09.12.2012 Aufrufe

Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

Politik in der (Post-)Moderne - edition fatal

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

KAP. 5: REFLEXIV-DEFLEXIVE MODERNISIERUNG UND DIE DIFFUSION DES POLITISCHEN 393<br />

mit dem Autopoiesiskonzept verknüpften Gedanken <strong>der</strong> (basalen) Selbstreferenz e<strong>in</strong>e Lösung<br />

des nach Parsons grundlegenden Problems <strong>der</strong> doppelten Kont<strong>in</strong>genz geleistet zu haben,<br />

also <strong>der</strong> Frage, wie überhaupt e<strong>in</strong> <strong>in</strong>teraktives Handlungssystem <strong>in</strong> Gang gebracht werden<br />

kann, wenn die Handelnden ihr Handeln jeweils vom Handeln <strong>der</strong>/des an<strong>der</strong>en abhängig<br />

machen (siehe auch nochmals hier S. XL). Luhmanns paradoxer Ausweg lautet, daß es eben<br />

durch Selbstreferenz zu se<strong>in</strong>er Selbstlösung kommt, d.h. <strong>der</strong> (parallele) Bezug auf die gesehene<br />

Problematik elim<strong>in</strong>iert diese. Aus <strong>der</strong> ursprünglichen Differenz <strong>der</strong> Perspektiven entsteht so<br />

Konvergenz <strong>in</strong> <strong>der</strong> geme<strong>in</strong>samen Negation <strong>der</strong> Ausweglosigkeit <strong>der</strong> Ausgangssituation. Über<br />

diesen +Initiationsmechanismus* kommt es zur schließlich zur Selbsthervorbr<strong>in</strong>gung e<strong>in</strong>es<br />

sozialen Systems. Doch die damit dargebotene Lösung des Problems <strong>der</strong> doppelten Kont<strong>in</strong>genz<br />

ist ganz offensichtlich nur e<strong>in</strong>e Sche<strong>in</strong>lösung, denn sie setzt erstens voraus, daß das Problem<br />

<strong>der</strong> doppelten Kont<strong>in</strong>genz (doppelt) bewußt ist und daß zweitens e<strong>in</strong> analoges Interesse an<br />

se<strong>in</strong>er Überw<strong>in</strong>dung besteht. Auf (<strong>in</strong>dividuelles) Bewußtse<strong>in</strong> und (<strong>in</strong>dividuelle) Willensäußerungen<br />

kann und darf aber e<strong>in</strong>e +autopoietische* Theorie sozialer Systeme ihrem eigenen Anspruch<br />

gemäß nicht rekurrieren. (Vgl. auch Beermann: Luhmanns Autopoiesisbegriff)<br />

Wenn man nun die bisher hier dargestellte Kritik – die selbstverständlich nur e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Auswahl<br />

aus e<strong>in</strong>em breiteren Spektrum darstellt, trotzdem jedoch wohl als +typisch* angesehen werden<br />

darf – zusammenfaßt, so ergeben sich im wesentlichen zwei Hauptpunkte: 1. <strong>der</strong> zirkuläre<br />

Charakter <strong>der</strong> Theorie, die die eigenen Voraussetzungen nicht spiegelt (immanente Kritik)<br />

und 2. ihre de facto systemstabilisierende Wirkung (ideologiekritische Ansätze). Im folgenden<br />

möchte ich <strong>der</strong> Frage nachgehen, warum Luhmanns Theorieentwurf, trotz <strong>der</strong> zentralen<br />

Bedeutung des Kont<strong>in</strong>genzbegriffs, die eigene Kont<strong>in</strong>genz und Zirkularität nicht spiegeln kann,<br />

und weshalb er sich mit <strong>der</strong> (unterdrückerischen) Macht <strong>der</strong> Systeme identifiziert. Beides<br />

hängt, wie ich vermute, zusammen und beruht auf dem deflexiven Charakter von Luhmanns<br />

Denken, welches sich erst dar<strong>in</strong> als ideologisch im oben def<strong>in</strong>ierten S<strong>in</strong>n offenbart. 111<br />

Gehorcht Luhmann also als Wissenschaftler nur dem spezifischen Code des Teilsystems (wahr/-<br />

unwahr) und muß er deshalb die (objektive) Gültigkeit se<strong>in</strong>er Aussagen behaupten, o<strong>der</strong> lassen<br />

sich tiefer reichende Motive analytisch re-konstruieren, die den deflexiv-ideologischen Charakter<br />

112<br />

<strong>der</strong> Luhmannschen Systemtheorie begründen? Letzteres wird <strong>in</strong> dem hoch <strong>in</strong>teressanten<br />

und amüsanten Band +Der bl<strong>in</strong>de Fleck <strong>in</strong> Luhmanns Systemtheorie* (1993) von Günter Schulte<br />

113<br />

e<strong>in</strong>drucksvoll versucht. Schultes Ausführungen ist e<strong>in</strong> Luhmann-Zitat vorgeschaltet: +Hat

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!