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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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8 POLITIK IN DER (POST-)MODERNE<br />

werden soll, beson<strong>der</strong>s gewandt s<strong>in</strong>d. Zweitens: Man studiere die genaue Reihenfolge <strong>der</strong> grundlegenden Operationen,<br />

welche je<strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelne dieser Leute immer wie<strong>der</strong> ausführt […] Drittens: Man messe mit <strong>der</strong> Stoppuhr die Zeit, welche<br />

zu je<strong>der</strong> dieser E<strong>in</strong>zeloperationen nötig ist […] Viertens: Man schalte alle falschen, zeitraubenden und nutzlosen Bewegungen<br />

aus. Fünftens: Nach Beseitigung aller unnötigen Bewegungen stelle man die schnellsten und besten Bewegungen<br />

[…] tabellarisch <strong>in</strong> Serien geordnet zusammen […] Diese beste Methode wird zur Norm und bleibt Norm, bis sie<br />

ihrerseits wie<strong>der</strong> von e<strong>in</strong>er schnelleren und besseren Serie von Bewegungen verdrängt wird.* (Ebd.; S. 125f.)<br />

40. In Webers Hauptwerk +Wirtschaft und Gesellschaft* (1922) heißt es: +Staat im S<strong>in</strong>ne des rationalen Staates [<strong>in</strong><br />

dem alle<strong>in</strong> <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>ne Kapitalismus gedeihen kann] hat es nur im Okzident gegeben […] Er beruht auf dem<br />

Fachbeamtentum und dem rationalen Recht* (S. 816).<br />

41. Neben <strong>der</strong> traditionalen und <strong>der</strong> legalen Herrschaft kennt Weber noch e<strong>in</strong>e dritte Form: die charismatische Herrschaft,<br />

die auf <strong>der</strong> Autorität <strong>der</strong> +außeralltäglichen persönlichen Gnadengabe* beruht (<strong>Politik</strong> als Beruf; S. 8).<br />

42. Van <strong>der</strong> Loo und van Reijen sehen e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es als das hier formulierte Paradox als zentral für den Rationalisierungsprozeß<br />

an: nämlich die Gleichzeitigkeit von Generalisierung (des Vernunftpr<strong>in</strong>zips) und Pluralisierung (im<br />

Wertebereich). (Vgl. Mo<strong>der</strong>nisierung; S. 157f.)<br />

43. Freud war aber natürlich nicht <strong>der</strong> erste Kultur-Kritiker, son<strong>der</strong>n Vorgänger waren u.a. Rousseau und Nietzsche.<br />

Rousseau wies u.a darauf h<strong>in</strong>, daß die Höflichkeit unaufhörlich zw<strong>in</strong>gt, sich an<strong>der</strong>s zu verhalten, als es die eigene<br />

E<strong>in</strong>gebung gebietet (vgl. Über Kunst und Wissenschaft; S. 11 und siehe auch Anmerkung 10). Indem <strong>der</strong> Mensch sich<br />

vergesellschaftet +und Sklave wird, wird er schwach, furchtsam, kriecherisch, und se<strong>in</strong>e weibische und weichliche<br />

Lebensweise schwächt endlich zugleich se<strong>in</strong>e Kraft und se<strong>in</strong>en Mut* (Über die Ungleichheit; S. 103). Ganz ähnlich,<br />

jedoch <strong>in</strong> Gegensatz zu Rousseau mit e<strong>in</strong>deutiger Verachtung für alles Schwache, heißt es bei Nietzsche: +Wer das<br />

Gewissen des heutigen Europäers prüft, wird aus tausend moralischen Falten und Verstecken immer den gleichen<br />

Imperativ herauszuziehen haben, den Imperativ <strong>der</strong> Herden-Furchtsamkeit* (Jenseits von Gut und Böse; S. 659). +Gewisse<br />

starke und gefährliche Triebe, wie Unternehmungslust, Tollkühnheit, Rachsucht, Verschlagenheit, Raubgier, Herrschsucht,<br />

die bisher <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>nützigen S<strong>in</strong>ne nicht nur geehrt […], son<strong>der</strong>n groß-gezogen und -gezüchtet werden mußten<br />

