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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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10 POLITIK IN DER (POST-)MODERNE<br />

59. Das erste Kapitel, aus dem hier zitiert wurde, stellt e<strong>in</strong>e nur leicht überarbeitete Fassung des Vortrags Luhmanns<br />

vom Soziologentag 1990 über +Das Mo<strong>der</strong>ne <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Gesellschaft* dar.<br />

60. Luhmann sche<strong>in</strong>t hier übrigens zu übersehen, daß Marx’ ursprüngliche Argumentation se<strong>in</strong>er eigenen gar nicht<br />

so unähnlich ist. Marx ignoriert natürlich ke<strong>in</strong>eswegs, daß gerade die Entfremdung e<strong>in</strong>en +positiven* Effekt für die<br />

Entwicklung des Bewußtse<strong>in</strong>s über die eigene Lage hat – man vergleiche z.B. nur die zitierten Passagen aus dem +Manifest<br />

<strong>der</strong> kommunistischen Partei* (siehe S. XIX) – und <strong>in</strong>soweit <strong>der</strong> Emanzipation för<strong>der</strong>lich ist. Grundsätzlich wertet Marx<br />

Entfremdung jedoch im Gegensatz zu Luhmann e<strong>in</strong>deutig negativ, und Ziel se<strong>in</strong>er +Gesellschaftsutopie* ist deshalb<br />

gerade die Aufhebung von Entfremdung. Es ist übrigens Arnold Gehlen, <strong>der</strong> sich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en +Studien Anthropologie<br />

und Soziologie* (1963) <strong>in</strong> ganz ähnlicher Weise wie Luhmann +Über die Geburt <strong>der</strong> Freiheit aus <strong>der</strong> Entfremdung*<br />

äußert – ohne von diesem allerd<strong>in</strong>gs zitiert zu werden. Gehlen me<strong>in</strong>t, daß die Zeit abgelaufen sei, +<strong>in</strong> <strong>der</strong> die Freiheit<br />

sich noch enthusiastisch realisieren wollte* (S. 243). +Heute sche<strong>in</strong>t dieses Bedürfnis [sich dem Joch <strong>der</strong> Umstände<br />

zu entziehen] fast eher <strong>in</strong> Mechanismen zu denken, es bemüht nicht mehr das alte Zauberwort <strong>der</strong> Freiheit, es denkt<br />

<strong>in</strong> Plänen.* (Ebd.; S. 246). Denn +<strong>der</strong> [heutige] Mensch kann zu sich und se<strong>in</strong>esgleichen e<strong>in</strong> dauerndes Verhältnis<br />

nur <strong>in</strong>direkt festhalten, er muß sich auf e<strong>in</strong>em Umwege, sich entäußernd, wie<strong>der</strong>f<strong>in</strong>den, und da liegen die [sozialen]<br />

Institutionen* (ebd.; S. 245).<br />

61. Im Gegensatz zum Begriff +<strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>ne*, ist <strong>der</strong> Begriff +<strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>nismus* ke<strong>in</strong> historischer Epochenbegriff,<br />

son<strong>der</strong>n bezieht sich auf die <strong>der</strong> postmo<strong>der</strong>nen Epoche spezifische Kulturbewegung. Zusätzlich kann man den Begriff<br />

<strong>der</strong> +<strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>nität* abgrenzen, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en bestimmten – wie<strong>der</strong>um <strong>der</strong> Epoche <strong>der</strong> <strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>ne entsprechenden<br />

– soziologischen, ökonomischen, kulturellen o<strong>der</strong> kognitiven Zustand me<strong>in</strong>t (vgl. hierzu auch Featherstone: In Pursuit<br />

of the <strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>n sowie Hudson: Zur Frage postmo<strong>der</strong>ner Philosophie; S. 123f.).<br />

