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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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EXCURSION TERMINALE: POLITISCHE APORIEN UND UTOPIEN XCIII<br />

+Prajñ)ap)armit)a-Hrdaya-S)utra* o<strong>der</strong> +S)utra vom Herzen <strong>der</strong> Vollkommenen Weisheit*, e<strong>in</strong>em<br />

.<br />

populären Schlüsseltext des Mah)ay)ana-Buddhismus, heißt es zu <strong>der</strong> gemäß <strong>der</strong> obigen Darlegung<br />

auf den +fünf Skandhas* – also dem Körperlichen (r)upa), <strong>der</strong> Empf<strong>in</strong>dung (vedan)a), <strong>der</strong> (unter-<br />

scheidenen) Wahrnehmung (sanjña), dem Willen (sansk)ara) und dem Bewußtse<strong>in</strong> (vijñ)ana)<br />

– sowie <strong>der</strong> Identifizierung des Ichs mit dem Se<strong>in</strong> beruhenden Ich-Illusion und zur Leerheit:<br />

Alle Dharmas s<strong>in</strong>d (geprägt vom)<br />

›Siegel‹ <strong>der</strong> Leerheit!<br />

Deshalb gibt es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Leerheit<br />

ke<strong>in</strong>en Körper, ke<strong>in</strong> Gefühl,<br />

ke<strong>in</strong>e Wahrnehmung,<br />

ke<strong>in</strong>e Willensregungen<br />

und ke<strong>in</strong> Bewußtse<strong>in</strong>.<br />

[...]<br />

Da gibt es we<strong>der</strong> Erkenntnis<br />

noch Verwirklichen,<br />

weil es (<strong>in</strong> <strong>der</strong> Leerheit) nichts gibt,<br />

was zu verwirklichen wäre.<br />

Bei N)ag)arjuna (2. Jh. n. Chr.), e<strong>in</strong>em wichtigen +Wegbereiter* des Mah)ay)ana, <strong>der</strong> bereits<br />

oben kurz erwähnt wurde (siehe S. 352), geht das dekonstruierende Bestreben, das Befreiung<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Erkenntnis <strong>der</strong> Leerheit zum Ziel hat, so weit, daß er sogar die buddhistische Dekon-<br />

struktion des Selbst noch zu dekonstruieren versucht und behauptet:<br />

+That there is a self has been taught, And the doctr<strong>in</strong>e of no-self, […] as well as the Doctr<strong>in</strong>e of neither<br />

self nor nonself […] Everyth<strong>in</strong>g is real and is not real, Both real and not real, Neither real nor not real,<br />

This is Lord Buddha’s teach<strong>in</strong>g.* (Mu) lamadhyamakaka) rika) ; Kap. 18, Vers 6ff.)<br />

Trotz solch radikaler Dekonstruktion, die auch das Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Kausalität, die Wirklichkeit<br />

von Kategorien wie Raum und Zeit und die Existenz e<strong>in</strong>er Essenz verne<strong>in</strong>t (vgl. ebd.; Kap.<br />

9<br />

1ff.), beansprucht N)ag)arjuna, e<strong>in</strong>en +mittleren Weg* zu beschreiten, da er absoluten Nihilismus<br />

genauso wie essentialistische Konzepte ablehnt und deshalb zugesteht, daß kausale Begrün-<br />

dungen und <strong>der</strong> Rekurs auf Begriffe wie Raum o<strong>der</strong> Zeit für unser +praktisches* Weltverständnis<br />

durchaus funktional se<strong>in</strong> können (vgl. auch Garfield: The Fundamental Wisdom of the Middle<br />

Way; S. 122). N)ag)arjuna weist <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Schriften nur auf die unvermeidlichen Ant<strong>in</strong>omien<br />

e<strong>in</strong>es ontologischen und streng kausalen Denkens h<strong>in</strong>, dessen Mächtigkeit re<strong>in</strong> auf Konventionen<br />

beruht. Erst wenn man sich den Wi<strong>der</strong>sprüchen des Se<strong>in</strong>s aussetzt und das konventionelle<br />

Denken h<strong>in</strong>terfragt, wird es möglich, illusions- und +anhaftungslos* Stellung zur Welt zu beziehen,

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