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Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

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398 POLITIK IN DER (POST-)MODERNE<br />

begreift, und das kritische Subjekt elim<strong>in</strong>iert, <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Strukturen verd<strong>in</strong>glichend aufgelöst<br />

hat, um se<strong>in</strong>e/ihre +Funktionsfähigkeit* zu sichern. Die aufklärerische Erzählung <strong>der</strong> Autonomie<br />

des Subjekts wird so ersetzt durch die Erzählung <strong>der</strong> Autonomie <strong>der</strong> Subsysteme.<br />

Doch welche politischen Konsequenzen impliziert diese deflexiv-ideologische Konstruktion?<br />

Wie ausgeführt, wurde Luhmann durch Habermas <strong>der</strong> Vorwurf gemacht, e<strong>in</strong>en sozialtechno-<br />

logischen Ansatz zu verfolgen, <strong>der</strong> auf die bloße Bestandserhaltung des etablierten Systems<br />

gerichtet ist. Diese E<strong>in</strong>schätzung mag so vielleicht für den frühen Luhmann gerechtfertigt gewesen<br />

se<strong>in</strong>. Für die hier zugrunde gelegte Fassung <strong>der</strong> Luhmannschen Theorie, also nach dessen<br />

+autopoietischer Wende*, trifft <strong>der</strong> gemachte Vorwurf jedoch kaum noch <strong>in</strong> dieser Weise.<br />

Luhmanns Ansatz besitzt – auch wenn <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Rahmen Ambivalenzen ke<strong>in</strong>en Platz f<strong>in</strong>den<br />

– ambivalenten Charakter: Er ist zwar aus dem Blickw<strong>in</strong>kel des Systems formuliert. Es handelt<br />

sich aber primär, wie hoffentlich deutlich wurde, um e<strong>in</strong>e nur schwer zugängliche wissen-<br />

schaftliche Narration <strong>der</strong> +systemischen* Selbstvergewisserung. (Herrschafts-)Praktisch ist Luh-<br />

manns Ansatz gerade deshalb, <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Hermetik und Konstruiertheit, kaum direkt umsetzbar/-<br />

operationalisierbar – was se<strong>in</strong>erseits zu diverser Kritik Anlaß gab (siehe unten). Es handelt<br />

sich folglich um e<strong>in</strong>e Kapitulation vor dem Faktischen, die nur als Ideologie, nicht als anwendbare<br />

+Sozialtechnologie* stützend für das bestehende System wirkt.<br />

Konkret bedeutet das: Die funktionalistische +Theorie* unterstützt praxologische Deflexionen<br />

(siehe Abschnitt 5.3.2) durch e<strong>in</strong>e Überbau-Konstruktion, die auf die Trennung <strong>der</strong> (Teil-)Systeme<br />

abhebt. Auf <strong>der</strong> Systemseite ist nämlich, wie bereits oben angesprochen wurde, (aufgrund<br />

<strong>der</strong> mit den Systemstrukturen verknüpften Interessen) immer eher e<strong>in</strong> Interesse am Erhalt,<br />

also an <strong>der</strong> Deflexion von herausfor<strong>der</strong>nden Reflexionen gegeben. Um das aber zu ermöglichen,<br />

muß das System erstens auf wirksame Rout<strong>in</strong>en zurückgreifen können, die H<strong>in</strong>terfragungen<br />

absorbieren, und zweitens muß es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage se<strong>in</strong>, Probleme dadurch zu entschärfen, daß<br />

sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en Bereich verlagert werden (Übersetzung), so daß diese ihre spezifische<br />

Kontur und damit ihre Sprengkraft verlieren (Komplexitätsreduktion). Beides kann aber nur<br />

gel<strong>in</strong>gen, wenn verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t wird, daß (von den Betroffenen) e<strong>in</strong> Bewußtse<strong>in</strong> für die übergreifenden<br />

Zusammenhänge entwickelt wird. Der Funktionalismus hilft im Gedanken <strong>der</strong> Autonomie<br />

<strong>der</strong> Subsysteme ebendies zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n. Letztere ist zwar +praktisch* kaum gegeben (wie<br />

die Analyse <strong>der</strong> sozialen Prozesse <strong>in</strong> den vorangegangenen Kapiteln zeigte), kann aber trotzdem<br />

als (ideologische) Grundlage für praxologische Übersetzungen genutzt werden.

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