[…], werden nunmehr <strong>in</strong> ihrer Gefährlichkeit doppelt stark empfunden […] und schrittweise, als unmoralisch, gebrandmarkt<br />

und <strong>der</strong> Verleumdung preisgegeben […] das Mittelmaß <strong>der</strong> Begierden kommt zu moralischen Namen und Ehren.*<br />

(Ebd.; S. 657f.) Aber: +Die Krankhaften s<strong>in</strong>d des Menschen große Gefahr: nicht die Bösen, nicht die ›Raubtiere‹* (Zur<br />

Genealogie <strong>der</strong> Moral; S. 863).<br />

44. Explizit differenziert Freud erstmals zwischen libid<strong>in</strong>ösen und Aggressionstrieben <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Schrift +Jenseits des<br />

Lustpr<strong>in</strong>zips* (1920). Vorher hatte Freud alles psychische Geschehen auf das grundlegende Pr<strong>in</strong>zip des Eros zurückgeführt,<br />

<strong>der</strong> beides, den Selbsterhaltungs- und den Arterhaltungstrieb, be<strong>in</strong>halte.<br />

45. Elias weist ganz zu Beg<strong>in</strong>n se<strong>in</strong>es zweibändigen Werks darauf h<strong>in</strong>, daß <strong>der</strong> Zivilisationsbegriff im Deutschen e<strong>in</strong>en<br />

e<strong>in</strong>geschränkten Inhalt hat, bloß auf die äußere, oberflächliche Seite <strong>der</strong> Kultur bezogen wird. Im Gegensatz dazu<br />

umfassen die Begriffe +civilisation* und +civilité* <strong>der</strong> Englän<strong>der</strong> bzw. <strong>der</strong> Franzosen das gesamte Spektrum <strong>der</strong> kulturellen<br />

Entwicklung. Diesem umfassenden Zivilisationsbegriff schließt sich Elias an. Angemessen gewürdigt wurde Elias’ Arbeit<br />

übrigens erst lange Zeit nach ihrer Abfassung. Erst dreißig Jahre nach <strong>der</strong> ersten, selbstf<strong>in</strong>anzierten Drucklegung 1937<br />

(Band 1) bzw. 1939 (beide Bände) kam es zur Neuauflage des heutigen Standardwerks.<br />

46. Elias betont allerd<strong>in</strong>gs, daß bisweilen die imitierenden aufsteigenden Schichten die von oben übernommenen<br />

Normen viel strenger und rigi<strong>der</strong> verteidigen – eben weil sie bei ihnen noch nicht so weit gefestigt s<strong>in</strong>d (vgl. Über<br />

den Prozeß <strong>der</strong> Zivilisation; Band 2, S. 425f.).<br />

47. Foucault selbst nennt se<strong>in</strong>en Ansatz <strong>in</strong> Anlehnung an Nietzsche +genealogisch* (siehe auch S. XLVII).<br />

48. Es gilt allerd<strong>in</strong>gs zu beachten, daß Foucaults Machtbegriff nicht per se negativ konnotiert ist. Das hat auch damit<br />

zu tun, daß er – an<strong>der</strong>s als se<strong>in</strong> +Mentor* Althusser – Macht weniger <strong>in</strong> sozialen Makrostrukturen wie den +Klassenverhältnissen*<br />

manifestiert sah. Vielmehr rückte Foucault die +Mikrophysik* <strong>der</strong> Macht, ihr wirken <strong>in</strong> den alltäglichen<br />

Beziehungen <strong>in</strong>s Zentrum <strong>der</strong> Analyse, und konnte so auch zu e<strong>in</strong>er +positiveren* Bestimmung <strong>der</strong> Macht kommen.<br />

In e<strong>in</strong>em Interview aus dem Jahr 1977 erläutert er: +Wenn sie nur repressiv wäre, […] glauben Sie dann wirklich,<br />

daß man ihr gehorchen würde? Der Grund dafür, daß die Macht herrscht, daß man sie akzeptiert, liegt ganz e<strong>in</strong>fach<br />

dar<strong>in</strong>, daß sie nicht nur als ne<strong>in</strong>sagende Gewalt auf uns lastet, son<strong>der</strong>n <strong>in</strong> Wirklichkeit die Körper durchdr<strong>in</strong>gt […]

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