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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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410 POLITIK IN DER (POST-)MODERNE<br />

für diese Systeme spezifische) Deflexionsmodi zurückgreifen (siehe auch Tabelle 14): Ökonomi-<br />

sche Deflexion beruht zum e<strong>in</strong>en auf <strong>der</strong> <strong>in</strong>tegrativen Macht des Konsums <strong>in</strong> <strong>der</strong> umverteilenden<br />

Gesellschaft des <strong>in</strong>dustriellen Wohlfahrtsstaats (praxologisches Zuckerbrot). Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Seite fußt sie auf <strong>der</strong> liberalistischen Ideologie <strong>der</strong> freien Marktwirtschaft und <strong>der</strong> aus ihr<br />

abgeleiteten These vom Zwang zur Anpassung an die Marktgesetze <strong>der</strong> Konkurrenz (ideologische<br />

Peitsche), welche durch die stattf<strong>in</strong>denden Globalisierungsprozesse zusätzlichen Auftrieb erhält.<br />

Im Kontext <strong>der</strong> rechtlichen Deflexion wird primär auf die schon oben angesprochene zentrale<br />

Praxologie des (Rechts-)Verfahrens zurückgegriffen, die es ermöglicht, politische (Streit-)Fragen<br />

<strong>in</strong> entschärfende juristische Diskurse zu übersetzen. Mit <strong>der</strong> Praxologie des Rechtsverfahrens<br />

korrespondiert die Ideologie des gewaltenteiligen Verfassungsstaats und <strong>der</strong> unabhängigen<br />

Justiz. Die ideologische +Grundlage* <strong>der</strong> wissenschaftlichen Deflexion besteht analog <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Annahme wissenschaftlicher Unabhängigkeit und Objektivität. Sie wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxologie wissen-<br />

schaftlicher Expertisen von <strong>der</strong> <strong>Politik</strong> deflektorisch genutzt. Im Rahmen <strong>der</strong> dramaturgischen<br />

Deflexion versucht die <strong>Politik</strong> sich durch expressive Inszenierungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Öffentlichkeit darzustel-<br />

len. Diese politischen +Rituale* (wie z.B. Vereidigungszeremonien) und die Permanenz <strong>der</strong><br />

politischen Präsenz <strong>in</strong> den Medien erzeugen Vertrautheit und Vertrauen. Abgestützt wird<br />

diese <strong>in</strong>tegrative Erzeugung von +Handlungssche<strong>in</strong>* (Meier) durch die Ideologie <strong>der</strong> objektiven<br />

und neutralen (Medien-)Berichterstattung sowie <strong>der</strong> verbreiteten Annahme, daß <strong>der</strong> +Augen-<br />

131<br />

sche<strong>in</strong>* nicht trügen kann. Symbolische Deflexion, die eng mit <strong>der</strong> dramaturgischen Deflexion<br />

verknüpft ist, erfolgt primär mit dem Mittel <strong>der</strong> (historischen) Erzählung und <strong>der</strong> Herrschaft<br />

132<br />

über die Sprache sowie die kulturellen Symbolwelten. Ihr liegt die Ideologie <strong>der</strong> nationalen<br />

E<strong>in</strong>heit und <strong>der</strong> sozial-kulturellen Wertegeme<strong>in</strong>schaft zugrunde. Allerd<strong>in</strong>gs s<strong>in</strong>d <strong>der</strong> Deflexion<br />

beson<strong>der</strong>s auf <strong>der</strong> kulturell-sozialstrukturellen Ebene enge Grenzen gesetzt. Ersche<strong>in</strong>ungen<br />

sozialer Des<strong>in</strong>tegration und kultureller Pluralisierung s<strong>in</strong>d weit fortgeschritten und können<br />

sowohl ideologisch wie praxologisch nur mehr schwer zusammengehalten werden.<br />

Doch all diese Zusammenhänge und ihre Problemfel<strong>der</strong> wurden schließlich <strong>in</strong> den voran-<br />

gegangenen Kapiteln bereits detailliert dargestellt und – anhand des Fallbeispiels +BSE* –<br />

auch plastisch veranschaulicht. Sie müssen folglich hier nicht weiter ausgebreitet und konkretisiert<br />

werden. Im folgenden möchte ich mich deshalb abschließend mit <strong>der</strong> Frage beschäftigen,<br />

welche politischen Auswirkungen die immer mehr zur +negativen* Seite tendierende Dialektik<br />

von Reflexion und Deflexion potentiell haben könnte.

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