09.12.2012 Aufrufe

Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

KAP. 5: REFLEXIV-DEFLEXIVE MODERNISIERUNG UND DIE DIFFUSION DES POLITISCHEN 407<br />

e<strong>in</strong>e wirksame, auf +Trägheiten* beruhende – teils bewußte, teils unbewußte – normierende<br />

128<br />

Macht ausüben. Auch und gerade die Institutionen <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Gesellschaft stellen durch<br />

ihre +variabel verfestigten* Strukturen, welche – trotz großer +Freiräume* – e<strong>in</strong>e reflexive<br />

Abweichung vom e<strong>in</strong>geschlagenen Kurs tatsächlich kaum erlauben, zu e<strong>in</strong>em hohen Grad<br />

praxologische Handlungssysteme dar. Bei ihnen steht nämlich oft weniger die Erfüllung <strong>der</strong><br />

ihnen zugrunde liegenden Funktionen im Vor<strong>der</strong>grund, als vielmehr ihre bloße Selbstreproduktion<br />

(vgl. politikbezogen auch Edelman: <strong>Politik</strong> als Ritual; Kap. 3).<br />

Die auf Selbstreproduktion zielenden Institutionen <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Gesellschaft werden zwar<br />

e<strong>in</strong>erseits permanent reflexiv h<strong>in</strong>terfragt – was sie zu Adaptionen zw<strong>in</strong>gt und ihnen damit<br />

häufig sogar e<strong>in</strong>en – temporären – Stabilitätsgew<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gt. Solche zumeist begrenzten<br />

Reflexion können erfolgen, weil die Institutionen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Konkurrenzverhältnis (z.B. um<br />

f<strong>in</strong>anzielle Ressourcen) stehen und sich so gegenseitig zu e<strong>in</strong>em gewissen Grad <strong>in</strong> Frage stellen.<br />

+Kritische* Reflexionen werden jedoch vor allem dadurch ausgelöst, daß die Institutionen<br />

von den Individuen als außerhalb <strong>der</strong> eigenen Lebenswelt situierte +Fremdkörper* wahrgenom-<br />

men werden: +Die Institutionen stehen dem Individuum als objektive Faktizität unabweisbar<br />

gegenüber. Sie s<strong>in</strong>d da, außerhalb <strong>der</strong> Person, und beharren <strong>in</strong> ihrer Wirklichkeit, ob wir<br />

sie leiden mögen o<strong>der</strong> nicht.* (Berger/Luckmann: Die gesellschaftliche Konstruktion <strong>der</strong> Wirklich-<br />

keit; S. 64). Durch diese +objektive* Distanz <strong>der</strong> Institutionen zur <strong>in</strong>dividuellen Lebenswelt<br />

entsteht e<strong>in</strong> kont<strong>in</strong>genter (d.h. unbestimmter und zugleich begrenzter) Reflexionsraum, <strong>der</strong><br />

auch e<strong>in</strong>e transzendierende Bewegung <strong>in</strong>itiieren kann (siehe auch Exkurs).<br />

Die Gesellschaft ist jedoch nicht nur im +objektiven* und damit – <strong>in</strong> <strong>der</strong> Negation – potentielle<br />

Reflexionsräume eröffnenden Außen, son<strong>der</strong>n weist tiefe Verankerungen im Innen auf. Diese<br />

+Innerlichkeit* <strong>der</strong> sozialen (Rollen-)Muster sowie <strong>der</strong> Institutionen, entsteht im Prozeß <strong>der</strong><br />

sekundären Sozialisation: +Die sekundäre Sozialisation erfor<strong>der</strong>t das Sich-zu-eigen-Machen<br />

e<strong>in</strong>es jeweils rollenspezifischen Vokabulars. Das wäre e<strong>in</strong>mal die Internalisierung semantischer<br />

Fel<strong>der</strong>, die Rout<strong>in</strong>eauffassung und -verhalten auf e<strong>in</strong>em <strong>in</strong>stitutionalen Gebiet regulieren.<br />

Zugleich werden die ›stillen Voraussetzungen‹, Wertbestimmungen und Affektnuancen dieser<br />

semantischen Fel<strong>der</strong> miterworben.* (Ebd.; S. 149) Mit <strong>der</strong> sekundären Sozialisation, die <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> aus-übenden E<strong>in</strong>schreibung <strong>der</strong> sozialen Handlungs-Muster zu e<strong>in</strong>em (klassen-)spezifischen<br />

Habitus führt (vgl. auch Bourdieu: Sozialer S<strong>in</strong>n; S. 98ff.), geschieht demnach auch e<strong>in</strong>e wirksame<br />

E<strong>in</strong>engung <strong>der</strong> Reflexionsräume durch die Bedeutungsrahmen <strong>der</strong> ver<strong>in</strong>nerlichten semantischen

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!