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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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ENTRÉE DISCURSIVE: POSTMODERNE – ENDE ODER VOLLENDUNG DER MODERNE? XLVII<br />

Mit dem E<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen +postmo<strong>der</strong>ner* Inhalte <strong>in</strong> die Wissenschaftstheorie war <strong>der</strong> Schritt zu<br />

83<br />

e<strong>in</strong>er postmo<strong>der</strong>nen Philosophie nicht mehr weit. Viele sehen sogar bereits <strong>in</strong> Foucault e<strong>in</strong>en<br />

<strong>der</strong> Denker, die ihn gegangen s<strong>in</strong>d. Allerd<strong>in</strong>gs wird Foucault überwiegend unter dem Etikett<br />

des +<strong>Post</strong>-* bzw. des +Ultrastrukturalismus* zum Umfeld <strong>der</strong> postmo<strong>der</strong>nen Philosophie gezählt, 84<br />

da er vom strukturalistischen Denken e<strong>in</strong>es Lévi-Strauss, Barthes o<strong>der</strong> Althusser bee<strong>in</strong>flußt<br />

war, sich aber auch von diesen absetzte und betont, er könne sich +niemanden vorstellen,<br />

<strong>der</strong> mehr Antistrukturalist wäre als* er (Wahrheit und Macht; S. 28).<br />

Auf Foucaults Bücher +Wahns<strong>in</strong>n und Gesellschaft* (1961) sowie +Überwachen und Strafen*<br />

(1975) wurde bereits e<strong>in</strong>gegangen (siehe S. XXXVIf.). Foucault hat hier, wie <strong>in</strong> +Die Geburt<br />

<strong>der</strong> Kl<strong>in</strong>ik* (1963), den Versuch unternommen, die Praktiken <strong>der</strong> sog. +Humanwissenschaften*<br />

e<strong>in</strong>er kritischen Analyse zu unterziehen sowie die untergründige Macht- und Zwangsstruktur<br />

85<br />

auch und gerade im Zeitalter <strong>der</strong> Vernunft offenzulegen. Foucault folgt dabei zwar e<strong>in</strong>er<br />

historischen Vorgehensweise, legt aber ke<strong>in</strong> teleologisches, evolutionäres Geschichtsbild zugrunde.<br />

In Anlehnung an Nietzsche (vgl. Zur Genealogie <strong>der</strong> Moral) entwickelt er e<strong>in</strong>e genealogische<br />

+Methode*, die – eher genial als streng logisch – gerade die Diskont<strong>in</strong>uitäten und Brüche<br />

86<br />

betont. E<strong>in</strong> Zitat, <strong>in</strong> dem er sich zum genealogischen Pr<strong>in</strong>zip äußert, kann vielleicht deutlich<br />

machen, warum man Foucault häufig dem <strong>Post</strong>mo<strong>der</strong>nismus zurechnet:<br />

+Die Genealogie <strong>der</strong> Werte, <strong>der</strong> Moral, […] <strong>der</strong> Erkenntnis hat […] nicht von <strong>der</strong> Suche nach ihrem<br />

›Ursprung‹ auszugehen und die vielfältigen Episoden <strong>der</strong> Geschichte wegen ihrer Unzulänglichkeit<br />

auszuklammern. Sie muß sich vielmehr bei den E<strong>in</strong>zelheiten und Zufälligkeiten <strong>der</strong> Anfänge aufhalten;<br />

[…] sie muß darauf gefaßt se<strong>in</strong>, sie nach Ablegung <strong>der</strong> Masken mit an<strong>der</strong>en Gesichtern auftreten zu<br />

sehen; sie darf sich nicht scheuen, sie dort zu suchen, wo sie s<strong>in</strong>d, und ›<strong>in</strong> den Nie<strong>der</strong>ungen zu wühlen‹;<br />

sie muß ihnen Zeit lassen, aus dem Labyr<strong>in</strong>th hervorzukommen, wo sie von ke<strong>in</strong>er Wahrheit bevormundet<br />

waren. Der Genealoge braucht die Historie, um die Chimäre des Ursprungs zu vertreiben; so wie<br />

<strong>der</strong> gute Philosoph den Arzt braucht, um den Schatten <strong>der</strong> Seele zu vertreiben.* (Nietzsche, die<br />

Genealogie, die Historie; S. 72f.)<br />

Nur <strong>der</strong>art, also <strong>in</strong>dem man vom Ursprungsdenken Abschied nimmt und die grundsätzliche<br />

Gleichwertigkeit <strong>der</strong> potentiell möglichen, doch sozial abgesperrten Diskurse anerkennt (vgl.<br />

87<br />

dazu auch Die Ordnung des Diskurses), kann die +Überschreitung* gel<strong>in</strong>gen, +die für unsere<br />

Kultur ebenso entscheidend ist, wie noch vor nicht allzu langer Zeit für das dialektische Denken<br />

die Erfahrung des Wi<strong>der</strong>spruchs* (Vorrede zur Überschreitung; S. 31). E<strong>in</strong>e Möglichkeit zur

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