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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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KAP. 5: REFLEXIV-DEFLEXIVE MODERNISIERUNG UND DIE DIFFUSION DES POLITISCHEN 417<br />

durch die Kraft <strong>der</strong> – hier negativ verstandenen – (dialektischen) Vernunft. Bei neueren Ansätzen,<br />

die kritisch an Adorno anschließen, wird Dialektik deshalb explizit +ohne die Konnotation<br />

e<strong>in</strong>er sich vollendenden Wahrheit o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er sich vollendenden Geschichte* gefaßt (Wellmer:<br />

Zur Dialektik von Mo<strong>der</strong>ne und <strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>ne; S. 49), son<strong>der</strong>n vielmehr als e<strong>in</strong>e unbestimmte,<br />

146<br />

doch konkret angestoßene Suchbewegung verstanden (vgl. ebd.; S. 109). In diesem (post-<br />

mo<strong>der</strong>nen) Verzicht auf Synthese und (teleologische) Wahrheit f<strong>in</strong>det nicht mehr nur e<strong>in</strong>e<br />

Negation <strong>der</strong> Negation <strong>der</strong> Negation statt, son<strong>der</strong>n es erfolgt auch e<strong>in</strong>e (öffnende) Entklammerung<br />

<strong>der</strong> Dialektik (vgl. z.B. Kamper: Aufklärung – Was sonst?; S. 43 sowie Bachelard: La philosophie<br />

147<br />

du non). So stellt sich das dialektische Denken <strong>der</strong> +Abgründigkeit* des Se<strong>in</strong>s.<br />

Diese Entklammerung <strong>der</strong> Dialektik bedeutet vor allem auch, daß das dialektische Denken<br />

nicht nur sich selbst erfaßt und negiert, son<strong>der</strong>n darüber h<strong>in</strong>aus se<strong>in</strong>e Bed<strong>in</strong>gungen (d.h se<strong>in</strong>e<br />

materielle wie +ideelle* Bed<strong>in</strong>gtheit) reflektiert. E<strong>in</strong>e auf Synthese verzichtende Verb<strong>in</strong>dung<br />

von materialistischer und idealistischer Dialektik, wie sie diesem Anspruch entspricht, wird<br />

aber wie<strong>der</strong>um nur gel<strong>in</strong>gen können, wenn die Dialektik <strong>in</strong> das Verhältnis von Se<strong>in</strong> und Bewußt-<br />

se<strong>in</strong> selbst verlagert wird. Dialektik als reflexive, zugleich auf sich selbst bezogene Spiegelung<br />

<strong>der</strong> sozial-historischen +Wirklichkeit* besteht folglich <strong>in</strong> <strong>der</strong> +realen* (unaufhebbaren) Verwo-<br />

benheit von Se<strong>in</strong> und Bewußtse<strong>in</strong>, Theorie und Praxis. Denn jedes Denken ist (materielle)<br />

Praxis, <strong>in</strong>soweit es sich nicht nur auf e<strong>in</strong> wie auch immer geartetes (erkanntes o<strong>der</strong> verkanntes,<br />

vorgestelltes o<strong>der</strong> wirkliches) Seiendes bezieht, son<strong>der</strong>n <strong>in</strong> diesem Bezug Handlungen – und<br />

seien es auch nur gedachte – auslöst. An<strong>der</strong>erseits ist jede Praxis theoretisch, <strong>in</strong>soweit sie<br />

notwendig (wenn auch vielleicht unbewußt) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em wie auch immer gearteten Zusammenhang<br />

mit dem Gedachten steht, das se<strong>in</strong>erseits auf das Handeln zurückwirkt und umgekehrt. Genau<br />

aus diesem doppelt kont<strong>in</strong>genten Wechselverhältnis erklärt sich die dynamische dialektische<br />

Spannung des sozialen Prozesses.<br />

Daß e<strong>in</strong> Zusammenhang zwischen Denken und Handeln, Se<strong>in</strong> und Bewußtse<strong>in</strong> besteht, war<br />

natürlich auch den dialektischen Denkern <strong>der</strong> Vergangenheit bewußt. Trotzdem wurde das<br />

bewegende Pr<strong>in</strong>zip <strong>der</strong> Dialektik entwe<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en o<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Sphäre, im<br />

materiellen Se<strong>in</strong> (ökonomische Verhältnisse) o<strong>der</strong> im (transzendentalen) Bewußtse<strong>in</strong>, im +Welt-<br />

geist*, im Reich <strong>der</strong> Ideen verortet, <strong>der</strong>en +Objektivität* sich dem Subjekt über die gedankliche<br />

148<br />

Reflexion offenbart bzw. von ihm <strong>in</strong>tuitiv-anamnetisch o<strong>der</strong> +d<strong>in</strong>glich* erfahren wird. Selbst<br />

bei Adorno – obwohl se<strong>in</strong>e negative Dialektik, als kritische Theorie, auf <strong>der</strong> bestimmten Negation

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