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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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XCIV POLITIK IN DER (POST-)MODERNE<br />

die treibende Angst abzuschütteln und das Selbst als e<strong>in</strong> konstruiertes, im (sensuellen) Ause<strong>in</strong>-<br />

an<strong>der</strong>setzungsprozeß mit <strong>der</strong> Umwelt sich hervorbr<strong>in</strong>gendes (Bewußtse<strong>in</strong>s-)Phänomen zu er-<br />

kennen, das <strong>in</strong> den Strukturen des Körpers und <strong>der</strong> Triebkräfte verhaftet ist. 10<br />

Mit dieser Vorstellung e<strong>in</strong>es +verkörperten Bewußtse<strong>in</strong>s* trifft sich die buddhistische Philosophie<br />

des Mittleren Wegs zum e<strong>in</strong>en mit den kognitionswissenschaftlichen Theorien des Radikalen<br />

11<br />

Konstruktivismus (vgl. Varela/Thompson: Der Mittlere Weg <strong>der</strong> Erkenntnis). Im konsequenten<br />

Dekonstruktionsbemühen N)ag)arjunas zeigen sich aber auch Berührungspunkte zum +postmo-<br />

<strong>der</strong>nen*, allerd<strong>in</strong>gs auf dem Wert <strong>der</strong> Differenz und <strong>der</strong> Gerechtigkeit beharrenden De-Konstruk-<br />

12<br />

tivismus Derridas und se<strong>in</strong>em +dezentrierten* Selbst-Konzept, das auf die logozentrische<br />

Unterdrückung des Subjekts abhebt und se<strong>in</strong>er Differenz (<strong>in</strong> Anlehnung an Lévi-Strauss) durch<br />

e<strong>in</strong> +spielerisches*, auf jedes Zentrum und jeden Ursprung verzichtendes +wildes Denken*<br />

Raum zu schaffen bestrebt ist (vgl. z.B. Die Schrift und die Differenz; S. 302ff. sowie S. 422–442<br />

und siehe auch nochmals hier S. XLVIIIf. u. S. 316).<br />

Die poststrukturalistische These e<strong>in</strong>er +Dezentrierung des Subjekts* (vgl. auch Rustermeyer:<br />

Zur Dezentrierung des Subjekts im neueren französischen Strukturalismus) hat den Identitäts-<br />

Diskurs <strong>der</strong> Gegenwart wesentlich geprägt. Die H<strong>in</strong>terfragung <strong>der</strong> heroischen Erzählung vom<br />

autonomen Individuum, wie sie die Mo<strong>der</strong>ne dom<strong>in</strong>ierte, und des mit ihr verknüpften Selbst-<br />

Konzepts <strong>der</strong> E<strong>in</strong>deutigkeit und <strong>der</strong> Kohärenz, beg<strong>in</strong>nt aber genau genommen schon bei Freud.<br />

Für diesen ist <strong>der</strong> psychische Apparat ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>heit mehr, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong> Ort des Konflikts und<br />

Zwiespalts, bei dem die Impulse des +Es* mit den ver<strong>in</strong>nerlichten Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

(+Über-Ich*) im Streit liegen und durch das +Ich* vermittelt werden müssen (vgl. z.B. Abriß<br />

13<br />

<strong>der</strong> Psychoanalyse; S. 9ff.). In <strong>der</strong> postfreudianischen, sprachtheoretisch gewendeten Psycho-<br />

analyse Lacans wird aus <strong>der</strong> Freudschen Vorstellung des Ichs als dem vermittelndem Zentrum<br />

des Selbst e<strong>in</strong>e bloße (psychologische) Metapher, e<strong>in</strong> <strong>in</strong> symbolischer Selbst-Spiegelung hervor-<br />

gebrachtes +Imago* (vgl. z.B. Écrits; S. 93ff. sowie Jähnig: Freuds Dezentrierung des Subjekts<br />

im Zeichen <strong>der</strong> Hermeneutiken Ricœurs und Lacans). Von Lacan führt die L<strong>in</strong>ie des psycholo-<br />

gischen Diskurses über das Selbst und die Identität schließlich weiter zu den aktuell domi-<br />

nierenden narrativen Identitätskonzepten (vgl. z.B. Kraus: Das erzählte Selbst).<br />

Hier wird das Selbst jedoch nicht selbst als e<strong>in</strong>e Narration aufgefaßt. Vielmehr gelangt man<br />

zu dem, was das Selbst für sich (als von sich selbst verschiedenes +An<strong>der</strong>es*) tatsächlich se<strong>in</strong><br />

könnte, erst <strong>in</strong>dem man die Erzählungen über das Selbst, auch die des +erzählten Selbst*

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