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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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408 POLITIK IN DER (POST-)MODERNE<br />

Fel<strong>der</strong> (die gleichzeitig e<strong>in</strong>e Form symbolischen Kapitals darstellen). Abgesteckt werden diese<br />

e<strong>in</strong>engenden wie +machtvollen* semantischen Fel<strong>der</strong> bzw. Symbolaggregate <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

durch soziale Milieus und die b<strong>in</strong>ären Codes <strong>der</strong> Funktionssysteme, die erstens ke<strong>in</strong>e Zwischen-<br />

werte zulassen und Abweichungen von ihrer Semantik zweitens mit e<strong>in</strong>em Ausschluß sanktio-<br />

nieren. Diese ausschließende Rigidität <strong>der</strong> systemspezifischen Codes ist aus Systemsicht er-<br />

for<strong>der</strong>lich, da alternative Codes die Operationsgrundlage des Systems untergraben würden<br />

und deshalb mit allen Mitteln abgewehrt werden müssen.<br />

Die Deflexion alternativer Codes (reflexiver Gegenerzählungen) gel<strong>in</strong>gt am leichtesten durch<br />

die Anwendung des eigenen Codes (autopoietische Stabilisierung). E<strong>in</strong>e zentrale Praxologie,<br />

die aber gleichzeitig ideologischen Charakter hat, ist deshalb auch die (Fach-)Sprache. Denn<br />

ihre Begriffe und Strukturen etablieren e<strong>in</strong>e +mythologische* Metasprache, die S<strong>in</strong>n <strong>in</strong> Form<br />

überführt (vgl. Barthes: Mythen des Alltags; S. 115ff. und siehe auch nochmals Anmerkung<br />

105). Sie legen fest, was gedacht und was <strong>in</strong> <strong>der</strong> kommunikativen Praxis geäußert werden<br />

129<br />

kann. Sprachkonventionen bzw. diskursive Rout<strong>in</strong>en haben folglich <strong>in</strong> diesem doppelten<br />

Charakter als Ideologien und Praxologien e<strong>in</strong>en das Denken und die mit diesem Denken<br />

korrelierende Praxis stark ordnend-e<strong>in</strong>schränkenden Charakter (vgl. Saussure: Grundfragen<br />

130<br />

<strong>der</strong> allgeme<strong>in</strong>en Sprachwissenschaft sowie Foucault: Die Ordnung des Diskurses). Sowohl<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> rout<strong>in</strong>isierten Interaktion <strong>in</strong>nerhalb des Systemrahmens wie durch se<strong>in</strong>e Sprachregeln<br />

werden also Reflexionen abgelenkt, entsteht e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>stitutionalisierte und kommunizierend<br />

verfestigte +Fraglosigkeit* (vgl. auch Beck: Die Erf<strong>in</strong>dung des Politischen; S. 102ff.). Diese<br />

Kanalisierung reicht, wie schon oben angedeutet wurde, bis <strong>in</strong> den emotionalen Bereich h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>:<br />

Die vielfältige und ambivalente Gefühlswelt des Subjekts wird überformt durch den vere<strong>in</strong>-<br />

heitlichenden, konformierenden Zwang <strong>der</strong> praxologisch ver<strong>in</strong>nerlichten Strukturen.<br />

Neben den bereits angesprochenen Praxologien <strong>der</strong> Diszipl<strong>in</strong>, <strong>der</strong> alltäglichen Rout<strong>in</strong>e (mit<br />

ihren e<strong>in</strong>engenden Rollenmustern), des <strong>in</strong>stitutionellen Handlungssystems und <strong>der</strong> sprachlichen<br />

Konvention gibt es noch weitere wichtige praxologische +Mechanismen*, die deflektorisch<br />

auf reflexive Impulse wirken: Die bürokratisch-juristischen Verfahren, die e<strong>in</strong>e rituelle Form<br />

<strong>der</strong> Konfliktlösung darstellen, s<strong>in</strong>d eng mit den <strong>in</strong>stitutionellen Praxologien verknüpft (siehe<br />

auch unten). Ihre festgelegten Regeln und Abläufe erzeugen Verläßlichkeit und (Rechts-)Sicherheit<br />

– und unterstützen den Glauben an die neutrale, <strong>in</strong> rationalen Grundsätzen begründete +Gerech-<br />

tigkeit* des <strong>in</strong>stitutionellen Systems <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Gesellschaft. Tatsächlich begrenzen Verfahren

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