62. Luhmann geht natürlich, da er mo<strong>der</strong>ne Gesellschaften als re<strong>in</strong> funktional differenziert betrachtet (siehe S. XXV),<br />

nicht mehr von <strong>der</strong> Schichtungsgesellschaft als Modell aus, doch verbleibt auch se<strong>in</strong>e Perspektive im Horizont <strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>fachen Mo<strong>der</strong>ne, wie e<strong>in</strong> Blick auf das unten zitierte dritte Merkmal e<strong>in</strong>facher Mo<strong>der</strong>nisierungstheorien zeigt.<br />

63. Ich würde hier abweichend vorschlagen, besser von e<strong>in</strong>em Fortschrittsmodell zu sprechen, das entwe<strong>der</strong> auf<br />

Fortschritt durch evolutionären o<strong>der</strong> revolutionären Wandel beruht.<br />

64. Alle diese hier genannten Transformationsprozesse werden im zweiten Kapitel noch genauer thematisiert werden.<br />

65. Was damit geme<strong>in</strong>t ist, wird im Verlauf des zweiten Kapitels hoffentlich ebenfalls deutlich werden. Spätestens<br />

im fünften Kapitel werde ich mich aber explizit mit <strong>der</strong> problematischen (von Reflexivität gespeisten) Dialektik von<br />

Reflexion und Deflexion ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzen.<br />

66. Ich werde mich allerd<strong>in</strong>gs, aus pragmatischen Gründen, zumeist auf das Beispiel <strong>der</strong> Bundesrepublik konzentrieren.<br />

67. Vgl. Welsch: Unsere postmo<strong>der</strong>ne Mo<strong>der</strong>ne; S. 9–43 sowie Köhler: ›<strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>nismus‹ – E<strong>in</strong> begriffsgeschichtlicher<br />

Überblick.<br />

68. Auf dieser Seite f<strong>in</strong>den sich auch die zitierten Stellen – es ist allerd<strong>in</strong>gs zu beachten, daß ich (da sie mir nicht<br />

zugänglich war) nicht die Orig<strong>in</strong>al-Ausgabe benutzt habe, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>e (nicht Seiten-identische) Neuauflage aus dem<br />

Jahr 1947.<br />

69. So die Übersetzung <strong>in</strong> <strong>der</strong> deutschen Ausgabe.<br />

70. Köhler und (<strong>in</strong> Anlehnung an ihn) Welsch behaupten, Toynbee hätte als Kennzeichen <strong>der</strong> aktuellen, d.h. +nachneuzeitlichen*<br />

bzw. +postmo<strong>der</strong>nen* Epoche den +Übergang <strong>der</strong> <strong>Politik</strong> von nationalstaatlichem Denken zu globaler<br />

Interaktion* gesehen (Unsere postmo<strong>der</strong>ne Mo<strong>der</strong>ne; S. 14), was jedoch so nicht korrekt ist – vor allem, wenn man<br />

die späteren Teile se<strong>in</strong>es umfangreichen Werks als Beleg heranzieht. Zwar heißt es bei Toynbee: +Der Industrialismus<br />

ist wie die Demokratie eigentlich kosmopolitisch* (Der Gang <strong>der</strong> Weltgeschichte; Band 1, S. 383). Doch +um die sechziger<br />

und siebziger Jahre des letzten Jahrhun<strong>der</strong>ts* (ebd.; S. 384), also gerade <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wendezeit zur Nach-Neuzeit bzw.<br />

<strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>ne, +än<strong>der</strong>ten Industrialismus und Demokratie ihre <strong>Politik</strong> und arbeiteten <strong>in</strong> entgegengesetzter Richtung*<br />

(ebd.). Die Ursache für diese Wende sieht er im Zusammenhang zwischen dem nationalen Territorial- und dem Handels<strong>in</strong>teresse<br />

(vgl. ebd.; S. 385). E<strong>in</strong>ziger Ausweg aus <strong>der</strong> Sackgasse des Nationalismus und Militarismus ist für den +christlichen

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