieses diffusen <strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>nismus sche<strong>in</strong>t zu se<strong>in</strong>, daß alles, was den Standards <strong>der</strong><br />

Rationalität nicht genügt o<strong>der</strong> Bekanntes allenfalls verdreht wie<strong>der</strong>gibt, damit auch schon gut, ja gar gelungen sei<br />

[…]*<br />

123. Wie <strong>der</strong> Überschrift zu entnehmen ist, setze ich +das Lob <strong>der</strong> Vielheit* allgeme<strong>in</strong> als Kennzeichen <strong>der</strong> (euphorischen)<br />

<strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>ne an und betrachte die +pluralistischen* Konzepte von Welsch und Hassan, auf die ich mich im folgenden<br />

konzentrieren werde, nur als stellvertretende Beispiele für das Denken <strong>der</strong> (primären und sekundären) euphorische<br />

<strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>ne. Mit dieser Orientierung an <strong>der</strong> Vielheit wollen sich die (eigentlichen) +<strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>nen* <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie<br />

vom (+radikalen*) E<strong>in</strong>heitsdenken <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne und <strong>der</strong> Vormo<strong>der</strong>ne absetzen. An die Stelle <strong>der</strong> Wurzel tritt also,<br />

wie sich <strong>in</strong> Anlehnung an Deleuze und Guattari formulieren läßt, das +Rhizom*, das für Konnexion, Heterogenität<br />

und Vielheit steht (vgl. Deleuze/Guattari: Rhizom; S. 11ff. und siehe auch Abschnitt 5.2.1)<br />

124. Hassan spricht zum e<strong>in</strong>en vom +new gnosticism* (vgl. Culture, Indeterm<strong>in</strong>acy, And Immanence; S. 67), stellt allerd<strong>in</strong>gs<br />

klar, daß dieser areligiöser Natur ist (vgl. Toward a Concept od <strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>nism; S. 172).<br />

125. Beide Tendenzen (+<strong>in</strong>determ<strong>in</strong>acy* und +immanence*) faßt Hassan mit dem Neologismus +<strong>in</strong>determanence*<br />

zusammen.<br />

126. Er nennt hier – wie <strong>in</strong> +<strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>ne heute* – neben Unbestimmtheit und Immanenz die sehr diffusen weiteren<br />

Merkmale: Fragmentisierung, Auflösung des (verb<strong>in</strong>dlichen) Kanons, Verlust von ›Ich‹ und ›Tiefe‹, Anti-Ikonographie,<br />

Ironie, Hybridisierung, Karnevalisierung, ›Performanz‹ und Fiktionalität. Wohl deshalb betont er, daß es ihm nicht<br />

um e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutige Def<strong>in</strong>ition, son<strong>der</strong>n vielmehr um +e<strong>in</strong>e praktische Liste* geht, die e<strong>in</strong> kulturelles Feld beschreiben<br />

soll (vgl. S. 48). Auf welche Weise sich daraus (wie <strong>in</strong> +Pluralism <strong>in</strong> <strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>n Perspective* gefolgert) e<strong>in</strong> kritischer<br />

Pluralismus (mit e<strong>in</strong>er gewissen Zwangsläufigkeit) ergeben soll, bleibt lei<strong>der</strong> im Dunkeln.<br />

127. +Abschied von <strong>der</strong> <strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>ne* haben z.B. Fischer et al. schon 1980 genommen. Ihnen g<strong>in</strong>g es dabei um die<br />

+Überw<strong>in</strong>dung <strong>der</strong> Orientierungskrise* <strong>in</strong> <strong>der</strong> Architektur, die zwar nur durch die gleichzeitige Überw<strong>in</strong>dung des<br />

Funktionalismus möglich ist, aber eher post<strong>in</strong>dustriellen als postmo<strong>der</strong>nen Charakter tragen soll (vgl. Über den komplizierten<br />

Weg zu e<strong>in</strong>er nachfunktionalistischen Architektur).<br />

128. Auch Welsch ist aber ke<strong>in</strong> Technologie-Fe<strong>in</strong>d. Er äußert zwar Kritik an <strong>der</strong> Dom<strong>in</strong>anz <strong>der</strong> Technik und <strong>der</strong><br />

technologischen Rationalität: +Die Attacke <strong>der</strong> <strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>ne zielt genau auf die Vorstellung von e<strong>in</strong>em Technologischen<br />

Zeitalter. Denn ›Technologisches Zeitalter‹ bedeutet ja eben, daß es nicht bei <strong>der</strong> sektorellen Uniformierung bleibt,<br />

son<strong>der</strong>n daß tendenziell alle gesellschaftlichen Prozesse dieser Technologie unterworfen werden […]* (Unsere postmo<strong>der</strong>ne<br />

Mo<strong>der</strong>ne; S. 221). An<strong>der</strong>erseits stellt er klar: +Das alles darf nicht mißverstanden werden. Mit Technologie-Fe<strong>in</strong>dlichkeit<br />

hat es nichts zu tun. Wohl aber mit Verteidigung von Vielfalt. Die Kritik betrifft alle<strong>in</strong> die Ausschließlichkeitsansprüche<br />

des Technologischen […]* (Ebd.; S. 222)<br />

129. Spaemann selbst nennt – obwohl ich ihn e<strong>in</strong>er euphorischen <strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>ne prämo<strong>der</strong>ner Prägung zugeordnet<br />

habe – nicht die +<strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>ne* explizit als (legitime) Nachfolger<strong>in</strong> <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne. Allerd<strong>in</strong>gs beziehen sich an<strong>der</strong>e<br />

(wie Hübner und Koslowski), die e<strong>in</strong>deutiger dieser Richtung e<strong>in</strong>er euphorischen <strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>ne zuzuordnen s<strong>in</strong>d,<br />

auf Spaemanns Überlegungen.<br />

130. Weitere Beispiele für e<strong>in</strong>en religiös-spirituell fundierten <strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>nismus f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> dem Sammelband +Sacred<br />

Interconnections*, <strong>der</strong> von David Griff<strong>in</strong> herausgegeben wurde. Hier ist <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Beitrag von Matthew Fox<br />

zu nennen, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e postmo<strong>der</strong>ne Spiritualität heraufziehen sieht (vgl. A Mystical Cosmology: Toward a <strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>n<br />

Spirituality).<br />

131. E<strong>in</strong>e Übersicht über das Spektrum kommunitaristisches Denkens und die amerikanische Debatte zwischen Liberalen<br />

und Kommunitaristen bietet <strong>der</strong> von Axel Honneth herausgegebene Sammelband +Kommunitarismus* (1995).

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